Plasmic Ocean / Phobia
Phobia Spielzeit: 57:18
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2010
Stil: Modern Prog

Review vom 06.08.2010


Boris Theobald
Na das ist doch mal verbraucherfreundlich! Statt der üblichen Lobhudeleien, die die Promoter der Plattenfirmen uns sonst zu Promo-CDs dazulegen, legen Plasmic Ocean, die sich selber promoten und sich dadurch für keinen Spaß zu schade sind, ihrer neuen Scheibe "Phobia" einen waschechten Beipackzettel bei. Was ist "Phobia - Plasmic Ocean", wofür wird es angewendet, wie dosiert und welche Nebenwirkungen sind zu erwarten?
»PHOBIA wird angewendet [...] bei Einzel- und Gruppentherapie von Konsumenten mit verirrtem Musikgeschmack und resultierendem Fehlverhalten / bei Übersättigung mit Standards und deren ständiger Wiederholung. [...] PHOBIA - Plasmic Ocean darf nicht benutzt werden, wenn die überempfindlich (allergisch) gegen Plasmic Ocean, andere Bestandteile von Rockmusik (Heavy Metal), Post Prog, New Prog, Alternative Metal - Musik, zu der PHOBIA - Plasmic Ocean gehört), oder einer artverwandten Musik sind.«
Der rezensierende Probekonsument dankt für die 'warnenden' Worte zur Selbsteinschätzung, denn dieses Mittel gegen musikalische Übersättigung aus Chemnitz ist wirklich nicht leicht mit Stempeln zu versehen und in Schubladen zu stecken. Plasmic Ocean sind auf ihrem nunmehr dritten Studioalbum mal Metal, mal Hard Rock, pendeln dabei zwischen uralten 70er-Jahren-Prog Rock-Klängen und eher neuzeitlichen, tiefer gestimmten Alternative-Sounds.
"Phobia" besteht einerseits aus surreal flirrenden Retro-Synthies, andererseits aus messerscharfem, von Breaks durchsetztem, düster und proggig angehauchtem Heavy-Riffing. Plasmic Ocean halten dabei stets eine gewisse Grundspannung. Sie vermeiden glatte Harmonien und allzu vorhersehbare Akkordfolgen, genau so wie eindimensionale Songstrukturen. Im Gegenteil: Unerwartetes passiert oft; das Spiel mit den Gegensätzen zwischen hart und atmosphärisch funktioniert richtig gut.
Einer der größten Pluspunkte der Band ist, dass sie beharrlich dem Drang widersteht, zu overplayen. Die Spannungen türmen sich immer wieder raffiniert auf, aber der Sound bleibt glasklar. Die mutigen, intensiven Melodien stehen offensiv im Vordergrund - dadurch berührt die Musik die Seele! Und nun, ohne Schubladen komplett öffnen zu wollen ... mal kurz hineingelugt: Retro-Keyboards und breit verzerrte Gitarren erinnern schon mal an Rush von "Moving Pictures" und "Grace Under Pressure" - sicherlich einer der Einflüsse aus proggigeren Gefilden ("Cheat", "Rupert Turner's Meal").
Die raffinierte Detailarbeit mit atmosphärischen Clean-Arpeggien, teils durch harte Riffs durchsetzt ("Soliloquy", "Quiescence") erinnert zum Teil an Sieges Even. Der Mix aus Akustischem und Elektrischem zu prägnanten Melodien ("Strange Allusion") an Prog-Gruppen wie Enchant oder Tiles. Eher auf der dunkler gefärbten 'Alternative'-Seite stehen "RG 70" und "Sirensong". Aber es gibt auch viel dazwischen in mannigfaltiger Mischung, und das macht die Musik von Plasmic Ocean so besonders. Ähnliche Mixturen im Bereich 'Modern Prog' gibt es bei Crises oder Terminal. Aber auch nur ähnliche. Eine sympathisch-interessante Eigenständigkeit ist der Band nicht abzusprechen! Reinhören empfohlen ...
... aber Vorsicht vor möglichen Nebenwirkungen:
»- Zwangsmasturbation auf Grund starker euphorischer Episoden (bei männlichen Anwendern besteht die Gefahr von akuter Erschöpfung, behaarten Handflächen, Blindheit und krummen Fingern / Frauen neigen eher zu post-multiorgasmischer Ausgeglichenheit einhergehend mit anhaltendem Lächeln)
- Fassungslosigkeit
- horizontales Kopfschütteln (bei Fassungslosigkeit)
- vertikales Kopschütteln (bei Euophorie)
- Mundoffenheit (Herunterklappen der Kinnlade)! Gefahr des Austrocknens der Zunge!
Selten:
- Empfinden von Abscheu oder Zweifel
- Ohrenbluten, Trommelfellnekrose
- Hartleibigkeit (insbesondere nach Verzehr der Verpackung) ...«
Line-up:
Frank Haustein (lead guitar)
Andreas Böse (drums)
Peter Barthel (vocals, rhythm guitar)
Pierre Laube (keyboard, samples, effects)
Sören Giesow (bass)
Tracklist
01:Cheat (4:42)
02:Go Fly The Kite (2:56)
03:Rupert Turner's Meal (6:04)
04:Soliloquy (3:49)
05:Misfire (4:06)
06:RG 70 (2:47)
07:Quiescence (4:25)
08:Pressuretime (3:42)
09:Strange Allusion (3:34)
10:Subsonic (3:37)
11:Michelangelo (4:44)
12:Sirensong (7:03)
13:Ulterior Motive (5:40)
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