Eryn Shewell / Window Pane
Window Pane Spielzeit: 52:55
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2010
Stil: Blues, Pop

Review vom 29.08.2010


Tom Machoy
Nachdem Joe eine solch fabelhafte Rezension über die zweite CD von Eryn Shewell geschrieben hat, muss mir hier das Erstlingswerk aus dem Jahre 2008 vorliegen. Und nachdem da so viel Lob zu lesen war, freute ich mich schon auf diese mir unbekannte Eryn Shewell und deren Musik.
Ich habe sie gehört - einmal und noch einmal und noch einige Male mehr, kann letztendlich aber Joes Begeisterung nicht so recht teilen. Natürlich freut es mich, dass das zweite Album so gut gelungen sein muss, was dann auch bedeutet, dass es eine irre Steigerung in der Leistung Eryn Shewells gegeben haben muss.
"Window Pane" - 'Fensterglas' oder 'Glasscheibe' - ist mir einfach zu soft, oftmals zu poplastig und leider gesanglich, für mein Empfinden, an einigen Stellen ... sehr zermürbend. Ich werde es begründen und will nichts zerschreiben und manch einem von euch mag das ja auch gefallen.
Nach dem Minus aber gleich das große Plus dieser CD bei der musikalischen Umsetzung aller Titel. Dank sei hiermit allen Bandmitgliedern gezollt, besonders denen, die den Blasinstrumenten mit absoluter Sicherheit diese herausragenden Tonfolgen entlocken können. Das sticht hervor, hebt sich ab, lässt 'schwächere' Titel in einem Leuchten erstrahlen - danke!
Also vermerke ich: Die Stärke der CD liegt nicht immer im Gesang, aber immer in der musikalischen Darbietung.
Hören wir mal rein in das gute Stück Musik.
Ein tolles Eröffnungstück ist "Anymore". Das fetzt richtig los und meine Freude ist ungetrübt. Knackige Bläsereinsätze von Antonio Gambrell und Tommy Meares; und besonders Pat Ruhs Gitarrensoli schieben den Titel ganz weit auf meiner Titelbeliebtheitsskala von "Window Pane" nach vorn. Und der gesangliche Teil von Eryn Shewell ist top. Gewaltig, kraftvoll, ausdrucksstark und ausgewogen, für diese Art Musik geradezu ideal - hier stimmt alles.
Auch wenn "I Don't Know" ein ganzes Stück sachter klingt, ist auch dieser Titel eine sehr gute Arbeit; ganz tolle, melodieführende Bläser, elegant arrangiert und gespielt. Ebenfalls zu bemerken ist dieses perfekte Gitarrensolo mit viel Gespür fürs Detail. "I Don't Know" ist schon ein ins Ohr gehender Titel. Arne Wendt an den Keyboards bekommt sein Solo, Pat Ruh sein zweites Solo.
Musikalisch ist "The Lonely Writer" im Stil des großartigen Santana einzuordnen. Gitarre und Bläser bilden eine Einheit. Sie spielen Südamerika pur. Und wenn ich mich jetzt bereits wiederhole - diese(r) Bläser sind/ist hervorragend und der Titel wird regelrecht erhellt. Eryn Shewell bringt eine gute gesangliche Leistung im Strophenteil, im Refrain schwächelt sie dann aber doch. Bis zu einem gewissen Punkt ist das gut zu hören, gut zu leiden, doch das Überschlagen der Stimme - oh NO! Das ist nicht ihr Ding. Oder um es mal so zu sagen - Schuster bleib bei deinen Leisten.
Und nochmal: Dank des klasse musikalischen Arrangements und dessen Umsetzung durch die Musiker verliert sich der kleine stimmliche Aussetzer.
Der CD-Titel "Window Pane" trägt funkige und leider zwischendurch sehr seichte, poppige Züge. Schön ist, dass Keyboards und Gitarre den Funk so richtig forcieren, und mit Antonio Gambrell wird es im Funk noch so richtig jazzig. Sicher nicht mein Lieblingstitel, dennoch sehr ordentlich, da so viel funky Sound nicht zu erwarten war.
Ein sehr ruhiges Stück, teils mit höchsten Kopfstimmentönen von Eryn Shewell wird dem Zuhörer mit "One Song At A Time" beschert, teilweise auf Retro gemachte Stimme, eine hauchzart gespielte Violine von Tanya Peterson, eine sacht-dominierende, wieder dem Santana-Einfluss folgende Gitarre, alles sehr schön. Einordnung: Schmusesong. Es ist schon recht so, weil sich gleich noch ein ruhiges Stück anschließt - "Soon You Will Fly", in dem Tanya Peterson die Saiten wunderbar streicht. Dieser Titel ist äußerst minimalistisch instrumentiert, neben Tanya Peterson agiert Pat Ruhs wunderbare akustische Gitarre, und zum Glück versucht Eryn Shewell nur manchmal einen Preis für ihre Kopfstimme zu erzielen.
An Crow, Etheridge und Vonne werde ich erinnert, während "Oh Oh You" als nächster Titel läuft, keinesfalls ein Manko, höre ich doch endlich wieder Antonio Gambrells Trompete und den flotten Sound der anderen Musiker - guter Titel, sollte gehört werden!
Im Stil der genannten Künstlerinnen bewegt sich auch "One More Melody". Mit akustischer Gitarre, Backgroundchor, kurzen, prägnanten Trompeteneinsätzen, sehr angenehm zu hören.
Flott-rhythmisch, fast schon Country-like und doch irgendwie im Petty-Stil folgt "Just One Of These Days". Akzente setzen die Bläser und die aggressiv durchgespielte akustische Gitarre, während die Keyboards, das Schlagzeug und der Backgroundchor den Hintergrund tatsächlich gekonnt abschirmen. Höhepunkt hier ist ein glänzendes Gitarrensolo von Pat Ruh (den Namen kann ich gar nicht oft genug erwähnen), Antonio Gambrells (dto.) Trompetenspiel macht Spaß, Tommy Meares' Posaunenspiel folgt auf Augenhöhe. Und für dieses Stück gibt es als Gesamtwerk (mit 6:30 Minuten das längste Stück der CD) die absolute Punktzahl.
Dafür bekommt "Storm" von mir keine Punkte, zu ruhig, zu soft, zu minimalistisch interpretiert. Das würde ja eben so noch passen, die Nullwertung gibt es wieder für den Gesang. Mensch, Frau Eryn Shewell, singen Sie doch einfach in ihrer Stimmlage. Das kommt besser und hört sich nicht so klagend an. Mich kasteiend, habe ich den Titel ganze siebenmal gehört und statt einer positiven Veränderung wurde es von mal zu mal nur schlimmer.
Und deshalb um so mehr Danke für den vorletzten Titel, "The Goodbye Song", rockig, vom Schlagzeug getrieben, eine Mischung aus Blues und Rock'n'Roll, mit toller, sehr abwechslungsreicher Gitarrenarbeit und einer stimmlich souveränen Eryn Shewell, die hier sogar an einigen Stellen an Hart erinnert (es geht doch).
Zwischen Blues und Pop ist der Schlusstitel "I Want You For Breakfast" einzuordnen. Natürlich ist der instrumentale Teil ist sehr gut gespielt, das Gitarrenspiel ist schon fast Picking-Gitarrenspiel und äußerst perfekt dargeboten.
Mein Fazit gab es bereits zu Beginn der Rezension. Musikalisch gelungen, und "4th & Broadway" soll besser sein.
Line-up:
Eryn Shewell (lead vocals, backing vocals, electric and acoustic guitar, percussion)
Pat Ruh (electric guitars, 6, 11, and 12 string acoustic guitars, classical guitar)
John Mac Donald (fretless and fretted electric bass, acoustic bass)
Elliot Kessler (drums)
Antonio Gambrell (trumpet, backing vocals)
Tommy Meares (trombone)
Arne Wendt (keyboards)
Kat Vererosa (backing vocals)
Tanya Peterson (violin, viola, cello)
Chuggy Carter (percussion)
Dawn Van Arsdale (backing vocals)
Tracklist
01:Anymore
02:I Don't Know
03:The Lonely Writer
04:Window Pane
05:One Song At A Time
06:Soon You will Fly
07:Oh Oh You
08:One More Melody
09:Just One Of Those Days
10:Storm
11:The Goodbye Song
12:I Want You For Breakfast
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