Robert Plant And The Sensational Space Shifters
16.07.2014, Zitadelle, Berlin
Rocktimes Konzertbericht
Robert Plant And The Sensational Space Shifters
Support: North Mississippi Allstars
Zitadelle Berlin
16. Juli 2014
Konzertbericht
Stil: Rock


Artikel vom 26.07.2014


Holger Ott
North Mississippi Allstars "Stairway To Heaven", "Whole Lotta Love", "Black Dog" und viele weitere Songs aus der Ära von Led Zeppelin fallen mir spontan ein, wenn ich den Namen Robert Plant höre. Nicht zu vergessen und noch immer aktuell: die Kurzreunion zum Celebration Day und somit ein Aufkeimen eines erneuten Hypes um eine der größten Bands der Rockgeschichte.
Deren unverwechselbare Stimme - ein Sänger, der der Inbegriff eines Vokalisten des Genres Hard Rock war und ist - besucht wieder einmal Berlin. In Begleitung einer neuen Formation, den Sensational Space Shifters sowie der brandaktuellen CD "Lullaby And... The Ceaseless Roar", die zwar erst demnächst erscheint, aber auf die rund fünftausend Fans einen kleinen Vorgeschmack erhalten werden, steht diese Ikone vor meinem Kollegen Mike und mir auf der Bühne. Es ist schon ein ehrwürdiges Gefühl und mit mir verharren die Besucher in andächtiger Stille, als er gleich zu Beginn einen Klassiker der 'Zeppeline' performt. Doch zuvor gehört die Bühne einer Band, auf die ich nie im Traum gekommen wäre, sie als Vorprogramm sehen zu können - die mehrfach Grammy-nominierte Blues Band North Mississippi Allstars, ein Trio aus den USA.
North Mississippi Allstars Die Brüder Cody (drums) und Luther Dickinson (guitars) sowie Cris Chew am Bass, sind bereits seit dem Jahr 2000 im Geschäft, noch voller Energie und spielen sich durch verschiedene Genres: angefangen vom Blues über Rockabilly zum Hard Rock bis hin zu ungewöhnlichen, akustischen Klängen. Neben vielen Instrumenten, die anscheinend zum Teil in Eigenarbeit entstanden sind, bekommt der Musikliebhaber den 'Marsch durch das Volk' geboten. Mit tragbaren Trommeln bewaffnet, springt die Combo von der Bühne und zieht einmal quer durch die Gemeinde. Dass sie nicht nur optisch auf sich aufmerksam machen können, beweist, dass jeder von ihnen jedes Instrument spielen kann. Somit findet auf der Bühne ein ständiger Wechsel statt. Highlight für mich ist, als Drummer Cody Dickinson auf einem elektronischen Waschbrett spielt und dem Töne entlockt, die mir nie zuvor in die Ohren gedrungen sind. Es gibt also im Musikgeschäft tatsächlich noch Überraschungen. Die Musik des Trios ist klasse, die Show sehr gut und mir haben sie deutlich besser gefallen als der Haupt-Act.
Robert Plant Somit komme ich wieder zum Star des Abends zurück, der für mich leider am Ende im untergehenden Sonnenlicht verglüht ist. Ohne Zweifel ist seine Stimme immer noch außergewöhnlich gut, seine Ausstrahlung und sein Erscheinungsbild ebenfalls. Was allerdings seine Musik angeht und die Interpretation seiner Led Zeppelin-Werke aus vergangenen Tagen, bin ich sehr zwiegespalten. Wahrscheinlich habe ich in meinem Leben zu oft die alten Klassiker gehört und sie stecken so tief in meinem Kopf, dass es schwer vorstellbar ist, diese auch in anderen Versionen zu hören. Sicher ist mir der Werdegang von Plant der letzten Jahrzehnte bekannt und sehr bewusst, welche musikalische Wandlung er vorgenommen hat, denn genau mit dieser Einstellung wohne ich dem Konzert bei. Sei es die Band Of Joy, die er beim letzten Besuch verkörperte und Zeit seines Musikerlebens in sich trägt, oder in welcher musikalischen Kombination auch immer, Robert Plant Robert Plant hat seine Fangemeinde.
Wenn ich mir allerdings seine neue, sechs Mann starke Band ansehe, die zudem noch sehr gitarrenlastig ist und auf der Setliste diverse Klassiker wie "Whole Lotta Love" auftauchen, dann steigt meine Erwartungshaltung dahingehend, die Songs druckvoll und zumindest dem Original angelehnt zu hören. Umso größer dann die Enttäuschung über die Neuinterpretationen, die für mein Empfinden einfach zu ungewohnt sind. Dass diese Meinung nicht alle Anwesenden teilen, erkennt man daran, dass wirklich jeder bis zum letzten Ton wie angewurzelt auf seinem Stehplatz verharrt.
Mike und ich laufen später etwas umher, sprechen immer wieder mit Leuten, die uns kennen, und bekommen ungläubiges Kopfschütteln sowie teilweise sogar negative Kritiken zu hören.
Robert Plant Es ist ja nicht grundsätzlich alles schlecht. Plant beginnt mit "No Quarter" von Led Zeppelin. Normalerweise ein Übersong, der bei damaligen Konzerten ausufernd lange zelebriert wurde. Heute kurz und bündig abgehakt. Keine drei Minuten und die Erinnerung schwindet in Schall und Rauch. "Turn It Up" aus seiner neuen CD folgt - schon besser, da sich die Band dabei in den Vordergrund spielen darf. Alles, wie ich finde, sehr hochkarätige Musiker. "Spoonful" von Howlin' Wolf, besser bekannt durch die Version von Cream, ist das erste richtige Highlight von Plant. Er ist gut, die Band noch besser und durch viele kleine musikalische Gimmicks wird der Song sehr ausgedehnt, abwechslungsreich und spannend gestaltet. Danach geht es leider etwas bergab. Selbst die, trotz Tageslicht, hervorragende Lightshow reißt da nichts mehr heraus. Bewegung auf der Bühne findet sowieso kaum statt und fördert somit nicht unbedingt das Gefühl, es würde noch etwas Besonderes passieren. Plant redet auch wenig. Gibt ein paar Anmerkungen über die WM in gebrochenem Deutsch zum Besten, stellt kurz seine Musiker vor und damit ist die Konversation auch schon beendet.
Robert Plant "Black Dog" - wer kennt und liebt es nicht. In dieser Version - bei der ich immer noch am Rätselraten bin, in welche musikalische Richtung sie gehen sollte - vergeht mir leider völlig die Freude an dem Song. Bin ich später wieder zu Hause, muss ich mir sofort meinen I-Pod ins Ohr stecken, das Original anhören und diese merkwürdige Version verdrängen. Natürlich kann ich verstehen, dass ein Künstler nach so langer Zeit die Songs anders empfindet und auch variantenreicher spielen möchte. Vielleicht denkt er heute mehr über deren Inhalt nach, trägt neue Inspirationen in sich und versucht die damaligen Hits in eine modernere Form zu verpacken - möglicherweise alles tiefsinnige Überlegungen, die uns leider verschlüsselt bleiben. Der Hardcore-Fan von früher, zu denen ich mich gewissermaßen auch zähle, sieht das bestimmt nicht so und deshalb macht sich vermutlich auch diese Enttäuschung breit. Vielleicht sollten wir als Hörer unsere Ansprüche etwas zurückschrauben und einfach akzeptieren, dass sich jeder Mensch im Leben einfach verändert.
Robert Plant Die Zeit, die Plant in Afrika verbracht hat, um die Mentalität und die Musik der Menschen dort kennen- und liebenzulernen und in sich aufzusaugen, hat seine musikalische Weiterentwicklung deutlich geprägt. Wie es scheint, hat sich Robert Plant dem Hard Rock gänzlich abgewendet. Mit den Sensational Space Shifters hat er nun die passende Band gefunden, um sein Faible für Ethno-Klänge musikalisch auszuleben und versucht, diese dem anwesenden Publikum näher zu bringen. Meinen Geschmack hat er damit leider nicht getroffen.
Robert Plant Obwohl Robert Plant während seines elf Stücke umfassenden Hauptprogramms weitere bekannte Songs spielt, wie "Babe, I'm Gonna Leave You", zündet es im Publikum nur recht wenig. Lediglich höflicher Beifall der etwas fassungslos dreinschauenden Besucher. Einigen Bekannten versuche ich zu verklickern, dass ja noch "Whole Lotta Love" kommt, aber als diese Nummer dann intoniert wird, bricht anscheinend für viele der Anwesenden die Hard Rock-Welt in sich zusammen. Vielleicht dreißig Sekunden sind darin enthalten, die ansatzweise erkennen lassen, worum es sich handeln könnte. Aber spätestens jetzt hat sich für meinen Kollegen Mike und mich der Abend erledigt.
Robert Plant Ich bin zutiefst dankbar, dass ich Led Zeppelin kurz vor dem Tod von John Bonham erleben durfte, aber wir sind ja hier und heute nicht auf dem Zeppelin-Landeplatz, sondern sehen lediglich ihren ehemaligen 'Kapitän'. Meine Freude auf Robert Plant ist leider etwas getrübt. Der Mann steht zu dem was er macht, so soll es auch sein. Zurück lässt er wohl ein zweigeteiltes Publikumslager. Mich hat er nicht erreicht und wird es auch nie mehr. Ich gehöre einfach der Generation an, die mit Zep und Co. aufgewachsen ist, in düsteren Partykellern ihrer Musik gelauscht und damals, in jungen Jahren, nichts davon verstanden hat.
Vielen Dank an Wizard Promotion, Concert Concept, Redcarpet und Networking-Media für die Akkreditierung.
North Mississippi Allstars    North Mississippi Allstars    North Mississippi Allstars
Robert Plant And The Sensational Space Shifters  Robert Plant And The Sensational Space Shifters  Robert Plant And The Sensational Space Shifters
Line-up:
Robert Plant (vocals)
Justin Adams (guitar)
Liam Tyson (guitar)
Billy Fuller (bass)
John Bagott (keyboards)
Juldeh Camara (violin)
Dave Smith (drums)
Setlist Robert Plant And The Sensational Space Shifters:
01:No Quarter
02:Turn It Up
03:Spoonful
04:Black Dog
05:Rainbow
06:Going To California
07:The Enchanter
08:Babe, I'm Gonna Leave You
09:Little Maggie
10:Fixin'To Die
11:Whole Lotta Love

Encore:
01:Nobody's Fault But Mine
02:Communication Breakdown/Rock And Roll
Externe Links: