Madeleine Peyroux / Standing On The Rooftop
Standing On The Rooftop Spielzeit: 59:44
Medium: CD
Label: Embracy/Universal Music Group, 2011
Stil: Singer/Songwriter

Review vom 11.06.2011


Joachim 'Joe' Brookes
Wer Madeleine Peyroux noch mit dem Jazz in Verbindung bringt, muss sich früher veröffentlichten Alben der New Yorkerin widmen. Peyroux öffnet sich anderen Stilen. Ihrer nachdenklich-ruhigen und nach innen gekehrten Art ist sie treu geblieben. Mit "Standing On The Rooftop" hat die Künstlerin ein gutes bis sehr gutes Album eingespielt und ihre Begleitmusiker sind nicht gerade aus Pappe. Da gibt es an Gitarre und Banjo einen Mark Ribot (Elvis Costello, The Lounge Lizards, Tom Waits, David Sylvian, Marianne Faithfull) oder Chris Bruce (Seal, The Holmes Brothers). John Kirby spielt Piano, den Bass zupft Me'Shell Ndegeocello (Santana, Scritti Politti, John Mellencamp) und Charley Drayton (Keith Richards, Iggy Pop, The Replacements, Bettye LaVette) trommelt.
Peyroux' neue Songs sind zum größten Teil herrlich rootsige Tracks aus dem Singer/Songwriter-Milieu und selbst die Covernummern auf der Platte erheben Anspruch auf eine erhebliche Eigeninitiative. Schon am Anfang steht mit dem Beatles-Klassiker "Martha My Dear" eine Fremdkomposition im Zentrum des Interesses. In der bekannten Lennon/McCartney-Nummer singt Peyroux mit gewohnt guter Stimme und sie lässt sich vom Banjo begleiten. Selber greift die Frau in die Saiten ihrer akustischen Gitarre. Dann gibt es nur noch dezente Bass- und Percussion-Begleitung. Von der Beatles-Rhythmik sowie -Melodie ist tatsächlich fast nichts übrig geblieben. Die Protagonistin liefert uns eine sehr individuelle Lesung des Songs.
Dagegen ist ihr Bob Dylan-Angang in meinen Augen eher etwas weich ausgefallen. "I Threw It All Away" gab es schon in besseren, aber auch schwächeren Interpretationen. Allerdings geht die Unterhaltungskurve mit dem Robert Johnson-Lied "Love In Vain" wieder ganz steil nach oben. Ohne Blues-Metrik ist Peyroux' Version so schwarz, wie der 12-Takter plakativ gemein hin betrachtet wird. Dieses Stück ist mit verfremdetem Akkordeon-Sound und dramatischen Streicher-Beilagen ein echtes Highlight. Ihre Stimme außen vor gelassen, ist das fast schon psychedelische Kost à la Madeleine.
Bemerkenswert ist auch das von Peyroux zusammen mit Bill Wyman geschriebene "The Way Of All Things" mit einem wunderschönen Groove und bluesigen Momenten. John Kirby spielt bestens passende Piano-Fills. Auch diese Nummer ist klasse, weil sehr dezent, aber effektiv ein Männerchor mitmischt. Der Titeltrack "Standing On The Rooftop" hat eine ähnliche Atmosphäre wie "Love In Vain" und das gefällt ungemein. Hier sorgen dann aber die E-Gitarre und der gestrichene Kontrabass für düstere Stimmung. Nur Kirbys Piano hat die Sonnenstrahlen gepachtet.
Der Tastenmann steht in "The Party Ought To Be Coming Soon" ganz im Zentrum des Geschehens und Charley Drayton trommelt ausnahmsweise etwas deftiger. Kirby kreiert in diesem etwas flotteren Track einen guten Groove auf den schwarzen und weißen Tasten. Wenn man eine twangige E-Gitarre hören möchte, switcht der Hörer rüber zu "Fickle Dove" und Kirby lässt die Keyboard-Töne schweben.
"Lay Your Sleeping Head, My Love" ist eher durchschnittlich. Mit der buchstäblichen Frische von Quellwasser ist "Superhero" getauft worden und da perlt die Musik nur so aus den Lautsprechern. Auch "Meet Me In Rio" passt vorzüglich in den Rahmen der Hinhörer, denn man lässt die E-Gitarre wie eine Sitar klingen und die perkussive Rhythmik von Drayton verleiht dem Stück südamerikanisches Flair.
Sollte "Standing On The Rooftop" die erste musikalische Begegnung mit der Amerikanerin sein, dann wird man "Leaving Home Again" oder "The Things I've Seen Today" gut finden. Bei Peyroux-Fans, die allerdings schon mehrere Platten von ihr haben, hält sich die Begeisterung in Grenzen.
Insgesamt ist vorliegende Scheibe weiß Gott nicht schlecht, aber an einigen Stellen passt das neue musikalische Ambiente noch nicht hundertprozentig zu Madeleine Peyroux.
Line-up:
Madeleine Peyroux (vocals, acoustic guitar)
Marc Ribot (guitar, banjo)
Chris Bruce (guitar)
John Kirby (piano)
Me'Shell Ndegeocello (bass)
Charley Drayton (drums)
Tracklist
01:Martha My Dear [Lennon/McCartney] (2:31)
02:The Kind You Can't Afford (3:58)
03:Leaving Home Again (3:35)
04:Things I've Seen Today (3:44)
05:Fickle Dove (3:27)
06:Lay Your Sleeping Head, My Love (3:22)
07:Standing On The Rooftop (5:46)
08:I Threw It All Away [Bob Dylan] (3:15)
09:The Party Ought To Be Coming Soon (5:01)
10:Super Hero (3:20)
11:Love In Vain [Robert Johnson] (3:39)
12:Don't Pick A Fight With A Poet (4:27)
13:Meet Me In Rio (3:51)
14:Ophelia (5:11)
15:The Way Of All Things [Madeleine Peyroux/Bill Wyman] (4:01)
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