Terje Rypdal / Same
Same Spielzeit: 43:06
Medium: CD
Label: ECM Records, 2015 (1971)
Stil: 'ECM-Jazz'


Review vom 28.05.2015


Wolfgang Giese
Auch Nicht-Jazzern sollte dieser vielseitige Musiker zwischenzeitlich zu Ohren gekommen sein. Vielleicht auch durch seine Zusammenarbeit mit dem norwegischen Gitarren-Kollegen Ronni Le Tekrø aus dem Heavy Metal-Lager. Dabei startete Terje Rypdal auch gar nicht als Jazzmusiker, sondern studierte klassisches Klavier und Trompete, bevor er sich das Gitarrespielen selbst beibrachte. Hank Marvin war seinerzeit eines seiner Vorbilder, als Rypdal mit der Beatgruppe The Vanguards aktiv war. Durch nachfolgende Arbeiten mit den Formationen The Dream und Min Bul sowie den Kontakt zum amerikanischen Komponisten George Russell und deren gemeinsame Arbeit mit Jan Garbarek gab es einen wichtigen Schritt hin zum Jazz. Dieser gipfelte 1969 mit der Teilnahme am Free Jazz-Festival in Baden-Baden.
Nach dem ersten Soloalbum von 1968 ("Bleak House") erschien das erste Album für das Münchener Label ECM, aufgenommen am 12. und 13. August 1971 im Arne Bendiksen Studio in Oslo. Hier war von Free Jazz nicht mehr die Rede. Hier wurde ein neuer Sound geboren - eine Klangwelt, die die Welten der klassischen Musik, des Rock, des Jazz, der Avantgarde sowie der norwegischen Folklore verband, wobei sich diese Mischung später noch stärker ausprägen sollte.
Manchmal wirkt sie gespenstisch, diese Stimmung der Musik - voller Melancholie und Einsamkeit und der Rypdal, wie man ihn später durch seinen typischen Gitarrenstil kennenlernte, spielte hier noch anders, war noch im Rock verwurzelt. Aber die Zusammenarbeit der Jahre davor mit Russell und Garbarek hatten ihre Spuren hinterlassen.
Die Gitarre hatte noch diesen 'kalten und klirrenden' Sound, der sich wohltuend von den Gitarristen der damaligen Bewegung der Fusion zwischen Jazz und Rock abhob. So waren es nicht Geschwindigkeitsrekorde auf der Gitarre, sondern individueller Ausdruck, der gefragt war.
Die Stimmung der Musik ist auch ein wenig mit der Musik von Weather Report in ihrer Anfangsphase zu vergleichen - nur sehr viel 'nordischer, kühler und verklärter'. So treffen wir auf teilweise hypnotisch wirkende Klangbilder, besonders im ersten Track, der einen durch diesen steten monotonen Basslauf gefangen nimmt, bis sich der Song nach gut fünf Minuten wandelt. Garbarek soliert hier auch noch äußerst inspiriert frei und zum Schluss setzt Rypdal selbst 'metallische' Akzente.
Ansonsten finden wir auch Musik, die avantgardistische Züge trägt, immer wieder angelehnt an die großen Klassiker Skandinaviens: Grieg und Sibelius, nur eben viel moderner. In diese Richtung sollte der Musiker später ja noch verstärkt vorstoßen, auch durch eigene Kompositionen im Bereich der E-Musik.
Doch auch schon mit "Same" zeigt sich schon Rypdals ausgeprägtes Gespür für diese Musik, auf "Lontano II" zum Beispiel. Das ist Gitarre pur. Oder auf "Rainbow", wo sich durch den Einsatz der Oboe und der mit starkem Reverb untermalten Gitarre eine befremdliche, wie nicht von dieser Welt stammende Atmosphäre ausbreitet, brillant in Szene gesetzt durch den gestrichenen Bass. Ansonsten wird auch schon einmal das Wah-Wah-Pedal eingesetzt und die Fusion-Stimmung wird von dem damals bereits hervorragenden Jon Christensen am mitunter rockenden Schlagzeug energisch untermalt. Hierbei unterstützt von akustischer und elektrischer Bass-Unterstützung, ein mehr als solides Rhythmusfundament bildend. Der virtuose Pianist Bobo Stenson streut wunderbar akzentuierte "Keyboard-Flocken" ein, und Rypdals damalige Frau, Inger Lise, schafft sphärische Momente mit der elektronisch verfremdeten Stimme. Man lausche hier bitte "Electric Fantasy"... eine Stimmung, die durch das English Horn noch verstärkt wird.
So ist dieses eine Platte mit Musik, die für spätere Rypdal-Fans befremdlich wirken mag, aber einen Musiker in Aufbruch-Stimmung zeigt. Dieses mitunter außergewöhnliche Klangerlebnis könnte auch Freunde innerhalb der progressiven Rock-Fraktion finden.
Line-up:
Terje Rypdal (guitar, flute)
Jan Garbarek (tenor saxophone, flute, clarinet)
Ekkehard Fintl (oboe, English horn)
Bobo Stenson (electric piano - #1,2,4,5)
Tom Halversen (electric piano - #3)
Arild Andersen (electric bass, double-bass)
Bjørnar Andresen (electric bass)
Jon Christensen (drums, percussion)
Inger Lise Rypdal (voice)
Tracklist
01:Keep It Like That - Tight (12:14)
02:Rainbow (7:05)
03:Electric Fantasy (15:33)
04:Lontano II (3:11)
05:Tough Enough (4:44)
(All compositions by Terje Rypdal)
Externe Links: