Ich hatte ein großes Verlangen, einen sehr persönlichen Abschnitt meines Lebens musikalisch zu verarbeiten
Rocktimes Interview Julian Sas hatte in der Vergangenheit einen schweren Schicksalsschlag zu verarbeiten. Dass sein erst kürzlich erschienenes Werk "Bound To Roll" stark in Verbindung mit einem für ihn und seine Frau traurigen Erlebnis steht, wird anhand dieses Interviews sehr deutlich. So entwickelte sich ein Gespräch, bei dem er sich sehr viel Zeit nahm, um unsere Fragen sehr ausführlich zu beantworten.


Interview vom 09.07.2012


Mike Kempf
Rocktimes: Hallo Julian, Im Dezember 2010 hatte ich das Vergnügen, dich bei einem sehr informativen Interview kennen zu lernen. Der Kontakt ist seitdem, was ich natürlich toll finde, nie gänzlich abgerissen. Vor kurzem hast du Bound To Roll auf den Markt geworfen, ein Album an dem du, wenn ich richtig informiert bin, zweieinhalb Jahre gearbeitet hast. Das heißt für mich, du wolltest mal wieder so richtig einen raushauen.
Julian: Genau, für mich ist diese Platte/CD sehr wichtig! Ich hatte ein großes Verlangen, einen sehr persönlichen Abschnitt meines Lebens musikalisch zu verarbeiten. Ich habe mit meiner Frau ein Kind verloren und das Verarbeiten dieses traurigen Ereignisses hat viel Zeit gebraucht. Ich habe alles mit Musik verarbeitet, meine Emotionen, unsere gemeinsame Trauer, unsere Gefühle usw.
John Lee Hooker hat einmal gesagt »Blues is the Healer«, und so gilt das auch für mich. Es war eine schwere Zeit für uns, aber wir haben zusammengehalten, um unsere Trauer gemeinsam zu verarbeiten. Letztlich bin ich sehr stolz darauf, dass wir den großen Schmerz überwunden haben und nun wieder nach vorn schauen. Mittlerweile, wie ich dir bei unserem letzten Interview erzählte, ist unser Sohn Joshua zu Welt gekommen. Du kannst dir sicherlich vorstellen, dass wir sehr froh sind; er ist gesund und er bereitet uns jeden Tag viel Freude.
"Bound To Roll" ist bei den Fans sehr beliebt und ich habe weltweit Reaktionen von Leuten erhalten, die das gleiche Schicksal durchgemacht haben. Deshalb ist das Album nicht nur für mich, sondern auch für alle, die mir geschrieben haben, ob aus Brasilien, den USA oder aus Deutschland, sehr wichtig. Wenn du so willst, habe ich mich mit der Platte selbst therapiert und seitdem geht es mir viel besser als vorher. Hör dir mal "Burning Bridges" an, ein Song über die damalige Situation. Ich habe ihn geschrieben und bin mächtig stolz darauf. Hör ihn dir an, du wirst verstehen.
Rocktimes:Julian & Mike Mensch, Julian, da habt ihr aber eine schwere Zeit durchmachen müssen, nachträglich mein Beileid! "Burning Bridges" ist einer meiner Favoriten. Als ich ihn das erste Mal hörte, dachte ich noch, dass ich von dir noch nie einen gefühlvolleren Song gehört habe. Neben dem Text, um dessen Bedeutung ich nun weiß, finde ich dein Gitarrenspiel einfach genial. Kann man sagen, dass du das Lied deiner Frau gewidmet hast?
Julian: Volltreffer Mike. "Burning Bridges" war von Anfang an als eine Widmung für meine Frau gedacht. Ich hatte bereits einen Instrumentalsong im Kopf und habe dann irgendwann den Text dazu geschrieben. So entstand "Burning Bridges". Ich bin sehr stolz auf die Nummer, weil es alles über diese schwierige Zeit erzählt.
Das Solo einzuspielen war einfach. Es war nur das Gefühl, welches ich brauchte, um den Song perfekt in Szene zu setzen. Obwohl mir das Stück sehr ans Herz gewachsen ist, war es für mich anfänglich nicht einfach, an dem Song rumzufeilen. Doch ich war mir sicher, "Burning Bridges" musste unbedingt aufs neue Album!
Wenn ich mit meiner Band die Nummer unseren Fans live vortrage, dann wird das Publikum bemerken, welche Bedeutung "Burning Bridges" für mich hat. Und genau das ist es, worum es mir als Performer in erster Linie mit meiner Musik geht: Das Verschmelzen von Fans mit mir, meiner Band und meiner Musik. Das ist es, was mir sehr viel bedeutet.
Rocktimes: Ich habe bei dir eh das Gefühl, dass für dich deine musikalische Selbstverwirklichung sehr wichtig ist. Warum hast du "Life On The Line" als Single-Auskoppelung gewählt, beziehungsweise als ersten Song zum Downloaden angeboten?
Julian: Für mich ist nicht entscheidend, wie populär ich bin, dass ich Millionen von Euros auf meinem Konto habe. Seitdem ich musiziere, bin ich immer mit vollem Herzen, viel Gefühl und Emotionen, dabei. Ich denke, dass sich das auch auf mein Gitarrenspiel positiv auswirkt. Ohne diese Einstellung wäre ich erst gar nicht Musiker geworden.
"Life On The Line" ist aus einer Jamsession entstanden, ebenso wie "Mercy". Beides waren sozusagen die ersten Tracks des Albums und ich habe sie auch gleich als erste Songs auf "Bound To Roll" platziert. "Life On The Line" ist praktisch mein Feedback über die Situation in Europa. Viele Länder sind über beide Ohren verschuldet, die Eurokrise, die hohen Lebensunterhaltskosten, die ein jeder von uns aufbringen muss, usw. Die meisten von uns arbeiten hart, aber das Überleben wird immer schwieriger und was macht die Politik? Ist es in Ordnung wenn ein Bankchef seine Bank in den Ruin wirtschaftet und als Belohnung noch eine fette Abfindung kassiert? Und ich könnte dir noch viel mehr Beispiele nennen. "Life On The Line" sagt auch: Ich habe euch alles gegeben, aber war es auch genug für euch? Ich denke, die Lyrik ist für jedermann gut verständlich. Zusammen mit einem 'threatening'-Gitarrenriff, welches ich sehr liebe, entstand das Lied. Du wirst es kaum glauben, aber anfänglich war ich bezüglich des Riffs sogar etwas ängstlich (lacht). Ich habe für mich festgestellt, wenn ich mit ein wenig Angst oder Zurückhaltung an ein Riff herangehe, wird es umso besser (lacht). Ich liebe es, wenn Songs aus einer Jamsession heraus entstehen, wenn der Bass und die Drums mein Gitarrenspiel unermüdlich vorantreiben. Oftmals brauche ich beim Entstehenden eines Liedes für eine Single-Auskoppelung das gewisse Feeling, so wie "Life On The Line". Wenn meine Jungs mich mit erstklassigem 'Lazy Beat' und 'Laidback'-Groove anfeuern, ich sag's dir, dann geht bei uns die Post ab. Im Übrigen haben wir auf meiner Homepage (siehe unteren Link) mit "Tear It Up" einen zweiten Song zum Downloaden angeboten.
Rocktimes: Es gibt viele Musiker, die ihr Album komplett allein einspielen. Wie muss ich mir das bei dir vorstellen? Trommelst du deine Band zusammen, trefft ihr euch im Studio und los gehts? Inwieweit dürfen sich deine musikalischen Mitstreiter bei der Umsetzung einer neuen Platte mit einbringen?
Julian: Allein einspielen war und ist nicht mein Ding, ich liebe das Live-Gefühl mit meiner Band, auch im Studio. Nur so entsteht für mich die totale Energie, die wir für die Entwicklung einer tollen Platte benötigen. Overdubs wie Rhythmusparts oder Gitarrensoli spiele ich ebenfalls fast nie allein, meistens ist Tenny mit dabei und wir genießen die gewisse Vertrautheit, die unter uns besteht. Es ist auch einfach gemütlicher, wenn wir zusammen im Studio sind, als wenn ich allein musiziere. Außerdem ist Tenny immer sehr kritisch, genau das, was ich brauche (lacht). Meistens treffen wir uns komplett im Studio, also auch mit Rob und es bedarf nur weniger Worte und schon jammen wir drauf los. Dabei passiert es nicht selten, dass sich dabei ein Song entwickelt. Oftmals übermannt uns das Gefühl, das sich beim Jammen ein Tophit entwickelt. Wenn mein Gefühl sagt, okay, dann ist es auch für die Band in Ordnung. Das Gute an uns ist, dass wir nie zu einer Überproduktion neigen. Ich selbst habe zum Beispiel Probleme, wenn ich mir überproduzierte Platten anhöre. Die wirken zwar meistens nahezu perfekt, doch letztlich sterben sie an Langeweile. Verstehst du?
Rocktimes: Ja Julian, ich verstehe, ich habe ähnliche Probleme, wenn ich musikalisch perfektionistisch konfrontiert werde.
Julian: Genau, deshalb liebe ich Bands zu hören, wie zum Beispiel Fleetwood Mac, als
Peter Green noch mitwirkte. Ich halte es mit meiner Band so: Beide können sagen und einbringen was sie wollen, das ist für mich kein Problem. Im Gegenteil, wir treten gemeinsam bei Konzerten auf und es ist mir wichtig, dass wir zusammen mit Stolz und Freude unsere Songs den Fans präsentieren. Meine Jungs haben immer gute Ideen auf Lager, und ich bin ja nicht eine Einmann-Band oder diktatorisch veranlagt. Nein Mike, wir leben in einer Demokratie, also behandele ich meine Band absolut gleichwertig! Rob und Tenny gehören zu meiner Familie, so wie einst Rory mit Gerry McAvoy eng verbunden waren, oder wie bei ZZ Top oder wie es meine Helden AC/DC noch sind. Wenn man, so wie wir, oft und lang zusammenspielt, dann wird man immer vertrauter, verwächst immer mehr miteinander, versteht sich immer besser, nicht nur als Musiker, sondern, und dass ist für uns auch sehr wichtig, auch als Mensch. In meiner Karriere habe ich zahlreiche Angebote erhalten, um mit dieser oder jener Band zu spielen, doch das kam für mich nie in Frage! Meistens geht es um reine Bluesjamsessions, die ich in meinem Leben schon zu oft gehört habe, verstehst du? Falls ich aber gefragt werden würde, ob ich außerhalb des Blues, also mal was ganz anderes mitmachen möchte, warum nicht? O.K., wenn die Allman Brothers oder Warren Haynes bei mir, zwecks eines Bluesjams, anfragen würden... ich glaube, da könnte ich dann doch nicht ablehnen (lacht).
Rocktimes: Noch besser, wenn dich die Youngs zum Jammen einladen würden (lache)! Julian, ich habe bisher recht wenig über Rob Heijne und Tenny Tahamata gelesen. Erzähl doch ein wenig über die Beiden, über ihre Charaktere oder über ein richtig witziges Erlebnis, was du mit ihnen hattest.
Julian: Okay, die Youngs wären auch nicht schlecht (lacht). Zu Rob und Tenny: Beide sind sehr gute und ehrliche Menschen, ausgezeichnete Musiker und sind sich ihrer Musik die sie spielen, immer treu geblieben. Tenny ist am Bass einer der besten Techniker die ich kenne. Er ist beim Musizieren sehr konzentriert und spielt dabei immer mit sehr viel Gefühl. Ob vier oder fünf Strings, für ihn kein Problem. Außerdem ist er immer auf der Suche nach Neuigkeiten für sein Spiel und er liebt Funky-Steady-Bass. Ihn kann ich uneingeschränkt als meinen Freund bezeichnen und wir haben die letzten elf Jahre sehr viel erlebt, auch witzige Sachen (lacht). Tenny liebt, so wie ich, die Musik und seine Familie über alles. Wenn er nicht gerade live aktiv ist, spielt er meist bei Jazzrecords viele musikalische Stile. Sein weiteres Interesse gilt der Geschichte, den Musikinstrumenten und dem Film.
Rob ist ebenfalls ein sehr guter Musiker mit vielen musikalischen Interessen, auch für Pop, was ich natürlich nicht verstehe (lacht herzhaft). Er ist ein glänzender Techniker, spielt fast alle Stile und liebt Drum-Sounds. Wenn wir auf Tour sind, dann schlafen wir meistens in einem Zimmer, sprechen dann die ganze Nacht über das Leben, die Musik, über alles was uns so bewegt, bis wir irgendwann einpennen (lacht). Er ist ein sehr energiegeladener Mensch. Wenn er auf der Bühne ist, dann geht er ab wie ein Tornado! Und genauso lebt er auch, immer mit vollem Einsatz und Überzeugung! Sein Sohn ist genauso veranlagt, sie sind die positivsten Menschen die ich kenne. Er nimmt jede Probe von uns auf. Das hat den Vorteil, dass ich oftmals zum Beispiel von mir gespielte Riffs verloren glaubte, wieder finden kann. Rob hat alles auf Tape, jede Note, besitzt ein unglaublich großes Archiv von uns und ist deshalb für mich das Herz der Band. Ich habe alles in meinem Kopf abgespeichert, das hat mir den Spitznamen 'Reverend Brain' eingebracht (lacht), weil ich immer sehr lange darüber diskutieren kann - I can preach about the Music - verstehst du?
Rocktimes: Ja. Übrigens habe ich im vergangenen Herbst deine Heimat besucht. Genauer gesagt waren wir, meine Frau und ich, in Amsterdam. Ich muss sagen, die Stadt hat uns ausgezeichnet gefallen, viele alte Bauten, alles sehr gepflegt und sauber, und die Amsterdamer sind tolle, hilfsbereite Menschen. Wir waren sogar im Carrà und haben zum x-ten Male Joe Bonamassa live gesehen. Doch es hat mir damals nicht so gut gefallen, der Gig war zwar ohne Fehler, doch für meinen Geschmack war alles viel zu steril. Das Gleiche galt für das Publikum, Hauptsache die Haare waren schön, die Designerklamotten saßen perfekt und bei den Damen musste der Lippenstift glänzen. Dazu ein Glas Sekt in der Hand und zum Verzehr ein Kaviarschnittchen. Hauptsache man wurde gesehen, alles wirkte sehr oberflächlich. Und die Eintrittspreise waren richtig gepfeffert, so um die siebzig Euro. Die wahren Rockmusikfans, die wegen der Musik kommen, die sich in der Materie auskennen, habe ich vermisst. Bist du Bonamassa schon mal live begegnet, habt vielleicht gar zusammen musiziert?
Julian: Ja, ich weiß, das Carrà ist eine andere Welt, die Eintrittspreise sind viel zu teuer, wie übrigens generell in Holland und damit haben die Fans schon ein Problem. Letztlich können sich nur noch gut betuchte Menschen ein Konzert, zum Beispiel im Carrà, leisten. Und zu Bonamassa: Ich denke, sein Management hat aus ihm einen Künstler gemacht, der sich prima vermarkten lässt. Deshalb kommt er in solchen Theatern wie dem Carrà sehr gut an. Wenn er sich für diesen Weg entschieden hat, ist es für mich völlig okay. Ich selbst hatte nur einmal mit ihm zu tun, es war bei einem Festival in Groningen und wir wechselten nur wenige Worte. Wir sind zwei verschiedene Personen, vor allem wenn es um das Gefühl für Musik geht, da unterscheiden sich unsere Spielweisen extrem. Direkt zusammengespielt haben wir noch nicht. Der Zeitplan in Groningen gab vor, dass ich vor ihm spielen sollte, doch er wollte das nicht. Ich sollte unbedingt nach ihm spielen und alles musste geändert werden! Ich sag's dir, es war für die Organisatoren ein Riesenaufwand das Programm zu ändern. Es gab etliche Gespräche mit seinem Manager und dem Veranstalter. Letztlich viel 'Blabla' mit dem Ergebnis, dass ich nach ihm spielen musste. Im Prinzip ist es mir egal, wann und ob ich vor einem oder nach einem spiele. Doch Bonamassa hat seine Show, nach dem ganzen Hickhack, glatt um eine Stunde überzogen.
Sowas macht man einfach nicht, schließlich sind wir alle Kollegen, die die gleiche Musik spielen. Was auch immer passiert, jeder Musiker sollte den anderen respektieren und nicht einfach von sich aus seine Show um eine Stunde überziehen. Du kannst dir sicherlich vorstellen, dass er mit dieser Aktion bei mir nicht gerade Sympathiepunkte gesammelt hat. Doch ich glaube immer an meine eigene Kraft, Stärke und Energie und habe anschließend die Fans fast verrückt gespielt. Er hat unseren Gig ein wenig verfolgt. Als ich nach dem Konzert das Publikum vollster Zufriedenheit hinterließ und ich den Backstage betrat, hat er kein einziges Wort gesagt. Es war und ist mir auch nicht wichtig. Ich bin ein besonnener Mensch, ich meinte nur zu ihm »No hard Feelings«. Er ist dann seines Weges gegangen. Aber gut, er hat sich für seinen Weg des Blues entschieden, so soll es sein. Letztlich sprechen wir beide dieselbe Zielgruppe an: Fans die das gute Gitarrenspiel lieben und das ist das Wichtigste. Trotzdem möchte ich nicht einen falschen Eindruck erwecken! Joe ist ein guter Gitarrist , aber sein Stil ist nicht der meine. Ich liebe es mehr zu jammen, am liebsten im Stil der 70er, etwa wie Gallagher, Winter oder die Allman Brothers. Ach Mike, ich denke du verstehst, wie ich es meine. Im übrigen alles nette Geschichten, von denen ich später meinen Sohn viel zu erzählen habe (lacht herzhaft).
Rocktimes: Das sind dann für deinen Sohn die perfekten Gute-Nacht-Geschichten (lache). Um nochmal auf "Bound To Roll" zurückzukommen: Welche Gitarren hast Du bei den Aufnahmen zum Einsatz gebracht? Und wie oft wurde die Platte schon verkauft, gibt es da erste Zahlen? Ich habe gehört, dass die erste Pressung schon komplett abgesetzt wurde.
Julian: Mike, du hast dich vorab wohl wieder mal glänzend infomiert, oder? (lacht). Der Verkauf von "Bound To Roll" verlief bisher spitzenmäßig. Die Platte hat eben die vierte Pressung erlebt. Das ist für ein Blues Rock-Album recht ansprechend, ich kann nicht meckern. Und zu deiner ersten Frage: Mike, du hast es nicht anders gewollt (lacht). Also, ich habe folgende Gitarren zum Einsatz gebracht: Natürlich meine geliebte Patrick Koppman Strat, dazu spielte ich auf einer Gibson Explorer, zwei Gibson Les Pauls, eine Gibson Junior, eine Gibson Firebird, je eine Fender Stratocaster und Telecaster, eine Gretsch Electromatic, eine Dan Electro fürs Sliden, eine Guild-12-String und eine Martin D 28 Akustik. Reicht das? (lacht herzhaft). Nicht zu vergessen die Marshall JCM 900 und die zwei Fender-Bassmann-Amps. Mein Gott, ich staune selbst, was ich da eben alles aufgezählt habe. Aber es bereitet mir immer wieder sehr viel Freude, wenn ich mit meinen Gitarren spiele. Jede hat für sich eine andere Stimme, einen anderen Klang, einen anderen Sound. Ich denke es ist von Vorteil, wenn man im Studio eher mehr Gitarren als zu wenig zur Verfügung hat. Jede von ihnen passt zu einem bestimmten Song. O.K., ich habe das große Glück, dass ich reichlich ausprobieren kann, wobei ich meist den Sound für ein Lied bereits im Kopf habe. Im Prinzip brauchte ich für dieses Album all die eben erwähnten Klampfen. Wenn ich mir die Platte immer mal wieder vorspiele, höre ich jeden Sound, jedes kleine Detail meiner Gitarren heraus. Ich sag es dir, ich bin dann immer wieder aufs Neue happy (lacht). Manchmal denke ich, ich bin ein bisschen verrückt, weil ich meine Gitarren, neben meiner Familie und meiner Band, über alles liebe. Letztens habe ich bei einem Kollegen mit einer Gibson SG 61 mitgespielt, sie hat sich dem Stil meines Kollegen, dem Southern Rock, perfekt angepasst. Ich will damit sagen, nicht jede Klampfe passt automatisch zu jedem Stil. Für mich hat jede Gitarre ein eigene Seele, auch ein Grund warum ich immer wieder in gute Gitarren investiere. So bin ich sehr flexibel und kann mich in fast allen Genres bewegen. Letztlich ist es ein Rad ohne Ende, ich bin immer noch ein Gitarren-Student (lacht herzhaft). Ich werde nie müde mich stetig weiterzuentwickeln, jeden Tag lerne ich was dazu. Und glaube mir, es gibt noch so VIEL zu entdecken, zu komponieren, zu spielen...
Was, eine Gibson 61? Wow, die hat ja einen richtig fetten Sound! Auch ein Grund, warum ich Angus Young so liebe (lache). Jetzt hast du mich aber neugierig gemacht. Bei welchem Kollegen hast du mitgespielt? Nutze die Chance, um hier ein bisschen Werbung zu machen (lache)
Julian: Ich habe mit vielen Leuten zusammengespielt - z. B. mit
Walter Trout, Larry Garner, Tommy Katona, mit den Jungs von der Gallagher Band, Mc Avoy, und Brendan O'Neil und Lou Martin. Dann noch mit Louisiana Red, als Support von Gov't Mule, zweimal bei Lynyrd Skynyrd. Mit Gary Moore habe ich zusammen auf der Bühne gestanden, anschließend habe ich mit Gary viel diskutiert und später mit seinem Bruder Cliff noch ein bisschen gejammt. Nun gut, ich kann dir noch mehr sehr vieler Musiker aufzählen (lacht).
Rocktimes: Nur zu!
Julian: Okay, da fällt mir spontan noch Ian Siegel ein. Und mit Kaz Lux von Brainbox. Mann, das war interessant. Mit Snowy White und Matt Schofield habe ich ebenfalls musiziert usw... Mike, ich verrate dir was (augenzwinkernd): Zurzeit spiele ich mit Freunden im Stil von AC/DC und Airbourne! Allerdings covern wir hier nicht einen Song der eben genannten Kapellen, sondern schreiben alles selber. Ich helfe mit, der Band ein Profil zu geben, doch wenn die Truppe losgelassen wird, haue ich lieber ab (lacht). Ist ja auch irgendwie nicht mit meinem Stil zu kombinieren. Aber ich bin mir sicher, aus Holland wird es bald eine neue gute Band geben, die vermutlich auf den Namen Boogiebone getauft wird. Aber da bin ich mir nicht sicher, hören wird. Sobald die ersten Aufnahmen veröffentlicht werden, gebe ich dir Bescheid.
Ich selbst spiele momentan viel akustische Sachen und ich bin sogar gefragt worden, ob ich nicht an einem Country-Album mitwirken möchte; mit einer Sängerin... klingt für mich jedenfalls interessant. Mal sehen, was letztlich daraus wird. Ich habe jetzt erstmal zwei Monate frei, die nutze ich für neue Projekte. Momentan schwirren so um die zwanzig neuen Ideen durch meinen Kopf, vielleicht können meine Fans mit "Bound To Roll II." rechnen (lacht).
Da würde ich dich am liebsten gleich beim Wort nehmen. In der Tat ist die Liste derer, mit denen du schon musiziert hast, ellenlang. Sag mal, seit fast drei Jahren habe ich dich nicht mehr in Berlin gesehen, aber jedes Jahr im November spielst du in Bonn. Ich gehe mal davon aus, dass du zu der Bonner Harmonie ein besonderes Verhältnis hast.
Julian: Tja Mike, wie der Zufall es will habe ich eine Agentur gefunden, die für mich eine Deutschlandtour organisieren kann. Ich denke, ich bin mit meiner Band bald wieder in Berlin. Ob es in diesem Jahr noch klappt, kann ich nicht sagen. Was Bonn betrifft, da hast du schon recht. Der Veranstalter ist ein guter Freund von mir, die Halle ist immer ausverkauft und die Fans sagenhaft. Bonn - that is my hometown - (lacht). Die Bonner Harmonie ist was ganz Spezielles und ich liebe es, dort zu spielen. Es ist wie ein Fanclub-Tag mit tollen, enthusiastischen und sehr fachkundigen Fans. Die Konzerte sind immer sehr lang und wir spielen meist drei Stunden oder mehr. Seit gut zehn Jahren treten wir in der Harmonie auf und sie ist aus unserem alljährlichen Tourplan gar nicht wegzudenken.
Rocktimes: Wenn du von heute auf morgen Ministerpräsident von Holland werden würdest, was würde sich alles ändern?
Julian: Soll ich beim Fußball anfangen? (lacht) Die ganze Panikmache, vor allem vor dem Spiel Niederlande gegen Deutschland. Hey Mann, es geht doch nur um Sport, um Fußball. Sollte es jedenfalls. Ich würde auf mehr guter Zusammenarbeit von Skandinavien mit den Deutschen setzen. Ich würde mehr Geld für Kultur und Musik zur Verfügung stellen und natürlich für verbilligte Tickets sorgen (lacht). Mehr Freiheit für die Menschen in den Niederlanden. Unser Land ist nämlich gar nicht so frei, wie immer behauptet wird. Es gibt sehr viele Regularien, zu viele! Und jede Familie würde von mir eine Gitarre geschenkt bekommen (lacht herzhaft). Im Ernst, ich denke, in der Musik bin ich besser aufgehoben, dass ist das, was ich am besten kann und am meisten, neben meiner Familie, liebe.
Rocktimes: Julian, wenn du dieses Jahr auf deinem Tournee-Plan Berlin wieder vergisst, dann muss ich nächstes Jahr wohl nach Holland kommen, um mir von dir allerfeinsten Blues Rock um die Nase wehen zu lassen (lache).
Julian: Du kannst bei mir niemals nie sagen. So wie es zurzeit aussieht, werde ich noch dieses Jahr in Berlin spielen. Doch wegen der weltweiten Krise hat sich auch das Musikbusiness geändert. Es gibt mittlerweile nicht mehr so viele Festivals wie noch vor ein paar Jahren, und zahlreiche Clubs haben die Türen für immer verschlossen. Ich will damit sagen, dass es für einen Booker nicht so einfach ist, einen Club zu finden. Sicher, es geht meistens ums liebe Geld, doch es ist nicht alles. Ich kann es gar nicht so genau beschreiben, aber es ist ein seltsames Gefühl, das in mir herrscht. Uns stehen wohl schwierige Zeiten bevor.
Klar will ich auch in Berlin spielen. Doch falls Du nach Holland kommst, freue ich mich genauso. Du weißt, was Dich dann erwartet: Den Blues Rock, den du auch nur von mir und meiner Band geboten bekommst, eben unseren eigenen Stil.
Rocktimes: So Julian, im Namen unser Redaktion möchte ich mich bei dir für die Zusage des Interviews bedanken. Und so wie ich es immer mit meinen Interviewpartnern halte, gehört das letzte Wort dem Befragten.
Julian: Ich grüße alle meine deutschen Fans und freue mich sehr auf die nächsten Deutschland-Konzerte. Bluesige Grüße aus Holland!
Externe Links: