Charlie Sexton Sextet / Under The Wishing Tree
Under The Wishing Tree Spielzeit: 72:52
Medium: CD
Label: MCA Records, 1995
Stil: Blues Rock


Review vom 08.02.2010


Joachim 'Joe' Brookes
Charlie Sexton ist als Gitarrist bei Bob Dylan bekannt.
Mag sein, dass man Charlie Sexton von den Arcangels her kennt. Die Band war leider sehr kurzlebig.
Charlie Sexton wurde allerdings durch seine Produktionen unter eigenem Namen, oder auch als Charlie Sexton Sextet prominent.
Wie dem auch sei, der Mann hat schon sehr früh angefangen, sehr viel gute Musik zu machen.
Sexton ist einer der Künstler, deren Talent nur in die richtigen Hände geraten musste, um zu gedeihen. Anfang der Achtzigerjahre, Charlie war gerade so um die zwölf Jahre jung, kümmerten sich W. C. Clark, Joe Ely sowie Jimmie und Stevie Ray Vaughan um die Jungs. Ja, Jungs, denn Charlies Bruder Will gehörte auch dazu.
Im Alter von sechzehn Jahren brachte Charlie sein erstes Album mit dem Titel "Pictures For Pleasure" auf den Markt. Es folgte "Charlie Sexton".
Der Amerikaner spielte mit einem großen Teil der Leute aus dem dicken Buch des Who's who: Ron Wood, Keith Richards, Don Henley, Jimmy Barnes oder David Bowie.
Die 'Ein-Album-Band' Arcangels mit Doyle Bramhall II, Tommy Shannon sowie Chris Layton hatten wir ja schon.
Mitte der Neunzigerjahre veröffentlichte er dann als MCA Records-Debüt "Under The Wishing Tree". Neben Songs aus eigner Feder, wurden einige zusammen mit Tonio K. beziehungsweise dem Produzenten der Platte Malcom Burn oder Bandmitgliedern geschrieben.
Auf dem abgeernteten Baumwollfeld schlägt Sexton Haken wie ein Hase.
Was der Jungspund mit dem Blues anstellt, ist äußerst bemerkenswert. Einerseits verpasst er dem Stil eine psychedelische Variante, anderseits gibt er dem 12-Taker in New Orleans ein Zuhause.
Den Protagonisten darf man nicht nur als reinen Gitarristen und Sänger ansehen. Er spielt auch Violine, Cello, Bass und bedient darüber hinaus auch den Moog sowie das Piano. In Ergänzung verpasst Michael Ramos mit dem Akkordeon einigen Songs eine besondere Note.
Schon der Einstieg mit "Neighborhood" ist psychedelische Extravaganz erster Güte.
Der Opener verführt den Hörer zu der These: Mag mich, oder lass mich zufrieden. Extrem intoniert, polarisieren bereits die ersten sechs Minuten. Hier laufen die Gitarrenspuren des Aufnahmebands auch schon einmal rückwärts.
Damals wie heute gefällt mir der sehr individuelle Umgang mit dem Blues...
Ganz anders geht es in "Wishing Tree" zu.
Akustische Gitarre, Mandoline und Akkordeon verlieren sich in einem keltischen Flair, der bei zirka eineinhalb Minuten von einer abermals psychedelisch gestimmten E-Gitarre durchbrochen wird. Es entsteht ein famoses Wechselspiel zwischen den gerade beschriebenen Instrumenten und einer Schlangenliniendynamik. So etwas mag ich.
"Ugly All Day" ist wieder anders und hält quasi Sicherheitsabstand zu den ersten beiden Tracks. Groovend gibt man sich dem Folk Blues hin und hier setzt Sexton seine ganze Palette an Instrumenten ein. Streicher als auch die Mandoline kommen zu Wort. Herrlich, wie die Töne dahin fließen und das sich in die Länge ziehende Finale der Nummer ist wunderschön.
"Everyone Will Crawl" steht im Zeichen der Keyboards, einer knackigen Melodie und sehr gut gesetzten Breaks.
Aus der Ferne hört man eine Dobro und langsam gesellen sich Bass sowie Handtrommeln dazu. Der Tieftöner sorgt für eine ganz besondere Atmosphäre und es gibt bestimmt zig Künstler, die sich über eine Ballade wie "Billy" freuen würden. Gefühle wie durch einen Schleier präsentiert, ist dieser Track eine Besonderheit unter den vielen Perlen der Platte. Sehr gut arrangiert spürt man die in die Musik eingebetteten Soli der Gitarre kaum.
Mit einem minimalistisch klingenden Schlagzeug ist "Dark" definitiv das Groovemonster auf "Under The Wishing Tree".
Eine höllisch verzerrte E-Gitarre macht ihre Runden und im Hintergrund zirpt eine weitere. Oh Mann, welch ein Genuss! Es bleibt nicht dabei, denn im weiteren Verlauf wird noch was draufgepackt. Backing-Sängerin Kris McKay von den Wild Seeds sorgt für die Gänsehaut oben drauf.
Das Meisterstück des Albums ist "Plain Black Luck And Innocent Mistakes"... nicht nur wegen der Spielzeit von etwas über zwölf Minuten.
Zunächst existiert fast ausschließlich eine konkurrenzlos atmosphärisch gespielte Gitarre bis diese songtypischen Attribute einer Sexton-Komposition zum Vorschein kommen. Treibend, laut und fast wild wird das Stück. So wie es begann findet die Nummer auch wieder ihr Ende... meint man, denn schließlich hat die Band nichts anderes zu tun, als den Faden abermals aufzugreifen. Das rockt wie aufschäumendes Meer am Riff!
"Railroad" lässt noch einmal die Fetzen des guten Blues Rock fliegen und auch hier ist neben der stoisch riffenden Gitarre viel los.
"Spanish Words" ist im wahrsten Sinne des Wortes wieder eine Besonderheit. Vergleichbar mit dem Charme einer Daniel Lanois-Komposition findet man viel Gefallen an der relaxten Nummer.
"Broken Dream" wächst langsam aus der Stille und hier sollte man sich die Orgel ganz genau anhören. Herrlich, wie sanft sie den Hörer umschmeichelt und die McKaty ist auch wieder mit von der Partie.
"Under the Wishing Tree" verbringt man sehr gerne seine Zeit und mit diesem Album ist Charlie Sexton damals ein richtig guter Wurf gelungen.
Line-up:
Charlie Sexton (vocals, guitar, violin, cello, six string bass, mandolin, moog)
Michael Ramos (accordion, piano, Hammond B3, keyboards, tablas)
George Reiff (bass, backing vocals)
Craig Ross (outro guitar - #6)
Rafael Gayol (drums, percussion)
Eddy Navia (churango - #2)
Will Sexton (backing vocals)
Kris McKay (backing vocals)
Tracklist
01:Neighborhood (6:10)
02:Wishing Tree (5:15)
03:Ugly All Day (4:50)
04:Everyone Will Crawl (5:14)
05:Billy (6:20)
06:Dark (4:28)
07:Sunday Clothes (5:18)
08:Plain Bad Luck And Innocent Mistakes (12:09)
09:Home Sweet Home (7:18)
10:Railroad (4:18)
11:Spanish Worlds (7:00)
12:Broken Dreams (5:00)
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