Pencilcase / Kansas City Shuffle
Kansas City Shuffle Spielzeit: 60:58
Medium: CD
Label: Xochipilli Records, 2011
Stil: Rock

Review vom 03.12.2011


Jochen v. Arnim
Sich selber nehmen die vier jungen Musiker aus Aachen nicht so richtig ernst, ihre Musik aber wohl. Den ersten Teil der Aussage vermag ich nicht zu kommentieren, den zweiten aber wohl. Denn dass sie ihrem Anliegen und der Ernsthaftigkeit ihrer Musik den gebotenen Respekt entgegenbringen, das wird spätestens nach dem Hören dieses neuen Silberlings aus dem Hause Xochipilli Records offenbar. Zudem können sie in ihrem jungen Musikerleben bereits auf mehr als 400 Live-Auftritte zurückblicken. Dazu wurden sie teilweise von namhaften Künstlern geladen oder konnten ihr Repertoire auch schon im Rockpalast zum Besten geben. Ihre musikalischen Wurzeln und Inspirationen holen sie sich nach eigenen Angaben bei den Foo Fighters oder Audioslave, auch Puddle Of Mudd haben es ihnen angetan. Dass man bei der vorliegenden Scheibe noch einiges mehr an Assoziationen mit der Musik der Jungs verbinden kann, muss nicht extra erwähnt werden. Alleine die Zuordnung in den weiten Bereich des melodischen Rock lässt natürlich viel Platz für Name Dropping.
"Kansas City Shuffle" - der Begriff stammt wohl aus einem Gangster-Movie und soll bedeuten, dass man links rum geht, während alle Welt nach rechts guckt - ist der zweite Studio-Silberling und bietet während recht genau einer Stunde auf insgesamt 14 Songs guten und handgestrickten Rock amerikanischer Provenienz. Das zumindest könnte man behaupten, wenn das Quartett denn aus den Vereinigten Staaten käme. So aber bleibt zu sagen, dass sie sich mit ihrer musikalischen Orientierung zumindest ein Genre ausgesucht haben, in dem sie ihr Ding überzeugend rüberbringen können. So beginnt das Album mit einem Opener, der wegweisend für die weiteren 13 Songs ist. "Freaks" haut direkt mit hartem Riff und durchaus rauem Gesang rein. Und dieser Gesang ist schon etwas, das man eigentlich eher einem Musiker doppelten Alters zuschreiben würde, im Fall des Herrn Golzari fallen mir dazu die Attribute 'dreckig' und 'respektlos' ein. Mit "Dig" stoßen sie in genau dasselbe Horn, bieten jedoch auch noch erstmals Platz für etwas solistische Gitarrenarbeit - ein Song für die Bühne. Nach dem eingängigen Titelstück "KCS" kommt mit "Memory Milestones" ein Track, der zwischendurch wieder eine schön eingeflochtene Gitarre ausweisen kann, ebenso wie "Faultline Stories". Dieses beginnt zwar etwas schleppend, wird aber durch die Sechsaitige und das anziehende Tempo wieder rausgerissen. Als nächstes kracht "Hybris", dann kommt "Living Another Life" mit erneut etwas reduziertem Tempo daher, baut eine schöne Dramaturgie auf, wobei das Riff im Outro für mich leider kurz vor der Schwelle zum Nervigen ist. Dafür weist uns "Living Like You're Dead" anschließend wieder den richtigen Weg und reiht sich artig ein.
Jetzt kommt mit der Handlungsanweisung "How To Shit In The Woods" etwas zum Mitklatschen und man kann sich das Volk vor der Bühne bildhaft vorstellen. Guter Bass von Marius Stärk, geschickter Wechsel zwischen Sprechgesang und rockiger Shouterei - kleiner Tipp. Bei "Howard" machen wir dann einen kurzen Ausflug, der Track verlässt in Teilen den anfangs vorgezeichneten Weg und bringt eine vollkommen andere Gitarre. Es erinnert mich an… nein, ist egal. Das mag jeder für sich selber hören und entscheiden. Von "Spinning" werden wir dann standesgemäß aus der Platte geschmissen. Hier geht noch einmal die Post ab, das Schlagzeug Michael Matuscheks treibt mit Unterstützung seines Bruders Tim den Gesang voran und zusammen spielen sie sich zum Finale hoch.
Fazit: gut gemacht, sauber abgemischt und produziert, absolute Live-Mucke (kein Wunder, dass Pencilcase schon so viele Gigs auf ihrer Vita stehen haben. Ich freue mich zudem immer, wenn Musiker ihre Scheiben nicht nach 32 kurzen Minuten beenden. Hier gibt es eine runde Stunde Unterhaltung, es wurde zwar sicherlich kein Rad neu erfunden, aber ich bin überzeugt davon, dass es viele Fans gibt, die noch auf ordentlichen handgemachten Rock stehen und die sollten sich "Kansas City Shuffle" unter den Christbaum legen lassen.
Line-up:
Joscha Golzari (vocals)
Tim Matuschek (guitar)
Marius Stärk (bass)
Michael Matuschek (drums)
Tracklist
01:Freaks
02:Dig
03:KCS
04:Memory Milestones
05:Faultline Stories
06:Say Goodbye
07:Come Alive
08:Hybris
09:Living Another Live
10:Living Like You're Dead
11:How To Shit In The Woods
12:MCA
13:Howard
14:Spinning
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