Remember Rory
14.01.2006, Rock-Keller, Schwarzenbach/Saale
Plakat
Remember Rory Gallagher? Klar, wer nicht! Unser aller Guitar Hero.
Die Verehrung für den irischen Bluesrocker ist zehn Jahre nach seinem Tod wohl noch größer als die letzten zehn davor.
Remember RoryRemember Rory gehört zu den Bands, die seine Musik spielen, um den 'Spirit alive' zu halten. Letzten Samstag im 'Rock-Keller' in Schwarzenbach/Saale. Was ist der Unterschied zwischen einer Cover-Band und einer Tribute-Band? Peter Knott, der Gitarrist und Sänger des Nürnberger Trios erklärt: "Wir spielen nicht nur nach, sondern gestalten jeweils die Songs unterschiedlich, wie es Rory Gallagher auch gemacht hat. Es kommt auch drauf an, wie das Publikum reagiert."
Nun, so ganz ist mir das nicht schlüssig, selbst nach dem Konzert nicht. Würde Rory heute noch leben, sähe er wahrscheinlich nicht viel anders als Peter aus. Der spielt die Fenders, die Western-Gitarre und die Mandoline so perfekt wie sein Vorbild und singt auch durchaus ähnlich. Die Show der Band ist nicht ganz so ausgefeilt und ohne die Gallagherschen Stereotypen, die wohl auch nicht so recht passen würden. Aber der Sound ist 'amtlich', wie vorher angekündigt, wobei mir das Fehlen des klimpernden Keyboards eher entgegen kommt. Während sich Peter doch ziemlich nah am Original bewegt (ihn jedoch nicht soweit kopiert, dass er eine der sauteuren Signature-Strats oder Martins spielt), powern seine beiden Mitstreiter Stefan Kugler (Bass) und Anselm Gayler (Schlagzeug) die Songs noch deutlich auf. Es klingt eher so, als hätte Rory mit der Taste weitergemacht.
Remember RoryDie Nürnberger (die auch noch als The Travellers firmieren) sind nicht nur hierzulande beim Gallagher-Fan-Review aufgetreten, sondern mittlerweile international und selbst bei den offiziellen Tribute-Festivals in Eire regelmäßig gern gesehene Gäste der Gemeinde.
"Die Iren mögen uns und sind begeistert, auch weil wir nicht 1:1 covern", erzählte Peter dazu. Er bestätigte, dass Rory in seiner Heimat und auch in Nordirland noch sehr geliebt wird. Mir war sein deutsches Pendant erstmals als Teil der Melodic-Rock-Formation La Roque aufgefallen, die es auf einen Sampler des Magazins 'Audio' geschafft hatte. Er ist aber auch in anderen Musikrichtungen zuhause. Wie kamīs denn dann zu der Gallagher-Geschichte? "Das war ja eigentlich meine frühere 'Heimat' und ich bin froh, dass wir das jetzt wieder spielen können", so die Auskunft. Dem ist nichts hinzuzufügen und das bescherte den rund 70 Besuchern im 'Rock-Keller' einen spitzenmäßigen Auftritt.
Remember RoryZwar waren die anfangs noch recht zurückhaltend, wollten aber am Schluss die Band nicht mehr von der Bühne lassen. Die Songauswahl aus dem umfangreichen Repertoire des Iren, dessen Portrait groß über dem Schlagzeug prangte, orientierte sich vorwiegend am bekannten Live-Material. Mit "Messin' With The Kid" und "Tattoo'd Lady" gingīs kraftvoll los. Dann war Taste mit "Same Old Story" angesagt. Die Band tönte wesentlich heavier als Rory zu Beginn seiner Solo-Karriere und war live einfach ein Hammer (s. "Live Taste" und "Isle of Wight"). Mit "I Fall Apart" folgte einer der langsameren Songs, die für mich immer den speziellen Reiz des Energiebündels ausmachten. Hier kam die irische Seele ans Licht und ließ einen Blick in seine Gefühlswelt zu. Und auch dabei zeigte Remember Rory, dass sie des Maestros würdig sind. Dass "Used To Be" etwas saftlos daher kam, lag nicht an der Band, sondern weil der Bassverstärker zwischenzeitlich den Dienst verweigerte. Da griff Peter kurzerhand zur akustischen Gitarre und stimmte "Out On The Western Plain" an. Mit "Calling Card" dann zurück auf die Bluesspur und mit "Eat My Words" noch einmal was aus dem Taste-Katalog. Nach "Heavenīs Gate" griff die Band erneut auf das legendäre "Irish Tour"-Album zurück, "Cradle Rock" war das Pausensignal.
Remember RoryMit der Mandoline startete der zweite Teil. "Going To My Hometown", vom ersten Live-Klassiker "In Europe", brachte die Fans schnell wieder auf die Plätze. "Ein längerer Akustik-Set, wie ihn Rory meist im Programm hatte, ist bei uns derzeit nicht vorgesehen", kommentierte Peter später das kurze Intermezzo. "Whoīs That Coming" war der Aufgalopp für die Parforce-Nummer "Laundromat", bei der sich nun die ersten Mädels auf die Tanzfläche trauten. Übrigens zwei der SR-Fraktion durchaus bekannte Gesichter, die mit 'Familie' am ersten Tisch saßen.
Remember RoryNach "The Last Of The Independance" trat Anselm den Beweis an, dass ein Drumsolo durchaus nicht das Kommando zum Getränke be- oder entsorgen sein muss. Der Junge übertriebīs nicht und bekam dafür ordentlich Applaus. Mit "Walk On Hot Coals" steigerte sich die Intensität und gipfelte in "A Million Miles Away". Die Band spielte sich in einen Rausch und ließ die Emotionen kochen. Eine Klasseversion, bei der selbst die beiden jüngeren Freaks hinter mir das Mitbrüllen vergaßen und mit geschlossenen Augen träumten. Well, das waren der Spirit und das Feeling vom kleinen großen Rory Gallagher im 'Rock-Keller'!
"Whatīs Going On" zündete die nächste Rakete, bevor sich die Band mit einem intensiven "Moonchild" erstmals verabschiedete. Zur ersten Zugabe "Shadow Play" (ebenfalls für mich das "Photo Finish") lies sich das Trio nicht lange bitten und kam dann auch noch mal zu einer zweiten zurück auf die Bühne. Deren Titel ist leider nicht verfügbar, da der Rezensent vorübergehend auf die Tanzfläche gerissen wurde und den zu notieren vergaß. Die Fans erklatschen sich mit dem "Bullfrog Blues" einen fulminanten Abgang, dann senkte sich das Rolltor der Bühne nach gut drei Stunden endgültig.
Rory GallagherBei der Hinfahrt hatte ich ein Flashback-Erlebnis. Wir fuhren an der Freiheitshalle in Hof vorbei, dem früheren Rocktempel der Region. Hier hatte ich Rory am 25.09.1979 erlebt, natürlich vor vollen Rängen. In der Halle sind die Rock-Lichter seit langem weitgehend ausgegangen. Gerade an diesem Wochenende waren jedoch an zwei Abenden über 7.000 Besucher für eine Musikveranstaltung nach Hof gepilgert, über die selbst 'BR 3' berichtet hat.
Rory GallagherDie städtischen Symphoniker hatten zusammen mit der hier bekannten Party- und Mitgröhl-Band Radspitz ein Crossover-Projekt unter dem Titel "Rock me Amadeus" auf die Bühne gebracht, wohl so eine Art "Night of the Proms" in der Provinz. 7.000 begeisterte Leute jeden Alters und jeden Lagers (so berichteten die Medien), so was hatte es noch nie gegeben! Ich rätsle immer noch, was die da hingetrieben hat. Ohne selbst dabei gewesen zu sein, enthalte ich mich aber jedes Kommentars zur Qualität dieses Projekts. Bemerkenswert allemal.
Nun, Rory Gallagher können wir nicht mehr erleben, der planscht längst selig somewhere in einer großen Wolke aus samtschwarzem 'Stout'. Aber seiner durstigen keltischen Seele gefällt es wohl im bierseligen Franken und sein Segen ruht auf Remember Rory. Schweißnäher kann man dem 'Spirit' des legendären irischen Guitar Heros nicht mehr kommen, als bei einem Auftritt des Nürnberger Trios. Genuine Stuff - 'Slainte' Rory!




Bilder vom Konzert
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Remember Rory, 14. Januar 2006, Rock-Keller, Schwarzenbach/Saale
Norbert Neugebauer, 19.01.2006