Dass persönliche Krisen oft den besten Stoff für beeindruckendes Songwriting liefern, ist nichts Neues. Ansonsten gäbe es wohl den Blues gar nicht. Und selbst, wenn man einmal das weite Feld der Lovesongs beackert, wird man feststellen, dass jene, die das Liebesglück in höchsten Tönen preisen, eher die Minderheit darstellen. Wozu auch zur Klampfe greifen, wenn alles paletti mit dem Partner ist? Es ist die Einsamkeit nach dem Verlassenwerden, die Liedpoeten dazu bringt, die Gitarre in die Hand zu nehmen und sich den Kopf über die eigene Gefühlswelt zu zermartern. Ob in Folksongs wie "Banks Of The Ohio" oder in Pophymnen wie "Yesterday" - unglückliche Liebe schreibt die bewegendsten Balladen.
Laut eigener Aussagen hatte er bereits unmittelbar nach der Trennung mit dem Songwriting für das neue Album begonnen, jedoch waren die dabei entstandenen Lieder derart bösartig und aggressiv, dass sie nicht zu einer Veröffentlichung taugten. So wäscht Josh Ritter auf "The Beast In Its Tracks" keine schmutzige Wäsche, sondern beschäftigt sich in tiefschürfender Weise mit dem Scheitern seiner Beziehung und damit, wie er das Leben neu zu ordnen versucht.
Musikalisch bleibt der eher stille Star der Melodik und den Stilistiken von Folk und Country verhaftet. Im Vordergrund der Arrangements steht die meist soft gezupfte Akustik-Gitarre. Ein wenig spröde, ohne großen Schnickschnack begleitet solides Fingerpicking die Stories von Wehmut und Nostalgie. Hin und wieder taucht allerdings auch ein Anflug von Aufbruchsstimmung auf. Die Begleitband spielt dezent und hält sich meist eher im Hintergrund, um quasi einen Soundtrack zu den erzählten Geschichten zu kreieren.
Da ist beispielsweise dieses Mädchen, mit dem Ritter mal ausging. Erst später am Abend bemerkt der einsame Held des Songs, was ihn an der jungen Frau faszinierte - in einem bestimmten Licht glich sie nämlich seiner Ex. Deren Augen hatte sie allerdings dann nicht und auch sonst blieb von diesem Frustflirt wohl nicht viel übrig.
Dennoch zeigt sich
Ritter an anderer Stelle doch wieder 'hopeful', auch, wenn ihn immer wieder 'nightmares' einholen. Doch wie meinte schon der alte
Shakespeare:
»Ende gut, alles gut! « - und so kann der gebeutelte Countrystar schließlich vermelden, eine neue Liebe sei in sein Leben getreten und angesichts dieser Tatsache zeigt er sich versöhnlich seiner entschwundenen Frau gegenüber:
»hope, you've got a new lover, too! - ich hoffe, auch du hast eine neue Liebe!«
Klar - die geschilderten Grundstimmungen und Themen lassen Schmalz übelster Sorte befürchten, der angesichts herzzerreißender Jammer-Vocals aus den Boxen trieft - doch weit gefehlt: Die bewusst zurückhaltend instrumentierten, eher leisen Tönen verpflichteten Interpretationen erzeugen gemeinsam mit
Josh Ritters einfühlsamer, weicher Modulation eine intime und intensive Gesamtatmosphäre. Die Songs entziehen sich auch gekonnt jeglicher Vordergründigkeit - Gefühlsduselei und Kitschpoesie wird man auf "The Beast In Its Tracks" vergeblich suchen.
Der 1976 in Moscow, Oklahoma geborene
Josh Ritter gilt in seiner Heimat noch immer als Geheimtipp, aber ebenso als große Hoffnung im Bereich Americana und Modern Country. In Irland hingegen ist der Sänger und Gitarrist schon seit Jahren ein echter Star, seit er 2001 auf der grünen Insel als Support-Act von
The Frames tourte. Diese Popularität ermöglichte ihm gar, seinen bürgerlichen Broterwerb an den Nagel zu hängen und Profimusiker zu werden. Bis heute sind seine Europatourneen eher Irlandtrips mit vereinzelten Abstechern nach England und Holland. In Amerika ist er ein von namhaften Kollegen geschätzter Songwriter und sogar Stars wie die große
Joan Baez covern inzwischen seine Songs.
"The Beast In Its Tracks" lässt auf weitere höchst inspirierte Alben hoffen - da
Josh Ritters Charisma allerdings so sympathisch aus seinen Texten und Melodien spricht, wünsche ich ihm einen positiveren Anlass für den nächsten kreativen Höhenflug.