Rench / Life In Mean Season
Life In Mean Season Spielzeit: 76:48
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2006
Stil: Trip Hop Twang


Review vom 03.04.2009


Ulli Heiser
Rench mag traurige Songs. Und Pedal Steel. Diese Kombination kennen wir und wissen, was kommen kann. Aber Rench mag auch Samples und Scratches, steht neben Honky Tonk auch auf Hip Hop und Trip Hop. Eine Kombination, die abschrecken mag, aber musikbegeisterte Menschen ohne Scheuklappen doch eher neugierig machen sollte.
Rench? Nie gehört, aber als Musikfreund, ständig Suchender nach der ultimativen Platte und quasi die Neugierde in Person, war die gelegte Blutspur schnell in der Nase und die im Netz gefundenen Infos ließen mich quasi zum geifernden Hubertushund werden:
»… calling on the spirit of Gram Parsons and Otis Redding and KRS-ONE and Dolly Parton and Nina Simone and Willie Nelson and Missy Elliott and Johnny Cash…« [renchaudio.com]
»…Imagine Woody Guthrie with George W. to write songs about and you get the idea. Remember Gram Parsons at his best, add ten, and you've almost figured out how great this CD's twenty tracks are.« [indie-music.com]
»If country music is Bob Dylan's All Along the Watchtower, than Brooklyn Country is Hendrix's cover…« [Bklyn Kid]
Na? Geifert ihr auch vor Spannung?
Gut, es steht noch Hip Hop im Raum. Vor Trip Hop, dieser Weiterentwicklung hin zur düsteren, melancholischen, elektronischen Spielart braucht keinem Bange zu sein. Es hat auch keine Rap-Elemente und Dank jüngerer Menschen im Verwandtenkreis, weiß ich auch was Hip Hop ist und kann garantiert Entwarnung geben. Es bleiben also uramerikanische, trockene Wüsten- und Prärie-Rootser mit allen klassischen Zutaten wie Fiddle, Banjo und Pedal Steel, Texten die das Leben beschreiben und ab und an dezent eingesetzte, urbane Tunes des 21sten Jahrhunderts.
Wäre John Wayne ohne Hut und Colt als nackt zu bezeichnen, ist es hier fast ebenso: Zum melancholischen und rootsigen Grundtenor geben die Drum-Samples eine Würze, die staunen und aufhorchen lässt. Wenn zu Fiddel-Geschrammel und Slide-Süße die Hop-Samples hart den Beat schlagen, dann ist das in der Tat als »Gangstagrass« zu bezeichnen (allerdings doch eine gehörige Ecke weit weg vom neuen Output der Band, der so betitelt ist). Die Stimme hat oft dieses Timbre Ray Sawyers (Dr. Hook & The Medicine Show) und kommen die weiblichen Vocals hinzu, weiß man nicht, ob man vor Geilheit die glatte Wand hoch möchte, oder seinen Southern Comfort mit Tränen der Überwältigung in den Augen trinken möchte.
Country, Singer/Songwriter, Roots Rock, Americana... alles da und die entsprechenden Tracks würden im jeweiligen Genre ganz oben mitspielen. Und was ich nicht für möglich gehalten hätte, Stücke wie "My Crown" oder "All I Have To Offer You Is Me", bei denen der DJ scratcht und der künstliche Drum-Sound für den Takt sorgt, sind es, die die Platte zu etwas Besonderem machen. Man mag ja Liebhabern der oben genannten Stilrichtungen - ob nun zu Recht oder nicht - immer wieder unterstellen, dass sie es musikalisch eher traditionell mögen.
Unvorstellbar quasi, dass sich zu Geige, Banjo und Pedal Steel auch Elektronik und missbrauchte Turntables gesellen. Versprochen, Cowboys, das geschieht mit Bedacht und ich verwette meine Boloties und den Dreamcatcher, dass ihr den Peacemaker im Holster lasst und stattdessen den sinnigen und mit unglaublich viel Gefühl vorgetragen Nummern lauscht.
Anspieltipps? Keine, bzw. alles - wie es euch dünkt, denn jedes Stück alleine ist eine Perle. Da blitzen sie alle irgendwo durch, die Millers, Cashs, Parsons', Dylans, Moorers usw. - you name it.
"Just Crazy" treibt mich schier in den freudigen Wahnsinn, ob dieser simplen aber voll ins Schwarze treffenden Hookline - nur mal so eine Nummer herausgepickt, weil der Track gerade läuft. Rench präsentiert uns seine Stücke wie man das mit Kindermedizin macht: Die bitteren Tropfen verpackt man in Süßes und garniert das ganze mit spannendem Beiwerk. Auf "Life In Mean Season" angewandt, stehen die Texte für die Arznei, das Süße sind die Melodien, die Hooks, das Instrumentarium und das spannende und wie gesagt spärlich eingesetzte Beiwerk steht für das Scratching und die Samples. "Dying Day", herrje, man möchte ins Wasser gehn...
Bitte mehr von dieser Medizin!
Line-up:
Rench (vocals, guitars, beats)

and friends:
Michi 'Ten Fingers' Wiancko (fiddle, vocals)
Billy 'Rocco Billy' Villano (pedal steel guitar)
DJ Simple Simon, The Scratch Cowboy [S. Gottfried], DJK Ross (turntables)
Roy Shimmyo (bass)
Bob Hoffner (pedal steel guitar)
Linda May Wacker (vocals)
Nick 'The Reverend' Dedring (pedal steel guitar)
Big Dan Jeselson (bass)
Veronica Dougherty (vocals)
Lil' Jess Williams (vocals)
Jason Cade (fiddle)
Jessica Basta (vocals)
Hilary Hawke (banjo)
Tracklist
Introduction
01:Theme From Mean Season
Chapter 1
02:At Risk
03:It Just Gets Worse From Here
04:Till I Gain Control Again (Rodney Crowell)
05:My Crown
06:All You Need To Know
07:Home By December
Chapter 2
08:Cash On The Barrelhead
09:Elmira
10:Dirty Bomb
11:All I Have To Offer You Is Me (A.L. Owens/Dallas Frazier)
12:Step In Stand Clear
13:Fancy (Bobbie Gentry)
Chapter 3
14:Day By Day
15:Just Crazy
16:Come Back To Brooklyn
17:Dying Day Deirdre Faughey
18:In Waiting
19:Despite You
Epiloge
20:Don't Let Your Light Stop Shining
Externe Links: