Tony McCarroll / Die Wahrheit über Oasis
Mein Leben als Drummer von Oasis
Die Wahrheit über Oasis 224 Seiten
Broschiert
Medium: Buch
Erschienen bei Iron Pages Books, 2011
ISBN 9783931624682, 19,90 EUR (D)

Review vom 30.01.2012


Sabine Feickert
Informationen aus erster Hand verspricht das Buch von Tony McCaroll, Gründungsmitglied und Schlagzeuger der ersten Stunde von Oasis. Mächtig nach Abrechnung riecht es, wenn McCaroll im Vorwort verspricht: »Fünf Jahre blieb ich bei der Stange, galt wahlweise als fünftes Rad am Wagen, die Manchester-Version von Pete Best, dümmster Mensch im Popgeschäft und musste eine ganze Latte weiterer Diffamierungen über mich ergehen lassen. Ich schätze, es ist an der Zeit, ein paar Dinge ins rechte Licht zu rücken.«
Ein wenig war ich auf eine Schlammschlacht eingestimmt, als ich begann das Buch zu lesen. Doch im Verlauf der gut 200 Seiten, wurde dieser erste Eindruck widerlegt. Natürlich kann ich nicht nachvollziehen, was sich nun wie genau abgespielt hat. Aber im Großen und Ganzen wirkt Tonys Schilderung auf mich relativ sachlich und fair.
Dabei erzählt er aber ausgesprochen lebendig und unterhaltsam. Seine frühe Kindheit und Jugend erlebte er in Manchester, genauer Levenshulme, einem Vorort, der als Armenhaus Manchesters galt. Der soziale Brennpunkt mit Drogenproblematik und IRA-Terror prägte McCaroll. Das erste Kapitel berichtet aus dieser Zeit, von Fußballspielen, Boxkämpfen und Straßenschlägereien, seinen Anfängen am Schlagzeug und dem Kennenlernen der späteren Oasis-Mitglieder. Versuche mit Erpressung das große Geld zu verdienen scheiterten kläglich, Gelegenheitsjobs sorgten für Gras, Wein und ein neues Drum-Kit.
Mit gerade 18 Jahren wird McCarroll 1989 Vater. Er schraubt die wildesten Aktivitäten ein Stück weit zurück – vorübergehend. Etwa zur gleichen Zeit hat die Band Stone Roses ihr Debüt und wird zu einem wichtigen musikalischen Einfluss auf Tony.
Im Frühling 1990 trifft er Guigs nach längerer Zeit wieder und lernt Bonehead kennen. Sie formieren sich zu "Rain" und holen Liam als Sänger dazu. Dieser ist mit dem Bandnamen unzufrieden, die Truppe nennt sich Oasis und Liam besteht darauf, seinen Bruder Noel dabei zu haben.
Drogen, Alkohol und erste Gigs in kleinen Clubs, dazu immer wieder die unterschiedlichsten Gelegenheitsjobs. McCarroll schildert viele Szenen und Anekdoten aus dieser Zeit und vermittelt so ein anschauliches Bild der Atmosphäre, aus der Oasis hervorgegangen ist. In einem Club erhalten sie keine Gage, weil die Getränkekasse geklaut worden ist und dem Veranstalter deshalb das Geld für die Gage fehlt und zetteln eine große Schlägerei an. Angesichts der Übermacht der Clubbesucher, ergreifen sie die 'Flucht' mit ihrem klapprigem Tourbus. Dabei rutscht in einer Kurve die gestohlene Getränkekasse unter einem der Sitze hervor. Bei ihrem Livedebüt im Radio geben die Jungs die 'bösen Buben', bei folgenden Gigs streiten Liam und Noel auf offener Bühne. Das bis dahin überwiegend aus ruppigen Punkstücken bestehende Repertoire der Band verändert sich gewaltig, als sie drei Monate mit den Real People zusammenarbeiten und deren Unterstützung beim Songwriting erhalten. "Definitely Maybe", "(What's The Story) Morning Glory?" und "Be Here Now" entstehen in dieser Zeit und bescheren ihnen die ersten großen Erfolge.
Alan McGee von Creation Records wird Noels Mentor und wirkt tatkräftig an der Erziehung zur 'respektlosesten und wüstesten Rockband der Stadt' mit. Jeder noch so kleine Vorfall wird an die Presse weitergeleitet. Über Alan erlangen sie einen Vertrag mit Sony Music. Im Benz werden sie mit reichlich Schampus als Bordverpflegung zur Vertragsunterzeichnung chauffiert. Dort ist die Zeile für Tony McCarrolls Unterschrift handschriftlich unter das Vertragswerk hinzugefügt – ein Zeichen, dass er von Anfang an in wackliger Position war?
Ab da geht es steil aufwärts für Oasis, eine UK-Tour 1994 enthält schon einen ersten Abstecher in die USA, auf dem sie sich – mangels Arbeitserlaubnis – bei der Einreise als Hobbymusiker ausgeben. Die Groupies beginnen die Band zu umlagern, Sex & Drugs & Rock'n'Roll wie im Bilderbuch hält Einzug. In eine regelrechte Hysterie steigern sich die Groupies in Japan – sie belagern die Hotels, in denen die Jungs aus Manchester Einzug halten.
Die US-Tour hingegen wird anscheinend von ganz anderen Schwierigkeiten geprägt – McCarroll berichtet hier ausführlichst über ihre Probleme bei der Drogenbeschaffung – samt gründlichster Reinigung des Tourbusses beim Grenzübertritt nach Kanada.
Immer wieder schildert er die Differenzen zwischen den einzelnen Bandmitgliedern und wenn man seiner Darstellung folgt, war er mehrfach kurz vor dem Rausschmiss. Im April 1995 schließlich erfährt er am Telefon von Manager Marcus Russell, dass er aus der Band draußen ist.
Natürlich ist es als Außenstehender nicht möglich zu überprüfen, ob sich das alles genauso zugetragen hat. Insgesamt macht das Buch aber wirklich nicht den Eindruck einer Abrechnung, sondern es wirkt lebendig, realistisch und durchaus auch mit Humor gewürzt. Auch wenn man kein ausgesprochener Fan von Oasis ist, liest sich McCarrolls Sichtweise unterhaltsam und vergnüglich.
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