Anne-Florence Schneider / Donafloor
Donaflor Spielzeit: 56:29
Medium: CD
Label: Unit Records, 2012
Stil: Brazilian Jazz-Fusion

Review vom 05.09.2012


Wolfgang Giese
Die Sängerin aus der Schweiz entführt uns nach Brasilien. Die von dort bekannte Musik aus Samba und Bossa Nova wird ergänzt durch weitere Elemente aus dem Jazz, afrikanische und kubanische Einflüsse und ergibt somit eine lebendige Musiklandschaft.
Mit der Verbindung Brasilien/Südamerika und Jazz assoziiere ich zunächst einmal Namen wie Antonio Carlos Jobim, Astrud Gilberto, Airto und Flora Purim. Insofern sind das automatische Referenzen, an denen ich alles andere unweigerlich messe. Unabhängig von Problemen dieser Regionen bringe ich mit der dortigen Musik Begriffe wie Rhythmus, Leichtigkeit, Unbeschwertheit in Verbindung. Das trifft auf diese Platte nicht unbedingt uneingeschränkt zu.
So versuche ich einmal, alle Vorbilder weitestgehend außen vor und außer Acht zu lassen. Also - hier spielt Musik, mal schnell, mal langsam, mal mit Feuer, mal cool, mal zupackend, mal mich links liegen lassend.
Gleich die ersten beiden Titel stellen Gegensätze in der Empfindung dar. Der erste Song scheint das Feuer der Fusion entfachen zu wollen, ganz im Stile der Siebziger und dazu in portugiesischer Sprache der Vokalbeitrag der Frau Schneider. Mir fällt auf, dass eine ganz gewaltige Hektik vorherrscht, ein 'Hinterherrennen' hinter der Band; beides geht nicht einheitlich über die Bühne, bis dann der Scatgesang einsetzt, der mich allerdings auch nicht überzeugen kann, weil das gewisse Feeling für diese Art Musik fehlt. Besser dann der instrumentale Anteil der Band, ein feines Pianosolo über treibend-flexiblem Rhythmus, gefolgt von perligen Gitarrenläufen, hier kann ich nicht meckern.
Nun zum zweiten Song, der oben erwähnte Gegensatz betrifft den Gesang. Die Geschmeidigkeit und gewisse Eleganz, die ich beim ersten Stück erwartet hätte, erschließt sich nun doch eher. Ob es an der französischen Sprache liegt oder einfach am langsameren Tempo? Jedenfalls schleicht sich Anne-Florence hier in die Musik hinein und bildet mit ihr eine stimmige Einheit. Ja, so passt das einfach.
Überhaupt ist mir aufgefallen, dass der Sängerin das 'langsame Fach' wesentlich besser zum Vorteil gereicht, hier kann sie den Ausdruck ihrer Stimme deutlich besser präsentieren, und das auch nicht nur in Französisch: Wunderbar ist zum Beispiel das mit der Violine verzierte "Boa Noite".
Überwiegend finden wir Eigenkompositionen der Band und der Sängerin, einige Fremdtitel sind gut integriert und die erste 'Feuerprobe' gibt es mit der fünften Nummer von Antonio Carlos Jobim. Einerseits vermisse ich die Laszivität und ausgesprochene Eleganz des Originals, andererseits ist diese Version jazziger und weniger verklärt dargeboten und macht sie zu einer guten Interpretation; aber dennoch ziehe ich das Original vor.
Emotional stark bewegt hat mich "A Rainha Dos Mares" mit diesem gestaltenden Thema auf dem Klavier und dazu die im Arrangement verspielt ineinander verflochtenen Streicher. Ganz hervorragend, wenn Anne-Florence mit ihrer Stimme auch in tiefe Lagen abtaucht und sich in diesem subtil tänzelnden Spiel der Instrumente integriert und darin verschmolzen zu sein scheint. Ja, das ist ein wirklich hervorragender Song!
Insgesamt bleibt anzumerken, dass eine gute Melange entstanden ist, aus Elementen brasilianischer Musik, einem Hauch E-Musik dazu, auf dem rhythmischen Bett von jazziger Fusion, mit knackigem Bass und perligen klaren Gitarrenläufen.
Allerdings kann ich mich immer dann nicht anfreunden, wenn gescattet wird. Nun, sicher, weil ich da etwas 'verwöhnt' bin und bei jenen Titeln das entfachte Feuer fehlt.
Und es sind die Fremdkompositionen, die mir am meisten zusagen. So, um es auch explizit zu erwähnen, "Canto Triste". Ach, da fehlt eigentlich nur noch der Klang einer gestopften Trompete, die sich cool aus dem Hintergrund nach vorn schält. Aber auch die Stimme im Verbund mit dem Klavier vermag Atmosphäre auszustrahlen, einer meiner weiteren Lieblingssongs, die für mich die wahre Seele dieser Platte ausmachen.
Line-up:
Anne-Florence Schneider (vocals)
Dudu Penz (basses, guitar, percussion, vocals)
Chris Wiesendanger (piano)
Floriano Inácio (piano)
Claude Schneider (guitar)
Ademir Candido (guitar)
Eduardo Costa (drums)
Mauro Martins (drums)
Alejandro Panetta (percussion)
Rodrigo Botter Maio (flutes)
Daniel Pezzotti (cellos)
Jonathan Allen (violin)
Tracklist
01:Sambou, Tá Novo! [Penz/Penz] (4:37)
02:Voyelles & Nuits d'Amour [Penz/Perny] (4:33)
03:Amor Platónico [Penz/Penz] (3:26)
04:Boa Noite [Penz/Penz] (4:52)
05:Sabiá [Jobim/Buarque] (4:54)
06:A Rainha Dos Mares [Maio](5:47)
07:Em Frente Ao Mar [Pemz/Penz] (5:09)
08:L'Inespéré [Schneider/Schneider] (5:00)
09:My Boulevard [Lang/Schneider-Driscoll] (3:36)
10:Pégaso [Maio] (4:06)
11:Canto Triste [Lobo/de Moraes] (6:20)
12:Frevo De Quatro Folhas [Penz/Penz] (4:07)
Externe Links: