Lisbee Stainton / Girl On An Unmade Bed
Girl On An Unmade Bed Spielzeit: 42:oo
Medium: CD
Label: India Media/Rough Trade, 2010
Stil: Singer/Songwriter

Review vom 02.10.2010


Joachim 'Joe' Brookes
Das Meer von Singer/Songwritern ist riesig. Da muss man seine Ohren schon ganz schön lange an der Brandung haben, um auf ansprechende Künstler zu treffen, die größeres Interesse verursachen. Bei Lisbee Stainton ist das definitiv der Fall. Die einundzwanzigjährige Rothaarige aus London wird als 'The English Rose With The 8-String Guitar' bezeichnet und entdeckt hat sie der BBC 2 - sowie BBC 6music-Radiomann Tom Robinson. Via MySpace wurde er auf die junge Musikerin aufmerksam. Der Song "Red" hatte es ihm angetan und so brachte er den Ball ins Rollen.
Staintons Karriere ist noch so frisch, dass es gar nicht soviel mehr zu schreiben gibt. Vielleicht noch, dass sie als erste Künstlerin ohne Labelvertrag schon in der Londoner O2-Arena vor 30.000 Menschen auftrat und mit Joan Armatrading bereits in unseren Breitengraden getourt ist.
Bei der Klasse des Albums darf ich schon an dieser Stelle darauf hinweisen, dass Lisbee Stainton Ende Oktober 2010 für fünf Konzerte in Deutschland unterwegs ist. Sternwede, Oberhausen, Bonn, Frankfurt und Hamburg sind die Stationen.
Die Stainton hat ein ganzes Dutzend Songs auf ihrem Debüt-Album, darunter auch eine Neubearbeitung ihrer ersten Single "Red". Dieses Lied erfreut sich einer großen Bekanntheit auf der Insel und da kann man durchaus von einem Hit sprechen.
"Girl On An Unmade Bed" geht mit zwölf schmeichelhaften Streicheleinheiten unter die Haut. Von der Instrumentierung bis zum Sound stimmt hier alles. Lisbee Stainton hat das Album in den legendären Abbey Road Studios unter Regie von Rupert Christie, der sich auch unter den Begleitmusikern befindet, aufgenommen. Christie hatte in unterschiedlichen Funktionen bereits mit U2, Green Day,
Echo & The Bunnymen, Kate Bush, Mike Oldfield oder Lou Reed zu tun. Bei so viel künstlerischer Kompetenz darf man ihm die Werbespot-Zusammenarbeit mit einem schwedischen Möbelhaus, bei dem der Inbusschlüssel die Hauptrolle in der Möbelkonstruktion spielt, verzeihen.
Schon geht es los mit dem Spinnen des Cocons, in dem uns Lisbee Stainton gefangen nimmt. "Red" hat eine Walzertaktung und kommt gleich mit großer Besetzung daher, denn das London Metropolitan Orchestra ist im Line-up vertreten. Die machen bei der glasklaren, wunderschönen Stainton-Stimme ein wenig Streicherdramatik und außerdem wurde viel Detailverliebtheit bei der Gestaltung der Rhythmik investiert. Da gibt es nicht nur Darren Williams an den Drums.
Weniger ist oft mehr. Den Titeltrack "Girl On An Unmade Bed" spielte sie ganz alleine ein. Bei dieser herrlichen Stimme hört man sie natürlich auf vervielfachte Weise als Chor. Stainton fingerpickt ihre achtsaitige akustische Gitarre, die, wie es aus dem Informationsblatt hervorgeht, von Joe White gebaut wurde. Mit Nylonsaiten ausgestattet verändern die beiden zusätzlichen Strings den Sound hin zur Laute. Perkussive Elemente enthält der Song auch noch.
Nächste Überraschung: Nach dem Folk-Walzer kommt der Jazz an die Reihe. Wow, welch ein Song. Da geht einem das Herz auf. Welche Brillanz! Ja, Lisbee, spinne nur weiter, du machst das schon. "Is Whispering" ist großartig und schon hier wird klar, dass wir es nicht mit irgendeiner Trällergöre zu tun haben, die mit Piepsestimme nervt. Am Schluss hat Jon Bishop noch ein kurzes jazz-bluesiges Gitarren-Outro für den verzückten Hörer auf Lager. Gleich noch einmal, bitte. Etwas typischer im Jazz verwurzelt ist "Rainbow" wegen des Saxofons. Matthew Sharps sanfte Cellotöne sind das Ungewöhnliche im Track. Klasse!
Wenn sich in "Underground" eine Dampflok in Bewegung setzt, sich aus der Stainton-Station dem Horizont nähert, die junge Londonerin wieder einmal einen Track solo spielt und singt, darf man inklusive den bereits gehörten Liedern an Loreena McKennitt denken. Ohne zusätzliche Percussion oder Chor ist "Wait For Me" dann Lisbee ganz pur. Nur begleitet von der 8-String Guitar funkelt ihre Stimme wie ein Stern am nächtlichen Himmel.
"Never Quite An Angel" macht mit Mandoline, einem letzten Mal dem London Metropolitan Orchestra und einer süßen Kinderlied-Melodie den Sack zu. Diese Nummer ist für mich hitverdächtig.
Genauso, wie das gesamte Album. In zweiundvierzig Minuten wird die junge Frau zu einer Sympathieträgerin der Singer/Songwriter-Bewegung. Man darf gespannt darauf sein, womit der rothaarige Stern als nächstes überzeugt.
Line-up:
Lisbee Stainton (vocals, nylon string guitar, steel string guitar, 8-string guitar, percussion)
Jon Bishop (acoustic guitar - #1, nylon electric guitar - #3, electric guitar - #5, bass - #3, nylon guitar - #7,9, banjo - #7,9, mandolin - #12)
Rupert Christie (bass - #1,5,9,12, keyboards - #1,3,5,9,12)
Rain (guitars - #6,8,11, flute - #11, keyboards - #6,8,11, bass - #6,8,11, drums - #6, percussion - #11)
Darren Williams (drums - #1,3,5,7,8,9,12)
Ian Bellamy (tenor saxophone - #8)
Jasmine Scott Neale (cello - #1)
Matthew Sharp (cello - #6,8,11)

Londo Metropolitan Orchestra:
David Juritz (violin - #1,5,7,9,12)
Tom Bowes (violin - #1,5,7,9,12)
Cathy Thompson (violin - #1,5,7,9,12)
Andy Brown (viola - #1,5,7,9,12)
Chris Fish (cello - #1,5,7,9,12)
Tracklist
01:Red (3:15)
02:Girl Under An Unmade Bed (3:16)
03:Is Whispering (2:47)
04:Underground (4:14)
05:Waiting Game (3:46)
06:Simply (4:53)
07:Harriet (2:41)
08:Rainbow (3:22)
09:Just Like Me (2:50)
10:Wait For Me (4:34)
11:Practice Room (2:56)
12:Never Quite An Angel (3:26)
Externe Links: