Rainer with Joey Burns & John Convertino / Roll Back The Years
Roll Back The Years Spielzeit: 45:56
Medium: CD
Label: Cactus Rock Records, 2011
Stil: Americana


Review vom 09.08.2011


Wolfgang Giese
Es müssen nicht immer junge, drogenabhängige Musiker sein, die für tragische Momente in der Musikgeschichte sorgen (Club 27 bspw.), sondern auch andere widrige Umstände können zum Tode führen, wenngleich das im Falle von Rainer Ptacek wohl im Gegensatz zu allen 'Helden' auf nicht allzu viel Widerhall stieß.
Der im Juni 1951 in Ostberlin geborene Musiker, der mit seinen Eltern fünf Jahre später nach Chicago auswanderte, verließ diese Welt am 12. November 1997 infolge eines wieder aufgeflackerten Hirntumors, der erstmalig im Februar 1996 diagnostiziert wurde. Monate zuvor verhieß eine erfolgreiche Therapie eine gute Prognose. Vor dem Hintergrund dieser Heilungschance wurden dann auch diese Aufnahmen im Juli und August 1997 in Tucson/Arizona eingespielt und gewinnen, angesichts des einige Monate später eingetretenen Todes, eine besondere Tragik. Dieser nahende Tod schwingt für mich als Zuhörer immer mit und kann in eine sehr traurige Stimmung versetzen. Wenn dann der Titel "Di Lantin" angestimmt wird, ist das schon fast zum Tränen vergießen, echt!
Die Zeit in Chicago hinterließ bei Rainer sicher einige Blues-Spuren, zumal seinerzeit in den Fünfzigern reichlich Zugriff auf Stars bestand. Doch vielmehr war der Umzug nach Tucson in den frühen Siebzigern bestimmend für das, was sich musikalisch entwickelte. Dafür stehen auch solche mit dem Musiker eng verknüpfte Namen wie Giant Sand, Howie Gelb oder Calexico.
Doch von vorn: »We're gonna roll back the years«, so lauten die einleitenden Worte zum ersten Stück, dem Titelsong, und schon gleich bin ich ergriffen, schon gleich laufen mir Schauer über den Rücken. Die metallisch klingende National Steel-Guitar, dazu akustischer Bass und das zart agierende Schlagzeug, alle spielen eine wohltuende Melodie... Dies ist Musik mit dem Feeling eines Ry Cooder in scheinbar ganz intimer Atmosphäre instrumental eingespielt. Der Auftakt ist - bevor sich beim zweiten Track der etwas unbeholfen nach Bob Dylan klingende Gesang dazugesellt - beileibe nicht schlecht, sondern sehr ausdrucksstark. Alles passt einfach zusammen - herrlich, diese ungezwungen klingende Musik, ohne Anspruch auf das Erreichen von Charts-Notierungen. Das klingt in der Tat nach einer Privatsession, bei der zufälligerweise jemand die Bandmaschine mitlaufen ließ.
Im Vergleich zu anderen Aufnahmen Rainers halte ich die hier vorliegende "Roll Back The Years" ungeachtet des Hintergrundes für eine der besten, die er je einspielte. Sie beinhaltet eine unglaubliche Kraft im Ausdruck, die, wenn ich ähnliche Cooder-Aufnahmen vergleichend heranziehe, jenen fehlt. Man spürt die Hingabe, mit der der Musiker die National Steel spielt.
Der Witwe ist es zu verdanken, dass uns diese Musik nun zur Verfügung steht, danke dafür! Neben den eher ruhigen Titeln rockt es auch einmal ("My Honey"), mit "Now I Know Better" klingt der alte Song "Let's Work Together" an, allen gemein ist jedoch die ausgeprägte Emotion, die ausgestrahlt wird. In Richtung Boogie geht es auf "(Tasted Better Going Down) Valerie ". Seine Krankheit scheint Rainer verarbeitet zu haben, wenn er auf "Hard To Remember" singt »...hits me like a big Jolt comin' straight into my brain.«
Ja, mit dieser Platte hat man uns ein großartiges Vermächtnis hinterlassen, das das Gedenken an diesen Musiker wieder einmal öffentlicher werden lassen kann. Von mir gibt es deshalb einen Tipp!
Line-up:
Rainer Ptacek (dobro, national steel guitars, vocals)
Joey Burns (acoustic bass)
John Convertino (drums, percussion)
Tracklist
01:Roll Back The Years (3:40)
02:The Mountain (4:05)
03:Hard To Remember (2:40)
04:The Oasis (4:30)
05:Di Lantin (4:50)
06:The Farm (4:05)
07:Cheer Down (3:15)
08:Now I Know Better (2:50)
09:(Tasted Better Going Down) Valerie (2:59)
10:Sea Of Heartbreak (4:19)
11:My Honey (3:03)
12:Tenish (3:01)
13.This Little Planet (2:33)
(all tracks by Rainer Ptacek, except #7 by George Harrison/Tom Petty, #10 by Hal David/Paul Hampton, #13 by Dan Hill)
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