Klaus Renft Combo / Abschied und Weitergehn
Abschied und Weitergehn Spielzeit: 61:41
Medium: CD
Label: Strecketon, 2008
Stil: Ostrock

Review vom 26.04.2008


Ilka Heiser
»Diese CD präsentiert eine Band, die es so nicht mehr gibt. Drei ihrer Mitglieder sind innerhalb kurzer Zeit gestorben: Peter ' Pjotr' Kschentz, Klaus Renft und Heinz Prüfer Somit finden sich nun drei hervorragende Musiker im illustren Kreis solcher Rockgrößen wie Hendrix, Joplin, Morrison, Bonham und vielen anderen wieder und spielen jetzt 'dort oben' gemeinsam in einer Band.
Bei den Renfts hatte der Sensenmann recht heftig zugeschlagen, ein schwerer Schicksalsschlag für eine Band, die bereits zu Lebzeiten zur Legende wurde, zur Legende natürlich vorwiegend im ostdeutschen Raum: die Klaus Renft Combo. Eine Band, die durch ihre Aufmüpfigkeit, nicht nur in den Texten (für die damals übrigens der regimekritische Liedermacher Gerulf Pannach verantwortlich zeichnete), mehrfach mit Auftrittsverboten belegt wurde. »Renft waren ein zügelloser, fast anarchistischer Haufen, ließen sich partout nicht den Mund oder gar das wilde Outfit verbieten und gaben offen zu, gelegentlich auch ordentlich zu trinken. In Wahrheit soffen sie ganz außerordentlich.« [Zitat aus: Als ich fortging…].
Es kam, was unweigerlich kommen musste: Gerulf Pannach (von dem sich die Band - von den DDR-Oberen unter Druck gesetzt - distanzieren sollte, was sie aber ablehnte) und Keyboarder Christian 'Kuno' Kunert wurden wegen angeblich staatsfeindlicher Hetze verhaftet. Das geschah 1976. Im August 1977 wurde, nach einem Freikauf von Pannach und Kunert durch Vermittlung der Regierung der BRD, deren Ausreise nach Westberlin erzwungen. Auf diese 'elegante' Art und Weise entledigte man sich seiner Regimekritiker.
Klaus Renft heiratet eine Griechin und reiste ebenfalls nach Westberlin aus. Damit war die Renft Combo faktisch aufgelöst.
Dann endlich, 1990, fand sich die Combo zu einer Reunion-Tour durch die Noch-DDR zusammen und veröffentlichte 1994 "Renft - Wer die Rose ehrt - Das Erbe" mit alten Aufnahmen. Es folgte 1996 das Album "Renft - Die schönsten Balladen". Beide Titelsammlungen stammen aus dem Amiga-Fundus.
Im Jahr 1999, nach fast 25-jähriger Schaffenspause, kommt ihr drittes Studioalbum mit dem Titel "Als ob nichts gewesen wäre" auf den Markt.
Am 18. September 2005 trifft die Band der erste Schicksalsschlag. Multitinstrumentalist Peter Kschentz stirbt mit 63 Jahren an Lungenkrebs.
Thomas Schoppe übernahm nun die Position des Frontmannes.
Am 09.10.2006 verliert Bandleader Klaus 'Jenni' Renft nach langer Krankheit den Kampf gegen den Krebs und kurz darauf, am 18.03.2007, kommt Gitarrist Heinz Prüfer bei einem Verkehrsunfall ums Leben.
Mit "Abschied und Weitergehn" legt die Renft Combo nun noch einmal eine Scheibe vor, die ein Vermächtnis der drei Verstorbenen ist. Es werden sowohl Studio- als auch Liveaufnahmen aus den Jahren 2001 bis 2007 geboten, aber auch ein von Kuno arrangiertes Medley, bestehend aus Renft-Hits der 70er Jahre. Hier sind sogar die alten Recken, Thomas 'Monster' Schoppe und Peter 'Cäsar' Gläser, zu hören, die ihre Parts 2007 eigens dafür einspielten.
Ob die Stücke nun witzige, skurrile Alltagsgeschichten oder Lebensansichten erzählen, wie in "Liebe und Leid", "Willst Du Deinen Mann verlassen" (hier gibt es den Tipp an alle Frauen, grundsätzlich Samstag Nacht zu gehen, weil der Gute nie vor Sonntag Mittag wach wird), oder über den liebenswerten Fastfood-Fan "Annette", man kann sich ein Schmunzeln einfach nicht verkneifen, wird aber schnell wieder ernst und nachdenklich, wenn man die typisch bissigen Renft-Songs serviert bekommt, als da wären: "Kinder im Krieg" oder "Nie auf ein Schlachtfeld" (Im Original: "Eve Of Destruction", welcher ein früher Rock-Protest-Song ist, geschrieben von P. F. Sloan im Jahr 1965), ausgestattet mit einem deutschen Text von Christian Kunert:

An Stunden Blut, an Worten Pfeilgift
Für Mord ist beides gut, Blei oder Bleistift
Und Du bist'n Typ, der die Ruhe weghat
Seine Kreise zieht und "C'est la vie" sagt
Wenn der Tod abräumt in den Gärten der Zwietracht.
Oh Mann, wie froh wär ich schon am End' Wenn Du recht behielst
Und mein Sohn müsste nie auf ein Schlachtfeld…
Es sind 14 Songs auf "Abschied und Weitergehn", bei denen es sich lohnt, knapp über eine Stunde lang die Ohren offen zu halten und zuzuhören, »…'n bisschen kantig und klobig - ganz im Renft'schen Stile also…« (schöner hätte ich es auch nicht sagen können).
Ich bin überzeugt, die neu formierte Renft-Band mit Marcus Schloussen (Bass), Delle Kriese (Drums), Gisbert 'Pitti' Piatkowski (Gitarre) und dem Leadsänger Thomas 'Monster' Schoppe wird das schwere Erbe würdig weitertragen - immer nach dem Motto 'Abschied und Weitergehn'.
Line-up:
Christian 'Kuno' Kunert (Orgel, Keyboard, E-Gitarre, A-Gitarre, Bluesharp, Posaune, Gesang)
Klaus 'Jenni' Renft (Bass, Gesang)
Peter 'Pjotr' Kschentz (Sax, Flöte, Geige, Akkordeon, E-Gitarre, Gesang)
Heinz Prüfer (Lead-Gitarre, Akustik-Gitarre, Gesang)
Marcus Schloussen (Bass, Fretless-Bass, Gesang)
Delle Kriese (Schlagzeug, Gesang)
Tracklist
01:Muss
02:Irgendwo dazwischen
03:Liebe und Leid
04:Stuntman
05:Willst Du Deinen Mann verlassen
06:Tropfen auf den heißen Stein
07:Nie auf ein Schlachtfeld
08:Fuß aus Stolz
09:Annette
10:Cool sein
11:Aiko Biaye
12:Kinder im Krieg
13:RENFT-Medley 2005
14:September
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