The Rattlesnake Orchestra / Cartonne Express
Cartonne Express Spielzeit: 48:00
Medium: CD
Label: Timezone, 2012
Stil: Música Mestiza

Review vom 23.11.2012


Joachim 'Joe' Brookes
"Bitte sehr" … 'Dankeschön'. »the rattlesnake orchestra bedankt sich bei allen frauen und allen cuba libres dieser welt!« Okay, zu den Frauen schreibe ich nichts, aber ansonsten … Prost, Jungs! Die Stilart des Musikgemenges auf "Cartonne Express" ist bekannt, allerdings ist nicht nur die Band aus Mainz interessant anzuhören, sondern auch noch lehrreich. Man nennt die Mixtur aus Ska, Rock, Rap, Salsa, Reggae und Punk Rock Música Mestiza. Wenn diese Rezension online ist werde ich diesen Begriff wohl schon vergessen haben, aber The Rattlesnake Orchestra definitiv nicht. Sie machen so feurige Musik, schreiben auch lustig-ironische Texte, die im Booklet abgedruckt sind und haben Songs mit Rap im Köcher, mit denen ich (fast) gar nichts anfangen kann. Aber wer lesen kann, ist im Vorteil und übersteht auch das Gegröhle à la Fußballstadion in "Maradona". Ja, richtig gelesen, es geht um »die hand gottes« oder »nicht nur im schneegestöber weißt du deinen mann zu stehen.« Das Lied hat zeitweise ein Tempo, an das der Besungene nie heranreichte.
Wer die französische Sprache kann, ist im Vorteil … der Rezensent versteht nur die Hälfte, weil vom Lateinischen geprägt. Agicola vocat und so weiter. Schade, man hätte gerne mehr von dem verstanden, was uns The Rattlesnake Orchestra sagen, ähem, singen oder rappen will. Nichtsdestotrotz … "Cartonne Eypress" ist herausfordernd. Santana, Django Reinhardt, die Gebläseabteilung von Earth, Wind & Fire sowie Ritchie Blackmore machen Musik.
Jedenfalls war "Maradona" schon einmal gut aufgelegte Mùsica Mestiza. Vielleicht merke ich es mir doch noch … den acht Mainzer Musikern zuliebe, die bestimmt auch gerne ein Lied über die fünfte Jahreszeit hinbekommen könnten. Aber da muss sich der Hörer noch gedulden, denn auf dieser Scheibe geht es eher um die Musik rund um den Zuckerhut.
Frisch und fetzig kommt der Achter ohne Steuermann daher und ist am Ende der Sause doch so altmodisch. Eine CD kann ja nur die nackten Spielzeiten anzeigen. Letztendlich ist "A F Super U" nur drei Minuten und achtunddreißig Sekunden lang. Dann ... folgt Stille. So geht das nicht, gar nicht. Nach einem Liebesgesang von akustischer Gitarre sowie sich sanft im Hintergrund wiegenden Bläsern begleitet, wird das Stück schließlich von einem unter Spannung stehenden Gummiband angetrieben und der Ska-Turbo schaltet sich ein. Plötzlich Stille. So etwas kann auf die Pumpe gehen. Egal jetzt, da muss man durch, kann ja nicht lange dauern. Doch... zu lange, um dann noch akustischen Blues der Marke "Was das denn?" zu genießen.
Originalität gepaart mit so toller Musik ist nicht jeden Tag auf der Agenda, aber immer wieder motivierend, mindestens die Fußwippe zu aktivieren. Die Bläser haben es nicht nur mit fetzigem Funk, sondern das Saxofon findet auch schon Mal einen Weg in den Jazz und danach serviert man uns auf dem Silbertablett ein Vaudeville-Blitzlicht. Aus dem Informationsblatt: »setzt the rattlesnake orchestra an zum salto vom tellerrand.« Die Musik törnt unheimlich an, aber das Ska_und_so_viel_mehr_Orchester bleibt doch auf dem Teppich.
"Bitte schön" ist ein mild ein gerappter Song, in dem man sich für alles Mögliche (»danke an die rattlesnakes für den netten kaffeeklatsch«) bedankt. Der gesprochene Gesang wird vom Funk untermalt, aber das Gemüt des Hörers kommt erst in der letzten knappen Minute in Wallung. Die Combo spielt uns, von der Trompete und dem Saxofon geleitet, eine nächtliche Großstadt-Ballade. Klasse! "Cuánto Tiempo" ist vom Reggae geschwängert worden und dazu liefert uns die Carpe Kraushaar-Trompete Latin-Flair. Diese in dem Stück ohne Vorwarnung aufwallenden Stakkato-Bläser hauen einen aus den Socken. Toll, wie The Rattlesnack Orchestra auftrumpft!
Das Geklapper der Schlange macht nicht Angst, sondern Spaß. In der Musik darf die Welt auch schon einmal verkehrt sein.
Line-up:
Fabian Wolff (Gesang, elektrische Gitarre)
Martin Treulein (Gesang, akustische Gitarre)
Jonas Kürschner (Sprechgesang, percussion)
Martin Budai (Schlagzeug)
Kay Adams (Bass)
Moritz Eisenbach (Lead Gitarre)
Carpe Kraushaar (Trompete, percussion)
Tobias Ruppert (Saxofon)
Tracklist
01:Ioeh (3:06)
02:Tango Tornado (4:17)
03:Mal Á La Téte (3:55)
04:Herz und Magen (2:12)
05:Bitte sehr (1:40)
06:Cuánto Tiempo (6:25)
07:Pirates De Mayence (2:29)
08:Special K (3:21)
09:J'aimerals Partir Maintenant (5:11)
10:Maradona (3:48)
11:A F Super U (6:11)

Bonus Track:
12:Was das denn? (5:05)
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