Ronin / Fenice
Fenice Spielzeit: 41:08
Medium: CD
Label: Audioglobe/Soulfood, 2012
Stil: Instrumental Soft Rock

Review vom 22.03.2012


Wolfgang Giese
Na, wenn das mal keinen Ärger gibt, gab es doch bereits einmal eine Band mit dem Namen Ronin! Doch ich denke, die Gruppierung um die Musiker Waddy Wachtel, Dan Dugmore, Stanley Sheldon und Rick Marotta, die 1980 das gleichnamige Album vorlegten, dürfte kaum bekannt gewesen und weitestgehend vergessen worden sein.
Aber es handelt sich hier um Musiker aus Italien. 1999 ist das Geburtsjahr der um den Gründer und Kopf Bruno Dorella entstandenen Band. Ab 2003 werden Platten veröffentlicht, die erste war eine EP. Wir haben es mit Instrumentalmusik zu tun - außer dem sechsten Titel, einem Song, den einige vielleicht in der Version von Frank Sinatra kennen.
Die ursprüngliche Idee hinter dem Projekt soll gewesen sein, Musik des Balkans und des Mittelmeerraums zu fusionieren. Ich war gespannt, ob davon noch etwas übrig geblieben ist. Schwer schleppend schleicht "Spade" über die Runden. Eine relativ lange Einleitung, in der eigentlich nicht viel geschieht, klickende Gitarrensounds bestimmen die Atmosphäre und dazu kommt eine sich entwickelnde Melodiefolge auf weiteren Gitarren, sich langsam steigernd. Aber es bleibt eigentlich recht langweilig, bis dann mit dem zweiten Song Leben in die Bude kommt. Hier treibt der Drummer die Gitarristen an und diese versuchen erneut ein Thema zu gestalten.
Schon hier deutet sich etwas an, nämlich, dass etwas zu fehlen scheint. Einerseits ist es der Gesang und andererseits ist es die für Instrumentalmusik notwendige Gestaltung in Form klar erkennbarer Themen, wie zum Beispiel in der Surfmusik. So vermag ich einige Male eine gewisse Nähe zur Musik von Michael Rother ausmachen, bei der ja auch vieles einfach nur floss. Doch bei ihm fühlte ich mich wesentlich mehr gefesselt vom Vortrag. Hier warte ich fast immer auf die Entwicklung dessen, was mir häppchenweise im Ansatz vorgeworfen wird. Doch es bleibt bei Ansätzen, ein klares Konzept vermag ich nicht zu erkennen. So zum Beispiel im noch laufenden zweiten Titel, der plötzlich in ein Blues Rock-Gewand gekleidet zu werden scheint. Doch das war auch nur wieder ein Häppchen.
Und wie geht es weiter? Track drei - das könnte in jene Richtung eines Peter Green gehen, der mit einfachen Mitteln einfach schöne Instrumentaltitel entwerfen konnte. So schafft es einer der Gitarristen nach fast zwei Minuten doch tatsächlich, ein Thema gestalten zu wollen. Es klingt auch recht schön, doch einige dürften das als 'Dahingeplätschere' abtun. Das wäre gemein, so denke ich, wenngleich der Eindruck doch schnell entstehen könnte. Davon losgelöst betrachtet, ist das jedoch eine angenehme und wohltuende Atmosphäre, die verbreitet wird. Ja, mir gefällt diese ruhige Stimmung.
Die von mir eben angesprochene Surfmusik scheint nun an der Reihe zu sein - "Jambiya" orientiert sich jedenfalls daran mit dem Ansatz jener typischen Gitarrenläufe. Das atmet auch einen Hauch von Filmmusik, wie ich finde, das kann durchaus die Begleitung für Ritte auf den Surfbrettern sein. Das eingeschobene Piano könnte dann die wilde Gischt des Wassers symbolisieren.
Der Titelsong klingt ein wenig wie eine Annäherung an das einst so schöne Zusammenspiel von Peter Green und Danny Kirwan bei einigen Songs, doch ohne deren emotionale Betroffenheit zu erreichen. Es ist einfach nur angenehm für mich.
Nun folgt der einzige Vokaltitel - ja, ich erkenne den Sinatra-Song sofort. Die Sängerin gefällt mir überhaupt nicht. Sie klingt teilweise wie ein freches Kind - das ist eine schlechte Interpretation des Klassikers und es passiert hier eigentlich auch nicht viel. Das kurze "Gentleman Only" ist da schon wieder etwas flotter und hat erneut diesen Hauch von Surfmusik, das geht so okay. Aber mehr auch nicht, denn hier fehlt einfach etwas, vielleicht ist es die Leidenschaft??? Atmosphärisch entspannende Stimmungen gibt es zwischendurch immer wieder, ansatzweise könnte dies die weitere Marschrichtung für die Band sein...
Oder aber das, was plötzlich auf dem letzten Track geschieht: Ein gewisser Groove meldet sich sofort von Beginn an zu Wort, der federnde Rhythmus und die Flöte sowie die weiteren Blasinstrumente schaffen eine fast schon afrikanisch anmutende Atmosphäre. Dieses Stück ist der klare Hit für mich. Und jetzt weiß ich es - genau so muss es weiter gehen mit der Musik. Das ist wirklich Klasse, das stellt etwas ganz Besonderes dar. Warum ist man erst zum Schluss der Platte darauf gekommen? Oder sollte das ein Wink auf das sein, was man wirklich wollte? Ich wünschte es mir und wäre gespannt auf das Folgewerk. Würde es die Hauptrichtung dieser Platte nehmen, sähe ich keine große Chancen darauf, dass wir Freunde werden könnten.
Ein Wermutstropfen noch: Gerade dieser Höhepunkt wird nach gut vier Minuten einfach ausgeblendet, wo doch hier das Potential für einen mindestens zehn Minuten langen Titel schlummerte...
Line-up:
Bruno Dorella (guitars)
Nicola Ratti (guitars)
Chet Martino (bass)
Paolo Mongardi (drums & percussions)

With:
Emma Tricca (vocals - #6)
Enrico Gabrielli (flute, saxophone - #9, clarinet - #6, piano - #4)
Raffaele Kohler (trumpet - #9)
Luciano Macchia (trombone - #9)
Nicola Manzan (strings - #5)
Umberto Dorella (electric organ - #6)
Tracklist
01:Spade (5:14)
02:Benevento (4:44)
03:Selce (5:18)
04:Jambiya (4:28)
05:Fenice (5:01)
06:It Was A Very Good Year (5:08)
07:Gentlemen Only (2:13)
08:Nord (4:58)
09:Conjure Men (4:05)
(all songs written and composed by Bruno Dorella,
#6 by Ervin Drake, horn arrangements written and composed by Enrico Gabrielli,
string arrangements written and composed by Nicola Manzan)
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