Brian Sylvester / Placebo
Placebo 128 Seiten, ca. 100 Farbfotos
fadengeheftete Broschur, Kunstdruckpapier
Deutsche Übersetzung von Thorsten Wortmann
Medium: Buch
erschienen im Schwarzkopf & Schwarzkopf-Verlag, 2007
1. Auflage
ISBN: 978-3-896027-88-7, EUR 14,90
Fotos ©: Kevin Cummings (Bild 1 & 3)
Dalle (Bild 2)

Review vom 31.10.2007


Ilka Heiser
Brian Molko: »Die Musik von Placebo ist voller Mehrdeutigkeiten. Sie gibt keine Antworten, sie wirft nur Fragen auf.« Treffender hätte der Bandleader den musikalischen Aspekt ihrer Musik nicht umschreiben können.
Beeinflusst von der großen Wave- und Postpunkwelle der achtziger Jahre, sind Placebo nach bereits über zehn Jahren immer noch hervorragend im Geschäft und stetig auf dem aufsteigenden Ast. Aber worauf beruht der Erfolg dieser durchgeknallten Truppe? Der Autor geht in seinem Buch dieser Frage nach und schildert deren Geschichte um den Paradiesvogel Brian Molko.
1994 von Molko (Gesang/Gitarre), Stefan Olsdal (Bass) und Steve Hewitt (Drums) gegründet, firmierten sie, nach einem Song der Captain Beefheart Band noch unter dem Namen Ashtray Heart. Hewitt hatte aber noch Verpflichtungen bei Breed, so dass Robert Schultzberg die Stöcke übernahm. Er heimste auch die ersten Erfolge mit Placebo, wie sie sich von nun an nannten, mit ein. Aber die Chemie stimmte einfach nicht zwischen Olsdal, Molko und ihrem Drummer, so dass am Ende doch wieder Hewitt hinter den Kesseln Platz nahm.
Den Grundstein ihres Erfolges legte ein Demo-Tape, dass zufälligerweise in die Hände von Caroline Records geriet, einem New Yorker Indie-Label, das mit EMI zusammen arbeitete und bereits Platten für Bands wie zum Beispiel Hole oder auch Smashing Pumpkins veröffentlichte.
Natürlich blieb der diversen Journaille das schrille Trio ebenfalls nicht verborgen: »Molkos auffälliges androgynes Image und die stampfenden Glam-Punk-Hymnen seiner Band werden als erfrischendes Gegengift zur damaligen Brit Pop-Welle angesehen.« Mit Federboa und Kajal platzten sie in die Musikwelt, wie eine Bombe.
Molko machte ohnehin keinen Hehl aus seiner Bisexualität, genau so wenig, wie aus seiner Koketterie mit diversen Drogen und erzählte jedem, der es hören wollte oder auch nicht, von seinen Vorlieben für Kokain und Frauenkleider.
Die Band erspielte sich mit ihrem Soundmix eine Horde treuer Fans, die ihnen bedingungslos folgte, manche erschienen sogar ausgestattet mit Federboa, Leopardenshirts, Schminke und Stilettos zu den Live-Gigs.
»Placebo-Fans sind größtenteils Außenseiter, es sind genau die Leute, die auf der Straße ausgelacht werden.« Aber im sogenannten Placebo-Universum sind alle gleich. Man ist eins mit der Musik, die ehrlich ist, jedoch eine gewissen Verwundbarkeit und Zerbrechlichkeit verströmt, gleichzeitig eine Parodie auf die Spießigkeit und den mausgrauen Alltag ist.
Molko wollte schon immer anders sein, als andere. Da er von seinen Eltern (der Vater Banker, die Mutter total religiös) sehr streng erzogen wurde, hatte Brian nur noch eins im Sinn: Auszubrechen aus dieser Spießigkeit, koste es, was es wolle. Er fing an zu rebellieren, indem er sich Make-Up auflegte, in Frauenkleidern auf der Straße herumstolzierte und die Musik von Marc Bolan, Iggy Pop und David Bowie aufsaugte, wie ein Schwamm. Gerade letzterer war es, den er am meisten bewunderte. Dass Bowie einmal selbst sein größter Fan werden würde, konnte Molko damals natürlich noch nicht ahnen.
Den wichtigsten Rat, den er Jahre später von Bowie bekam, als Placebo bereits in die Rock-Elite aufgestiegen waren, war folgender: »Pass auf, dass Du Deine Spontanität nie verlierst.« Und diese Spontanität und Kreativität hat sich die Band bis heute bewahrt, wenn man die Entwicklung ihrer Musik betrachtet.
Brian Sylvester beschreibt ausführlich in Wort und Bild den Werdegang einer der eigenwilligsten, aber auch erfolgreichsten Bands, deren Alben seit über 10 Jahren regelmäßig an der Spitze der Charts zu finden sind. Dabei wählt er die 'Ich'-Form, so dass der Leser den Eindruck hat, dass Molko ihm seine Geschichte direkt erzählt. Angefangen von der Band-Gründung im Jahr 1994, dem kometenhaften Aufstieg und den damit verbundenen Sex- und Drogen-Eskapaden bis hin zum Erwachsenwerden taucht der Leser in eine Welt ein, die anders ist - Rock'n'Roll eben. Aber auch Placebo haben gelernt, dass Drogen nicht unbedingt zuträglich sind, wenn man sich das Ziel der Langlebigkeit gestellt hat: »Placebo wird es noch eine ganze Weile geben.«
Nun, wollen wir es hoffen, Brian.
Am 01. November können Placebo-Fans die Buchläden stürmen, denn dann wird die reich bebilderte, mit vielen Zitaten geschmückte Band-Bio endlich in den Läden stehen.
Placebo-Fans werden das Buch lieben.
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