Ozzy Osbourne
Talking
Talking
"Als wir aus dem Film 'Der Exorzist' kamen, wollten wir uns nicht trennen und mussten alle zusammen in einem Raum bleiben. Soviel dazu, wie satanistisch wir waren".
Diese und andere Weisheiten gibt Ozzy Osbourne in "Talking" von sich und - ich sag es ehrlich - ich hab selten beim Lesen eines Buches so herzhaft gelacht, wie bei diesem. Aber es gibt nicht nur Lustiges, sondern offene und ehrliche Wort, auch Nachdenkliches. So zum Beispiel über den Tod von Randy Rhoads, seinem Gitarristen.
Wer sich die Real Life-Soap 'Die Osbournes' angetan hat und nun der Meinung ist, den ' Madman' in- und auswendig zu kennen, nur weil er ihn tatterig durch die Gegend schaukeln sah und dabei erlebte, wenn er oder seine Familie mehr oder weniger 'geistreichen' Müll von sich gaben, der irrt wahrhaftig mehr als gewaltig.
In diesem Buch erfährt man in über 500 Osbourne-eigenen Zitaten seinen Werdegang vom Einbrecher ("Ich war der Norman Wisdom unter den Einbrechern. Ich hab' alles falsch gemacht, z.B. habe ich fingerlose Handschuhe getragen".) über seine verschiedenen Jobs ("Ich hatte viele Jobs... als Maurer, Klempner, Schlachter und Fleischer. Ich habe ungefähr eine Woche lang in einer Leichenhalle gearbeitet. Ich war total verrückt. Ich hab' alles gemacht aber ich bin mit nichts richtig warm geworden. Als ich in der Schlachterei gearbeitet habe, musste ich in den ersten zwei Wochen immer kotzen, aber dieses kleine Problem hatte ich dann bald überwunden.") sowie seinem Aufstieg als Gründer und Shouter von Black Sabbath ("Wir hatten alle Angst. Als wir unser erstes Konzert im Marquee gaben, waren wir alle nervös. Wir dachten, London ist so groß, dass wir sterben könnten, ohne dass es jemand merken würde".) bis hin zu seinem Solo-Trip ("Ich bin gerade so glücklich wie ein Schwein, das sich im Schlamm suhlt. Ich könnte nicht glücklicher sein. Eigentlich denke ich gar nicht mehr an Sabbath. Ich bin nicht verbittert, sie sollen ruhig weitermachen und Erfolg haben. Es ist mir egal, was sie machen.")
Der 'Fürst der Finsternis' - mit bürgerlichen Namen John Michael Osbourne, wurde am 03.12.1948 in eine große Arbeiterfamilie reingeboren.
Nachdem er diverse Jobs ausprobiert hatte, gründete er gemeinsam mit Gitarrist Tony Iommi, Basser Terry 'Geezer' Butler und Drummer Bill Ward die Band Black Sabbath und übernahm im zarten Alter von 20 Jahren als Frontman das Mikro.
Mit ihren Auftritten verschafften sie sich den zweifelhaften Ruf, böse und satanistisch zu sein und bei den Medien genossen sie gleich gar keine gute Meinung. Das störte das Quartett herzlich wenig, da offensichtlich niemand die Ironie, die hinter allem steckte, bemerkte bzw. bemerken wollte: "Egal wie oft man den Leuten erzählt, dass das alles nicht ernst gemeint ist, sie sagen dann immer" ja, ja, wir wissen Bescheid und zwinkern. Selbst "NIB" auf dem ersten Album war ein spaßiger Song: es ging darum, wie der Teufel sich verliebt und ich fand das zum Schießen. Aber niemand hat den Witz verstanden!"
Heute gehören Black Sabbath zu den Bands, die mittlerweile Rockgeschichte schrieben und nach wie vor als stilprägend für viele nachfolgende Formationen gelten.
Drogen- aber auch Managementprobleme versetzten der Truppe beinahe den Todesstoß und nach etwa 11 Jahren (mit einiger Unterbrechung) wurde Ozzy unsanft 'auf die Straße gesetzt'.
Sabbath machten mit neuem Shouter weiter, aber Ozzy war nun endgültig am Boden zerstört: "Ich war nicht einfach nur depressiv, ich war suizidgefährdet. Ich habe sechs Monate in einem Hotelzimmer in Hollywood gewohnt und habe nie die Vorhänge aufgemacht. Ich habe wie der letzte Penner gelebt".
Sharon Arden, seine Managerin und spätere Ehefrau zog ihn jedoch nach sechsmonatiger Zurückgezogenheit wieder am Schopf aus der Misere und war maßgeblich an seiner kommenden Kariere beteiligt.
Gemeinsam mit Gitarrenzauberer Randy Rhoads legte man ein paar ordentliche Platten vor, die dafür sorgten, dass Ozzy endlich wieder in aller Munde war.
Nach dem Tod von Randy Rhoads am 19.03.82 (er kam bei einem Flugzeugunglück ums Leben) war der 'Madman' ein weiteres Mal am Boden.
Es folgten diverse Line Up-Wechsel in seiner Band aber auch mehrere Alkohol- und Drogen-Exzesse, bis er sich endlich von seiner Frau zu einer Entziehungskur überreden ließ.
Sein Leben verläuft wie eine Achterbahn, aber er fängt sich immer wieder, kräftig unterstützt dabei von seiner geschäftstüchtigen Ehefrau.
Sie ist es, die den Markennamen Black Sabbath und Ozzy Osbourne gewinnbringend zu nutzen weiß und im Hintergrund agiert: Reunionen, Best Of-Alben sowie 1996 das erste 'Ozz'-Festival lassen die Kassen klingeln, treiben aber auch die Karriere des Meisters kräftig voran.
Und er wird, nicht nur in seiner Wahlheimat - den USA - zur Kultfigur, wozu die 'MTV'-Serie 'Die Osbournes' ihr Übriges beiträgt.
Er ist ein Stehauf-Männchen und kann einfach nicht untätig sein, auch wenn ihm gesundheitliche Probleme mehr und mehr zu schaffen machen. Aber er wagt sich immer wieder auf 'die Bretter, die die Welt bedeuten'.
Auch über die Platten-Veröffentlichungen von und mit Black Sabbath lässt der Meister seinen Gedanken freien Lauf und es gibt gleichermaßen offene Worte der Sabbath-Mitglieder über ihren Shouter. Und auch Sinn oder Unsinn diverser Wiedervereinigungen der Band werden beleuchtet. Hierzu gibt es ein tolles Statement von Ozzy: "Es ist so schön, dass der Kreis sich schließt und wir wieder Freunde sind".
Sehr aufschlussreich ist auch die Meinung Mr. Osbournes über die Real Life-Soap 'Die Osbournes': "Um ehrlich zu sein, ein paar Wochen war das okay, aber als es dann tagein tagaus so ging, hat mich das schließlich doch ein bisschen genervt. Ich war eineinhalb Jahre auf Tour und bin da immer auf dem Präsentierteller gewesen. Das letzte was ich wollte, war nach Hause zu einem Kamerateam zurückzukommen". Dazu ergreifen seine Frau, die Kinder, der Programmdirektor, Produktionsleiter usw. das Wort.
Wie ich Eingangs schon schrieb: Es ist ein Vergnügen, dieses Buch zu lesen und dabei einen kleinen Einblick in Ozzy Osbournes Welt und sein (Gefühls)Leben zu bekommen. Neben Anekdoten, Zitaten und Lebensweisheiten ist es zusätzlich gespickt mit ca. 130 wirklich tollen Fotos, überwiegend in Schwarz/Weiß.
Empfehlenswert für "Ozzy Osbourne Fans aller Altersgruppen: Von den Anhängern der frühen Black Sabbath Zeiten bis zu den Fans des heutigen Ozzy". Dem kann ich nur zustimmen.
Es sei Mr. Osbourne noch einmal gegönnt, das Wort ergreifen zu lassen, denn das hat er sich verdient. Dieses Mal lässt er sich über die Zukunft aus: "Ich hasse Scheiß-Beerdigungen, alle heulen - buuhuhuhu! - aber derjenige, der tot ist, kann einen gar nicht hören. Wenn jemand auf natürliche Weise gestorben ist, sollte das ein freudiges Ereignis sein. Es gibt zwei Gewissheiten in diesem Leben: Man muss seine Steuern bezahlen und man muss sterben". Recht hat er ja, uns' Ozzy.
Fotocredits: Agenturen London Features International, Redferns und Big Pictures & Rex


Harry Shaw: Ozzy Osbourne - Talking
172 Seiten, etwa 131 Abbildungen, separater Farbteil
Quality Paperback 16,5 x 23,5 cm, Kunstdruckpapier
ISBN 3-89602-439-6, 14,90 EUR (D) / 25,90 sFr
Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, Berlin 2003
erschienen: August 2003
Ilka Czernohorsky, 09.04.2006