Christina Skjølberg / Come And Get It
Come And Get It Spielzeit: 40:48
Medium: CD
Label: Ruf Records, 2014
Stil: Blues Rock

Review vom 15.02.2014


Steve Braun
Sie gilt als »Norwegens am besten gehütetes Geheimnis« - mit großen Worten kündigt Ruf Records die nächste kleine Blues Rock-Sensation an: Christina Skjølberg legt beim rührigsten deutschen Blueslabel in erstes Studioalbum vor und befindet sich derzeit mit der Ruf'schen Blues Caravan auf Deutschlandtour. Der Durchstart läuft also bereits auf Hochtouren...
"Come And Get It" grinst die junge Dame frech vom Cover und man weiß nicht genau, was sie meint: die CD, die Gitarre oder... was?? Um es mal in den Worten des großen Dr. Martin Luther King auszudrücken: »I have a dream...« Den Traum, dass 'frau' in der noch immer männerdominierten Musikwelt irgendwann einmal nicht mehr glaubt, ihre Reize einsetzen zu müssen, um wahrgenommen zu werden. Jajaja, ich weiß - natürlich muss sich Christina Skjølberg nicht zwingend eine Warze auf die Nasenspitze tätowieren lassen und Musikmachen hat auch immer was mit 'Sex' zu tun. Aber allzu oft ist zu beobachten, dass Frauen eben mit ganz anderen (den 'klassischen') Maßstäben als ihre männlichen Kollegen bewertet werden. Vorschub braucht und sollte man solchen tradierten Verhaltensmustern nicht zu leisten und... ich hab ja auch nur einmal kurz geträumt!
Musikalisch braucht sich nämlich eine Christina Skjølberg garantiert nicht auf ihre optischen Reize zu verlassen. Sie legt mit "Come And Get It" ein wirklich saustarkes Blues Rock-Album vor, mit dem sie einem Großteil ihrer Kollegen zeigt, was 'ne moderne, bluesrockige Harke ist - für mich die erste Sensation seit dem Debütalbum einer Joanne Shaw Taylor, bezeichnenderweise ebenfalls von Thomas Ruf entdeckt!!
Gleich beim ersten Hördurchlauf lässt die erstklassige Produktion des Scheibchens aufhorchen und mit jedem weiteren wird deutlicher, was für eine Wahnsinns-Band hier agiert. Jawollja - Band!! Die drei Begleiter an den schwarz-weißen Tasten, Bass und Schlagzeug sind keinesfalls als Staffage für die Frontfrau anzusehen. Christina Skjølberg hat zwar alle elf Song komponiert und betextet (Respekt!!), nimmt sich allerdings bezüglich ihrer Gitarrenarbeit deutlich zurück. In nahezu jedem Stück darf Harri Taittonen seiner Hammond B3 'Leine geben'. Torre Slattsveen übernimmt mehr als nur einmal ("I'm Back"...) hintergründig mit seinem Bass die Melodieführung. Und Miri Miettinen zeigt ebenso kraftvolle wie filigrane Omnipräsenz und entlockt dabei seinen Fellen einen unglaublich warmen, sonoren Ton. Es wäre folglich konsequenter gewesen, dieses Projekt als 'Christina Skjølberg Band' zu titulieren.
Mir persönlich gefällt, dass auf "Come And Get It" beständig Gas gegeben wird und dabei nahezu durchgängig die 'rockige Keule' geschwungen wird. Selbst wenn einmal - mit dem abschließendem "Nag Blues" - dem Shuffle die Reverenz erwiesen wird, bleiben die rockigen Ambitionen der Band nicht verborgen. Zudem durchzieht viel funkig durchsetzter Soul Christina Skjølbergs Eigenkompositionen, besonders schön beim Titeltrack und dem stilecht mit einem hackenden Hohner Clavinet D6 unterlegten "Get On". Richtig scharf wird es, wenn wie bei "Runaway" oder "Inspiration" - kaum verhohlen - dem Hard Rock gefrönt wird. Hier sind für meinen Geschmack die besten Momente dieser CD zu finden.
Mein übergroßer Dank geht an Christina Skjølberg für den Beweis, dass man in diesem Genre nicht zwingend einen Slow Blues für ruhigere Momente braucht. "Moving On" besitzt genug Biss und Grip, um nicht eine Sekunde Schläfrigkeit aufkommen zu lassen. Ohnehin ist dies die einzige 'Atempause' auf "Come And Get It".
Obwohl alle Stücke hörbar im Blues Rock verankert sind, ist der Abwechslungsreichtum dieser Scheibe beachtlich. Der Vierer zeigt deutlich, was aus dem uralten Genre noch rauszuholen ist, wenn ambitionierte Musiker sich als Band begreifen und obendrein reichlich Ideenreichtum und Feeling in das Gefüge einfließen lassen.
"Come And Get It" müsste eigentlich mit unserer Tipp-Grafik in den Adelsstand versetzt werden. Aber ich will hier mal ganz bewusst die Kirche im Dorf und deren Turmspitze nicht in den Himmel wachsen lassen. Christina Skjølberg beweist mit ihrem Debüt ein geradezu atemberaubendes Talent. Ihre freche Attitüde erinnert mich irgendwie stark an Shannon Curfmans Debütalbum "Loud Guitars, Big Suspicions". Es bleibt allerdings dringend zu hoffen, dass sie nicht deren Schicksal teilen muss.
Wer den Blues Rock knackfrisch rockig mag, wird wohl kaum an dieser inspirierten Scheiblette vorbei kommen.
Line-up:
Christina Skjølberg (vocals, guitars)
Billy Harri Taitonen (Hammond B3, keyboards)
Tore Slattsveen (bass, backing vocals)
Miri Miettinen (drums)
Brynjulf Blix (clavinet - #5)
Steinar Varnes (trumpet - #5)
Tracklist
01:Come And Get It (3:39)
02:Runaway (3:02)
03:Close The Door (4:48)
04:Bullet (3:15)
05:Get On (3:34)
06:Moving On (4:37)
07:Inspiration (2:34)
08:Hush (3:43)
09:I'm Back (4:17)
10:Mrs. Funk (3:44)
11:Nag Blues (3:25)
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