Now Or Never / Same
Now Or Never Spielzeit: 52:01
Medium: CD
Label: Mausoleum Records, 2013
Stil: Heavy Metal

Review vom 10.11.2013


Jochen v. Arnim
Vom allseits bekannten und beliebten (Metal-)Label Mausoleum kam dieser Tage mal wieder Post ins Haus geflattert. Beim Auspacken entpuppte sich diese als Debüt-Silberling der Band Now Or Never. Nie von gehört, und dennoch keine Unbekannten. Hinter der Bandbezeichnung verbergen sich nämlich Namen, die aus anderen Ecken der Rockmusik dann doch wieder die Münzen fallen lassen.
Das Album ohne speziellen Titel (um mal ganz bewusst diesen elenden, eingedeutschten Drecksbegriff 'selbstbetitelt' zu vermeiden!) kommt Mitte November in die europäischen und asiatischen Regale, während man in Nordamerika noch bis Anfang 2014 warten muss. Verantwortlich zeichnen dafür die Herren Ricky Marx (u. a. ehemals Pretty Maids) an den Sechssaitern, Kenn Jackson (ebf. ex-Pretty Maids) am Tieftöner sowie Ranzo (u. a. Sultan) als Schlagzeuger. Nicht zu vergessen in diesem Reigen ist der höchsttalentierte Sänger Jo Amore, der dem Rezensenten u. a. von der französischen Metal-Band Nightmare her bekannt ist.
Erst im Jahre 2012 tat man sich in dieser Formation zusammen und spielte dann auch ganz schnell die aktuellen Aufnahmen ein. Nicht, dass jetzt bei dem Wörtchen 'schnell' der Eindruck entsteht, hier sei mit der heißen Nadel gestrickt worden - ganz im Gegenteil! Auf etwas mehr als fünfzig Minuten bietet das Album ein Dutzend strammer Rocker, die man qualitativ auf der besseren Seite von 'gut' anzusiedeln hat.
Das Riffing des Openers "Reach Out For The Sky" lässt keine Zweifel daran, dass die Band ausgezogen ist, uns mit satten Metal-Klängen zu versorgen. Dazu kommt diese unglaubliche Stimme des Frontmannes, der von Hause aus eigentlich Trommler ist und der mich immer wieder irgendwie an RJD erinnert. Sieht man ihn mal live, so kommt auch noch eine gewisse Optik hinzu, die diesen Eindruck verstärkt. Sei's drum, er vermag höchste Höhen und raue Härte extrem variabel rüberzubringen und begeistert in weiten Teilen des Albums.
"Now Or Never" als Titelsong zieht noch einmal das Tempo gehörig an und auch Amore wagt sich in Bereiche, die vor Inbrunst und Dynamik nur so strotzen. Melodieführung und Chorus sind eingängig, ohne jedoch auf Schema F zu bauen. Melodiös und eingängig geht es im Anschluss weiter, wenngleich hier die Drosselklappe betätigt wurde, Tempo und Härte etwas zurückgefahren sind. Erstmalig fallen hier auch die Tastenarbeit und Effekte des Pat Liotard auf, der gleichzeitig für die Produktion verantwortlich ist.
Dieser Faden zieht sich auch in "Brothers" hinüber, das mit seiner stimmlichen 'Verfälschung' ein wenig an Metalcore-Darbietungen erinnern mag. Diese Einschätzung ist bewusst stark überzogen und soll lediglich verdeutlichen, dass es für den subjektiven Geschmack hier ein paar Abstriche gibt. Die industriell anmutende Synthesizer-Arbeit geht für meine Begriffe ein wenig zu weit, was auch an anderen, späteren Stellen im Album zum Tragen kommt. Möglicherweise ist aber auch genau das eine der Strömungen, die die moderne Metal-Welt erfahren muss.
Dass den Herren aber ab und zu auch mal ein Ausflug in die Welt der Balladen gut steht, beweisen sie u. a. mit "An Angel By My Side" (was sollte außer einer Ballade bei so einem Titel auch rauskommen), das in sehr gemäßigten und dennoch kraftvollen und intensiven Tönen daherkommt. Einmal mehr dringt die Variabilität des Gesangsvermögens unseres Fronters ganz deutlich durch und wir bekommen mit "Something's Missing" gegen Ende der Scheibe eine zweite Kostprobe aus der balladesken Ecke.
Ich möchte noch einen Track herauspicken, der stellvertretend für die ganze Klasse der Band steht: "Dying For You" hat einfach alles, was man von einem guten Hard Rock-/Metal-Song zu erwarten hat. Die Gitarrenarbeit ist exzellent, sowohl beim Riffing als auch im Solobereich. Schwer und zäh ziehen sich die Töne aus den sechs Saiten des Arbeitsgeräts von Ricky Marx, während er kleine aufgelockerte Solo-Läufe einflicht. Die Rhythmusabteilung ist makellos und auch der Tastenmann hält sich passend (s. o.) im Zaume. Und Jo Amore? Der macht genau das, was er am besten kann, singen wie ein Dio-hafter Meister. Warum der nicht längst zur Spitze der Phalanx im Metal-Genre zählt, wird mir auf ewig ein Rätsel bleiben.
Lässt man mal die vorgenannten Abstriche außen vor, so bleibt unterm Strich ein prima Album, das für jeden Liebhaber des Metal, aber auch des kernigeren Hard Rock alles andere als Geld- oder Zeitverschwendung darstellen sollte. Da hatten die Verantwortlichen von Mausoleum mal wieder den richtigen Riecher!
Bislang ist erst ein Live-Date von Now Or Never für 2014 fix und ich hoffe inständig, dass da noch ein klein wenig hinzukommt. Diese Truppe möchte ich unbedingt auf der Bühne erleben!
Line-up:
Jo Amore (vocals)
Ricky Marx (guitars)
Kenn Jackson (bass)
Ranzo (drums)

and:
Pat Liotard (keyboards, sound effects)
Tracklist
01:Reach Out For The Sky
02:Now Or Never
03:Wind Of Freedom
04:Brothers
05:Hardened Steel
06:Princess Of Undiscovered Land
07:An Angel By My Side
08:How Do You Feel?
09:Dying For You
10:Who's In The Mirror?
11:Something's Missing
12:Weirdo Lullaby
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