Anni Piper / Chasin' Tail
Chasin Tail Spielzeit: 50:13
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2010
Stil: Blues Rock

Review vom 02.08.2010


Joachim 'Joe' Brookes
Da rücken erfreulicherweise auch von der unterrepräsentierten Seite des Blues Rock immer mehr Künstlerinnen nach. Anni Piper kommt aus Australien und hat bereits mit zwölf Jahren die Gitarre gezupft. Zwei Jahre später wurden Saiten gespart und sie wechselte zum Bass. Wie sie in ihrer Biografie selber angibt, war "Born In Chicago" von Paul Butterfield der Zündfunke für den Blues Rock. Bei dem Genre ist sie auch geblieben und hat mittlerweile drei Alben eingespielt. Los ging es 2004 mit "Jailbait". 2007 folgte "Texas Hold 'Em" und 2009 war es "Two's Company", das für Aufsehen sorgte. Schon ihr Debüt verursachte ordentliche Wellen, denn sie gewann den Australian Blues Music Award in der Kategorie 'best new talent'.
Sam Buckley spielt seit einiger Zeit Sechssaiter in ihrem Trio und er zieht schon durch seinen Hut eine Linie zum texanischen Ausnahmegitarristen Stevie Ray Vaughan. Der Dreier wird durch Reuben Alexander am Schlagzeug komplettiert.
Buckley hat nicht nur äußerlich etwas von SRV. Unzweifelhaft mag er, wie wohl viele andere Blueser auch, seinen Stil. Dennoch wirkt der Mann nicht wie eine Kopie, sondern weiß sehr wohl, wie er sein eigenes Können platzieren kann und muss. Es ist schon etwas ungewöhnlich, einer Frau mit feiner Stimme am Blues-Bass zu lauschen. Sonst kann man sich schriftlich ja herrlich über die E-Gitarrenklänge der 12-Takter-Anhänger auslassen. Die Piper ist schon eine hervorragende Bassistin, allerdings steht unweigerlich eine andere Person im Zentrum des Geschehens: Sam Buckley ... und der ist in der Gilde ein richtig guter Saitenzieher, obwohl er mir bisher noch nicht untergekommen ist. Genauso verhält es sich mit dem Drummer Reuben Alexander. Der hat sich ebenfalls gleich ins Blues Rock-Herz getrommelt.
Pipers Auswahl an elf Songs zeigt deutlich, dass sie in der Lage ist, auch zusammen mit dem Gitarristen tolles Eigenmaterial zu Papier zu bringen. Na ja, heutzutage schreibt man vielleicht gar keine Noten mehr auf, sondern konserviert seine musikalischen Idee direkt im Computer. Wie dem auch sei, Piper & Co. machen mit ihren acht persönlichen Songs einen sehr guten Eindruck und bei den Leihgaben finden wir unter anderem Freddie Kings "Hide Away" sowie "Voodoo Child ..." von Jimi Hendrix. Hier geht die Buckley-Gitarre, mächtig am Wah Wah-Pedal hängend, flinkefingerisch auf Wanderschaft zwischen den beiden Kanälen.
Anni Piper lässt ihren fünfsaitigen Tieftöner herrlich melodisch mitblubbern und mit ihrer rockig-sympathischen Stimme braucht sie sich vor niemandem zu verstecken. Solistische Kostproben überlässt sie wohl ihren Liveauftritten. Auf "Chasin' Tail" liefert sie mit ihren Männern ein tolles Feuerwerk in Sachen Blues Rock ab. Buckley streift schon einmal das Bottleneck über ("The Whistleblower") und die Songs beinhalten auch einen geslappten Se(a)itenhieb in Richtung Funk ("Dreamcatcher").
In Sachen Ballade gönnt uns die Band fünf Minuten "If You Be My Baby". Hier vernimmt man eine gewisse Rauheit in Pipers Stimme. Ein starker Slow Blues mit mächtig viel Bass-Fundament ist "Chi Sau". Symbolisiert der Titel ein Hobby der Musikerin? Der Begriff kommt aus den chinesischen Kampfkünsten. Buckley lässt sein Arbeitsgerät herrlich luftig klingen und Alexander serviert nur die nötigsten Beats. Schöne Sache, dieser Track! "Chasin' Tail" ist ein feines Nest, in dem man sich umgehend wohlfühlt. Verve, Esprit sowie Engagement für den Blues sind überall spürbar und mit einem "Dreamcatcher" hat man ein ganz heißes Eisen auf dem Schmiedeamboss des Blues Rock.
Mit Bezug auf das Coverbild schießt Piper ihren musikalisch scharfen Pfeil in genau die richtige Richtung und wenn man zwischen die Fremdkompositionen "Hide Away" sowie "Voodoo Child ..." einen relaxten Shuffle mit dem Titel "Great Big Baby" platziert, dann wirkt das Songwriting der Frau noch überzeugender. Das super groovende Zwischenspiel ist klasse und macht Freunde.
Anni Piper steht mit ihrem Arbeitsgerät eher auf der Seite des Ungewöhnlichen. Aber ihre Blues Rock-Lesung ist sehr beseelt und schön familiär. In den fünfzig Minuten steckt eine ordentliche Portion Dampf und die rockige Härte ist wohl temperiert. Weder Piper noch Buckley übertreiben es. Genau darin liegt eine weitere Würzung der Platte.
Line-up:
Anni Piper (vocals, bass)
Sam Buckley (guitars)
Reuben Alexander (drums)
Tracklist
01:Amazon (2:38)
02:Chasin' Tail (4:09)
03:The Whistleblower (4:44)
04:Chi Sau (5:29)
05:Dreamcatcher (3:16)
06:Highway Time (4:17)
07:If You Be My Baby (5:06)
08:Bleeding Heart Tatoo (4:01)
09:Hide Away (4:44)
10:Great Big Baby (4:33)
11:Voodoo Child (Slight Return) (7:15)
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