Nocte Obducta / Galgendämmerung
Galgendämmerung Spielzeit: 50:33
Medium: CD
Label: Metal Mind, 2002/2010
Stil: Black Metal

Review vom 01.12.2010


Andrea Groh
Nocte Obducta (lateinisches geflügeltes Wort 'unter dem Schleier der Nacht') ist - auch wenn es recht poetisch klingt - mitnichten der Titel eines Gedichtbandes, sondern der Name einer Black Metal Band, die 1993 in Mainz gegründet wurde, zunächst als Desîhra, bevor sie 1995 ihren Namen änderten. Da sie aus der gleichen Stadt kamen und manche Musiker zeitweise, gleichzeitig oder nacheinander bei beiden Bands waren, wurden sie manchmal als 'Schwesterband' von Agathodaimon bezeichnet, wobei sich beide musikalisch und textlich schon voneinander unterschieden, zumal Nocte Obducta ausschließlich Texte in deutscher Sprache hatten.
Das Debüt "Lethe (Gottverreckte Finsternis)" erschien 1999, der Nachfolger "Taverne - In Schatten schäbiger Spelunken" 2000. Aus der Reihe fiel das rohe Black Metal Album "Schwarzmetall - Ein primitives Zwischenspiel" (2001), der Nachfolger "Galgendämmerung - Von Nebel, Blut und Totgeburten" (2002) mischt die Stile der beiden Vorgänger. Danach ging die Band immer mehr in die progressive Richtung und nach "Stille - Das nagende Schweigen" (2003) und den beiden Nektar-Teilen: "Nektar Teil I: Zwölf Monde, eine Handvoll Träume"(2004), "Nektar Teil II: Seen, Flüsse, Tagebücher" (2005) und "Sequenzen einer Wanderung" (2008) löste sie sich schließlich auf. Mittlerweile machen sie unter dem Namen Dinner auf Uranos weiter.
Auch wenn es Nocte Obducta nicht mehr gibt, bringt das polnische Label Metal Mind die vierte Scheibe "Galgendämmerung - Von Nebel, Blut und Totgeburten" in üblicher Form (goldene Disk, limitiert auf 2000 Stück, etc.) heraus. Wobei ich es schade finde, dass hier keinerlei Bonusmaterial dabei ist. Da die ersten vier Veröffentlichungen derzeit nicht so leicht erhältlich sind, können diejenigen zugreifen, denen die Scheibe noch fehlt.
Diese beginnt mit "Fruchtige Fäulnis" erst einmal etwas an ein Hörspiel erinnernd, danach regiert der Black Metal, meist relativ flott, relativ fies, aber auch mal gebremst und leicht melodisch-bombastisch wirkend - zumindest mal für einen kurzen Moment. Überhaupt ist das Ganze recht flüssig und versiert gespielt, also kein Holterdiepolter-Gerumpel.
So geht es bis mit "Der Sand des späten Winters" eine Auflockerung kommt, gesprochener Text zu Keyboardklängen. Dann dominieren wieder schwarzmetallische Klänge, wobei Nocte Obducta schon ihren eigenen Sound haben und nicht davor zurückschrecken, Songs mit Überlänge im Zehnminuten-Bereich zu machen und längere ausgefeilte Instrumentalpassagen zu bringen, was in diesem Genre eher ungewöhnlich ist.
Auch ruhigere, atmosphärische Parts kommen vor, obwohl diese sowohl auf "Taverne - In Schatten schäbiger Spelunken" als auf den Spätwerken häufiger waren. Dies klingt hier am meisten im letzten Titel "Wenn nur im Tod noch Frieden liegt - Teil 1+2" an, der ab dem Mittelteil ungewöhnlichere, ja schon progressive Strukturen einbaut.
Genau diese Elemente heben Nocte Obducta von anderen Bands ab, tragen natürlich auch zu dem Vorurteil 'Studenten-Black Metal' (nun, das entsprach zumindest teilweise den Tatsachen) bei, noch mehr allerdings die deutschen Texte. Hier kann man manchmal schon sagen, dass die Lyrics wirklich Lyrik darstellen wollen, womit wir dann bei dem eingangs erwähnten Gedanken wären, dass der Bandname etwas nach Gedichtband klingt, was jetzt absolut nicht negativ gemeint ist.
Denn dies ist durchaus mal eine angenehme Alternative zu dem ganzen 'evil-satan-kill-blood'-Kram. Was nicht heißt, dass wir es hier mit netten Blumenliedern zu tun haben, Nocte Obducta waren böse und düster, aber auf eine etwas andere Art, vielleicht könnte man es 'etwas intellektueller' nennen, auf jeden Fall hatten sie eine eigene Nische besetzt.
Line-up:
Torsten, der Unhold (vocals)
Marcel Va. Traumschänder (guitar, vocals, keys)
Steffen Emanon (keys, vocals)
Matthias Rodig (drums)

Gastmusiker:
Shin (bass)
S. Magic M. (guitar)
Alex V. (vocals)
Flange (vocals)
Tracklist
01:Fruchtige Fäulnis (3:00)
02:Der Durst in meinen Augen (9:38)
03:Eins mit der Essenz der Nacht (5:30)
04:Nebel über den Urnenfeldern (7:00)
05:Totgeburt (3:43)
06:Der Sand des späten Winters (1:53)
07:Galgendämmerung (4:37)
08:Spiele mir ein Frühlingslied am Friedhofstor (4:39)
09:Wenn nur im Tod noch Frieden liegt - Teil 1+2 (10:33)
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