Nefes In Motion / Sabah
Sabah Spielzeit: 52:34
Medium: CD
Label: Makro Musikverlag, 2009
Stil: Sufi Jazz

Review vom 09.05.2009


Joachim 'Joe' Brookes
Nefes In Motion.
Der Bandname ist sehr gut gewählt, denn erstens geht es in ihrer Musik um die Verbindung von Orient sowie Okzident und ihre Klangerlebnisse sind in der Tat 'in motion'.
Zweitens handelt es sich bei der im Ruhrgebiet ansässigen Gruppe um ein deutsch-türkisches Projekt. Alle fünf Musiker spielen auch im Transorient Orchestra.
"Sabah", was soviel wie 'Morgendämmerung' bedeutet, ist das Debüt von Nefes In Motion (NIM).
Die verschiedenen Spinnenfäden der Musiker, die sich im Zentrum zu genannter Gruppe vereinigen, sind sehr unterschiedlich und interessant.
Andreas Heuser studierte klassische Gitarre sowie Violine und später Jazzgitarre in Dortmund. 1992 erhielt er mit der Baba Jam Band den Deutschen Folk Förderpreis.
Er ist Gitarrist bei Zinctone und spielt ebenfalls im violet quartet. 2003 gründete er das Transorient Orchestra und arbeitet schon seit geraumer Zeit mit Kazim Çalişgan zusammen. Der gebürtige Türke lebt seit 1980 in Deutschland und ist die Percussion-Abteilung von NIM.
Marcin Langer ist im polnischen Bytom geboren und seine musikalischen Aktivitäten in Deutschland gehen über das legendäre Ruhrpott-Rock-Theater Kamikaze-Orkester, einem Musikstudium in Duisburg, hin zur der Gründung des Saxofon-Quartetts Pindakaas (deutsch: Erdnussbutter). Auch er ist Preisträger: Auszeichnung beim Internationalen Meisterkurs 'Kammermusik mit Saxophonen' in Unna.
Murat Çakmaz ist geborener Weseler und spielt in der Band die Instrumente Ney als auch Kavala. Er scheint ein gefragter Session-Musiker zu sein, denn er war »an ca. 60 Produktionen aus den Bereichen Orientalische Musik und Weltmusik beteiligt.« Darüber hinaus bringt er sich auch im musiktherapeutischen Bereich ein. Er spielte bei Rembetika und gründete die türkische Ethno Jazz-Band Breeze Of Anatolia.
Last but not least ist da noch Jens Pollheide. Er dürfte vielen aus der Band Embryo bekannt sein und gelegentlich kam es zu einer Zusammenarbeit mit Amon Düül II-Veteran Chris Karrer. Seit 1997 existiert die Zusammenarbeit mit Yulyus Golombecks Band maqam.
Ganze fünf Klanglandschaften liefert uns NIM, bei drei der Stücke gibt es »Bearbeitungen traditioneller Themen, die teilweise auf Sufi-Mystiker wie Yunus Emre zurückzuführen sind, …«
Wenn im Info-Zettel darüber hinaus noch die Rede von »Eigenkompositionen, die sich kreativ mit den Tonleitern der orientalischen Maqam-Tradition auseinander setzen« ist, dann möchte ich mich bitteschön jetzt auf die Musik konzentrieren und versuchen, diese dem Leser näher zu beschreiben.
Zum größten Teil handelt es sich, gleich, ob wir uns die traditionellen Stücke oder das von Murat Çakmaz geschriebene "Aheng" anhören, um ungemein dahin fließende Musik, die ihre Kraft aus der Ruhe und einer inneren Zufriedenheit finden muss.
Orientalische Rhythmen sowie Instrumente treffen auf, nein, das wäre zu hart formuliert... begegnen 'bekannteren' Klangerzeugern wie E-Gitarre, Saxofon oder der Querflöte. Der von Pollheide gezupfte bundlose Bass darf natürlich nicht fehlen.
Explizit wird kein Schlagzeug gelistet. Folglich eine große Verbeugung vor Kazim Çalişgan, der für die Handtrommeln, auch elektrisch verstärkt, zuständig ist.
Viele Titel haben eine tolle jazzige Ausrichtung, auch die von NIM umarrangierten Songs.
Durchweg hat die Platte ein unangestrengtes, lockeres Ambiente und die Gruppe versteht es, neben ruhigen Phasen auch, in ihrem gesteckten Rahmen, das Tempo anzuziehen. Besonders gefällt mir das im über sechzehnminütigen "Yeden". Hier sind mit Pollheide sowie Langer gleich zwei zusätzliche Flötisten am Werk. Soliert wird über lange Strecken und Kazim Çalişgan trommelt ebenfalls ein klasse Solo, das fließend in einen Gitarren-Alleingang von Heuser mündet.
Im Opener, gleichzeitig auch Titelsong der gut gefüllten CD, ist es ebenfalls Heuser, der mit seiner sehr gut gespielten Jazz-E-Gitarre auftrumpft. Die hat einen herrlich warmen Klang, an dem man sich nicht satthören kann.
"Demedimmi" lebt von einem wohl temperierten Saxofon, gespielt von Marcin Langer.
Çakmaz ist mit seiner Ney, einem Flöten-ähnlichen Blasinstrument natürlich allgegenwärtig. Beeindruckend, welche Stimmungen er damit kreiert. Er ist es auch, der im fast 10-minütigen "Severim Seni", zusammen mit Çalişgan den orientalischen Gesang übernimmt.
Eröffnet werden die verschiedenen Stücke immer von einem anderen Instrument. So ist es im letztgenannten Lied die Bariton-Violine, gespielt von Heuser. Bei "Aheng" ist Pollheide an der Reihe. Eine tolles Hörerlebnis, wenn der seinen bundlosen Bass singen lässt.
Bei Nefes In Motion-Musik ist wirklich alles in Bewegung, im Fluss.
Ein inspiriertes Album, mit dem man auf eine Entdeckungsreise der besonderen Art gehen kann.
Line-up:
Andreas Heuser (electric guitar - #1,2,4,5, baritone violin - #3, small percussion - #1,3)
Marcin Langer (alto flute - #1,2,3, flute - #5, alto saxophone - #4,5)
Murat Çakmaz (ney - #1,2,3,4,5, kavala - #5, vocals - #3)
Jens Pollheide (fretless bass - #1,2,3,4, flute - #5)
Kazim Çalişgan (percussion - #1,2,3,4,5, electric percussion - #3,4,5, vocals - #3,5)
Tracklist
01:Sabah (7:16)
02:Aheng (6:20)
03:Severim Seni (9:46)
04:Demedimmi (12:54)
05:Yeden (16:20)
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