Håkon Storm / Zinober
Zinober Spielzeit: 52:28
Medium: CD
Label: NORCD, 2012
Stil: Jazz

Review vom 10.04.2012


Wolfgang Giese
Mein werter Kollege Joe hatte bereits die Jazzproduktion des Gitarristen Håkon Storm mit dem Bassisten Thomas Winther Andersen, Patchwork, vorgestellt. Die dort ausgedrückte Begeisterung kann ich teilen. Nun hat Storm ein Soloalbum veröffentlicht. Ja, genau: nur mit Gitarre. Diese Instrumente wurden dabei verwendet: Guild F412 12-string, Ramirez 2cwe nylon, Taylor GT-8 8-string baritone, 1953 Gibson ES175, 1934 Gibson L-50, Gibson ES335, Raines 7-string classical. Angesichts der Fülle der verwendeten Gitarren darf man eigentlich auch eine Fülle verschiedener Klangfarben erwarten.
Und so erinnert mich der Eröffnungstitel, mit der Guild 12-String gespielt, gleich an die eine oder andere Solo-Exkursion von Ralph Towner. Kraftvoll prescht der Norweger mit antreibender Virtuosität nach vorn, scheinbar dahintreibend, aber dennoch mit einer gewissen Form. Strukturierter wird es dann mit "Waterfront". Hier ist eine achtsaitige Baritongitarre zum Einsatz gekommen und vermittelt eine stimmungsvoll balladeske Atmosphäre, aus der sich eine Melodie herauszuschälen scheint. So wird schon schnell die Ausrichtung klar, denn die Musik dieser Platte vereint Ruhe, Harmonie und Aufbruchsstimmung gleichermaßen. Experimentelles steht neben Bewährtem - Meditation neben aufrührerischem Aufbegehren. In erster Linie sicher eine 'Zuhörmusik', aber auch im Hintergrund abgespielt besitzt diese Musik genügend Potenzial, um aufzufallen. Einmal eingefangen, ist man gefesselt und wartet schon fast ungeduldig auf den nächsten Titel - neugierig darauf, was dieser nun bringen mag.
"Soldatsang" ist wieder anders. Hier scheint ein Synthesizer die Weite skandinavischer Landschaft darstellen zu wollen, verhalten im Hintergrund, bis darüber die Solo-Gitarre lyrische Muster spielt. Dies ist einer meiner liebsten Titel - das ist so wunderbar verträumt, das strahlt mit diesem dezenten folkloristischen Anstrich tief in die Seele. Der Sound stammt von einem Vibesware GR-1 guitar resonator.
Insgesamt gibt es stets neue Anflüge an bereits Bekanntes aus der Sparte Sologitarre, seien es neben dem bereits erwähnten Towner Musiker wie Leo Kottke oder John McLaughlin. Doch sind diese nur als Bestandteile eines Ganzen zu verstehen, als Einflüsse vielleicht, denn mit vierundvierzig Jahren ist der Norweger schließlich noch nicht so alt, um nicht auch Entwicklungsanstöße jedweder Art erhalten haben zu können. Jedoch hat er mittlerweile seine eigene, vielse(a)itige Stimme entwickelt, wie zum Beispiel auf "Wow" nachzuhören, wenn er dort eine Talkbox einsetzt, um Effekte einzustreuen.
Also kann man mit vielerlei Einflüssen rechnen, die aus Folk, Jazz, Blues und Rock stammen. So erklärt sich dann, wenn man einmal glaubt, Rockiges zu hören, das aber doch irgendwie jazzig klingt. Darüber vergisst man fast völlig, dass dieser Titel, "Tamara", eigentlich nur völlig improvisiert ist. Fast pastoral und einer kirchlichen Hymne zugleich, werden wir verabschiedet.
Alles in Allem eine wirklich gute und abwechslungsreiche Platte, die jedem Freund der Gitarre ans Herz zu legen sei, und all jene, die hochwertige und beschauliche Musik, die auch einmal etwas 'quer' sein kann, gleichermaßen mögen, sollten hier unbedingt zugreifen!
Line-up:
Håkon Storm (guitars)
Tracklist
01:Scamsmacker (2:53)
02:Waterfront (3:09)
03:Sea & Mist (4:20)
04:Zinober (2:45)
05:Soldatsang (4:42)
06:Snømann (4:23)
07:Wow (5:06)
08:Tamara (2:14)
09:Cacadou (4:38)
10:Miramis (3:37)
11:The Resurrection Of The Cool (2:44)
12:Kobolt (2:47)
13:Detuned (2:47)
14:Oker (2:00)
15:Canon (2:41)
(all tracks composed & arranged by Håkon Storm,
except #15 Antonio Caldara, 1670-1736)
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