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In den Jahren 2004 bis 2006 wurde der deutsche, seit einigen Jahren in der Schweiz lebende Musiker Peter Stauter (aka Piet Petrol) von einer Jury für den Deutschen Rockpreis nominiert und 2006 dann auch für 'Bestes Rockalbum' und 'Bestes Arrangement' aufs Siegertreppchen gehievt. In der Folge gab es jede Menge Rundfunk-Einsätze, die allerdings von einer jahrelangen Schaffenspause abgelöst wurden. Na ja, was heißt Schaffenspause? Fast alle hier vorliegenden Tracks stammen aus den Jahren 2005 bis 2008. Weiß der Geier, warum es so lange bis zur Veröffentlichung dieses Albums gedauert hat! Immerhin kam dadurch mit "Zu den Sternen (Zwanzigelf)" noch ein brandneuer Song dazu.
Beim ersten Durchlauf der Scheibe (und ohne das Booklet gelesen zu haben) dachte ich nach den ersten paar Songs vollkommen perplex mal daran, ob Nikel Pallat (der ' Paul Panzer' von Ton Steine Scherben) tatsächlich eine neue Band gestartet hat. Dem ist natürlich nicht so, aber die Stimme wie auch die Sprach- bzw. Gesangs-Rhythmik bis hin zum Inhalt der Texte - das hätte durchaus passen können. Piet Petrol legt hier auf jeden Fall ein sehr gutes Deutschrock-Album vor, das ganz erheblich davon profitiert, dass es sich doch sehr eigenständig und fern von den üblichen Klischees der momentanen deutschen Szene präsentiert.
Die Texte - oft sehr simpel und frei von Interpretationsmöglichkeiten gehalten - beschäftigen sich sowohl mit dem Innenleben als auch dem näheren Umfeld des Deutsch-Emigranten. So aktuell diese sicherlich sind, so sehr erinnern sie mich auch - ohne dies negativ zu meinen - an den Zeitgeist der Jahre um 1980. Aber der Reihe nach: Das eröffnende "Intro" ist ein klasse Instrumental, bei dem der Protagonist zeigt, was er auf der Gitarre drauf hat. Nicht, dass hier irgendeine Form von Saiten-Akrobatik zelebriert würde, Stauter setzt vielmehr auf richtig gute Melodien und jede Menge Feeling. Sehr cool und ein starker Einstieg.
Bei dem neuesten Song der Scheibe und auch der Single-Auskopplung - "Zu den Sternen (Zwanzigelf)" - wird's dann etwas rockiger, wobei die leicht psychedelischen Parts beibehalten werden. Alexander Deutsch legt den grundsoliden Beat vor und Stauter kann die Nummer (hier etwas im Hintergrund) einmal mehr sehr gekonnt durch sein Gitarrenspiel untermalen. Handelte dieses Stück schon davon, einfach mal abzuhauen, abzuheben bzw. Zeit für sich selbst zu haben, so wird das Thema auf "Mein Zuhause" - ergänzt um Fernweh - weitergeführt. Doch 'Piet' ist bodenständig genug, um sich sehr bewusst darüber zu sein, wie gut es ihm dort geht, wo er gerade ist. Bei diesem Track gibt übrigens ein schön nach vorne rockendes Piano den Ton an.
Die gerade erwähnte Bodenständigkeit drückt sich auch bei "Wir" aus, das seiner Familie gewidmet ist. Richtig fetzig und schon leicht am Punk Rock kratzend kommt "Tanz mit mir" mit seinem treibenden Groove und der unerbittlich nach vorne gehenden Rhythmus-Gitarre. Klasse auch das sehr lebensbejahende "Hoch lebe (das Leben)" mit seiner trotzigen Kampfansage an Krankheiten, Tod und Teufel. Dieses Stück ist musikalisch ebenfalls ein erfrischender Rocker, der sich einen feuchten Kehricht um Angepasstheit oder den zur Zeit angesagten Sound schert. Sehr schön! Bei "Wünsch dir was" wird noch mal in Richtung Punk Rock geschielt und der Rausschmeißer wie Midtempo-Rocker "Immer noch" greift dann noch mal das Thema auf, dass uns allen schließlich von Anfang an nie jemand versprochen hat, dass das Leben einfach oder gar fair werden würde.
"2011" ist ein erfreulich gutes Deutschrock-Album geworden. Und erfrischend ist es, weil es 'anders' ist. Man merkt deutlich, dass Peter 'Piet' Stauter keine Zwanzig mehr ist und sich deshalb weder anbiedern will, noch muss. Meine Anspieltipps sind die Single "Zu den Sternen (Zwanzigelf)", das fetzige "Wünsch dir was" und das starke Instrumental "Intro". Guter, straighter Rock also, hier und da garniert mit feinen Psychedelic-Einschüben. Bleibt zu hoffen, dass es nicht wieder so lange bis zum nächsten Album dauern wird.
Line-up:
Peter 'Piet' Stauter (Gesang, Elektrische- & Slide-Gitarren)
Alexander Deutsch (Schlagzeug)
Kai Schindler (Bass)
Hardy Herz (Elektrische Gitarren)
Steffen Conrad (Keyboards, Synthesizer)
Mit:
Peter Enderli (Schlagzeug, Bass, Keyboard & Synthesizer - #2)
| Tracklist |
01:Intro
02:Zu den Sternen (Zwanzigelf)
03:Tanz mit mir
04:Glaube daran
05:Wenn es dunkel wird
06:Altes Schiff
07:Hoch lebe (das Leben)
08:So oder so
09:Mein Zuhause
10:Wir
11:Wünsch dir was
12:Immer noch
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Externe Links:
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