Neurotox / Pulslos
Pulslos Spielzeit: 35:26
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2014
Stil: Deutschrock, Punk

Review vom 20.10.2014


Steve Braun
Im hübschen niederrheinischen (Underberg-) Städtchen Rheinberg ist einer unserer Redakteure zuhause. Allem Lokal- und Kräuterschnapspatriotismus zum Trotz, hätte dieser bei Neurotox wahrscheinlich abwinken müssen - Punkrock ist nun wirklich nicht sein Ding.
Neurotox wurde erst im Januar dieses Jahres, rund um den Ex-Fahrlässig-Sänger Benny Goetzken, formiert und hat sich bereits in kurzer Zeit eine treue Fanbase, auch in den benachbarten Niederlanden, erarbeitet. Sogar in Südamerika, wo das vorliegende Debütalbum in einer eigenen Pressung erschienen ist...
Die zehn Songs bringen Deutschrock der härteren Gangart mit sattem Punkrock unter einen Hut und kommen in 'neurotoxischer' Dosis daher... in der Konsequenz: 'pulslos'. Mehr als einmal drängen sich Die Ärzte auf - sowohl musikalisch, wie auch in den zwar zumeist sozialkritischen, aber niemals moralinsauren Texten. Und wie bei den Berlinern, kommt bei Neurotox der Spaßfaktor ebenfalls zu seinem Recht. Man höre diesbezüglich nur mal die Post-Beziehungs-Hasshymne "Wenn wir uns wiedersehen"!
"Pulslos" ist saftig-fett und sauber produziert - zielt mit seinem Arschtritt-Punk, meist mit 'tiefergelegten' Gitarren und gerne mal einem Metal-Riff verziert, abwechselnd in die Magengrube und zwischen die Lichter. Dies ist garantiert auch ein Verdienst von dem, durch seine Arbeit mit Machine Head, Hatebreed oder Monster Magnet bekannten Danny Giordana, dem das Mastering übertragen wurde.
Eine geradezu überbordende Spielfreude darf man allen zehn Songs attestieren. Man spürt förmlich, dass die vier Musiker mit Leib und Seele bei der Sache sind - keine Posen, keine Attitüden. Grundehrliche, handgemachte und - bei aller produktionstechnischen Raffinesse - unverblümte Deutschrock-Mucke mit heftiger Punk-Schlagseite.
Benny Goetzkens Gesang ist schön 'mittig' platziert, oft von typischen »O-hoho-hooooh«-Chören garniert. Flankiert wird er durch eine heftig ballernde Rhythmusfraktion sowie einen kraftvollen Marshall-Mesaboogie-Muckimann an der Gitarrenfront - besonders schön, wenn diese mit gedoppelten Läufen (speziell in "Kein Ziel zu hoch") daherkommt.
Acht Songs brennen ein wahres Uptempo-Feuerwerk ab, bevor dann mit "Zeit zu verstehen" die obligatorische Powerballade endlich mal einen Moment zum Atemholen lässt. Fein gezupfte Gitarren in den Strophen, fett bratende im Refrain, nachdenklicher Text - sicher einer der schönsten Momente der etwas mehr als halben Stunde Neurotox.
Zusätzliche Anspieltipps? Ganz klar: "Kein Ziel zu hoch", "Eure Welt" (mit der Titelzeile "Pulslos"), "Wenn wir uns wiedersehen" und "Wir klagen an".
Kritikpunkte? Die gibt es allerdings auch: die kurze Spieldauer und das nur mühsam lesbare Booklet. Was nützen alle (handschriftlichen) Texte, wenn man sie kaum entziffern kann?
Was unterm Strich bleibt: ein Kauftipp für die Deutschpunk-Szene.
Line-up:
Benjamin Goetzken (vocals)
Marius Stark (guitars)
Mario Welter (bass)
Thomas Biexmann (drums)
Tracklist
01:Kein Ziel zu hoch (4:00)
02:Wahnsinn und Genie (3:19)
03:Nicht verändern (3:44)
04:Hau ab (3:21)
05:Eure Welt (4:07)
06:Wenn wir uns wiedersehen (3:00)
07:Vogelfrei (2:46)
08:Wir klagen an (3:04)
09:Zeit zu verstehen (4:20)
10:Auch wer fällt (3:35)
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