Micha Schellhaas / Double Take
Double Take Spielzeit: 43:01
Medium: CD
Label: Eigenproduktion 2015
Stil: Fusion

Review vom 23.02.2016


Wolfgang Giese
Micha Schellhaas wohnt in Los Angeles, geboren wurde er in Deutschland. Er spielt seit dem neunten Lebensjahr Gitarre. In Kalifornien ließ er sich 2013 nieder und im gleichen Jahr veröffentlichte er eine EP, "Wings Of Fire". Produziert wurde sie von Carl Verheyen, selbst als Gitarrist unterwegs, unter anderem bei Supertramp. Nun kommt das erste Album in voller Länge und bietet die gleiche Band wie bei der ersten Platte auf.
Nachdem die ersten Stücke durchgelaufen sind, stelle ich fest, dass bisher eigentlich nicht etwas wirklich Besonderes stattgefunden hat. Die Musik fließt recht gleichförmig, es geschieht nichts, das im Großen und Ganzen und im Besonderen etwas bietet, das Aufmerksamkeit erhaschen könnte. Gleichwohl, das musikalische Niveau ist hoch, das Gitarrenspiel ist einwandfrei und sauber, doch fehlt mir der besondere Kick. Das mag daran liegen, dass ich, was Fusion - hier zwischen Rock und Jazz - betrifft, etwas voreingenommen bin, weil ich seit Anbeginn der Siebziger dieses Genre mit Begeisterung verfolgt habe. Nun, seinerzeit war eine Zeit des Aufbruchs. Da loderte - ähnlich wie in den Vierzigern und Fünfzigern, als der Bebop das Feuer energisch entfachte - auch etwas, das die Jazzszene erneut in Wallung bringen sollte. Damit verbunden kam es natürlich auch zu Auswüchsen, immer schneller und immer komplizierter im Aufbau gestaltete sich die Musik so mancher Platte.
Und so scheint bei Micha Schellhaas nunmehr eine Art Gelassenheit zu regieren, mit Wertlegung auf ein mehrheitlich angenehmes Hörvergnügen. Er zeichnet sich durch sein hochwertiges Gitarrenspiel aus - sehr durchdacht, vielleicht manchmal ein wenig zu viel durchdacht, denn es fehlen Ausbrüche oder Berührungen zu Randbereichen, die insgesamt mehr Profil und Eigenständigkeit darstellen könnten. Gleichwohl gibt es innerhalb einiger Stücke dann doch kraftvolle Momente, wie gleich zum Schluss der Eröffnungstitels, wo eine ganz zarte Hinwendung zur Kraft des Mahavishnu Orchestras vernehmbar ist, wobei hier der Drummer die treibende Kraft zu sein scheint.
Darüber hinaus fehlt mir die gewisse kompositorische Kraft. Die meisten Songs klingen recht ähnlich. Nur das eine oder andere Stück schält sich, insofern wohltuend, aus dem Gesamtkonzept heraus, zum Beispiel "False Fork", ein sehr jazziger Titel, der elegant swingt. Schellhaas spielt hier ganz klar und akzentuiert, etwa in Richtung Supertramp. Dort spüre ich auch dann so etwas wie eine persönliche 'Duftnote'. "5&6" ist ein Stück mit Schwerpunkt auf Rock und der "Travel Song" treibt relativ leichtfüßig dahin. Dieser erinnert mich stark an den Song "Can't Find My Way Home" von Blind Faith hinsichtlich seiner Stimmung. Die Rhythm Section ist einwandfrei und stärkt dem Gitarristen wie dem weiteren Solisten, Keyboarder Jim Cox , mit elastischem Spiel den Rücken - allen voran der mehr als versierte, bekannte Session-Drummer Chad Wackerman.
Ganz zum Schluss wird auch noch Blues bemüht und gibt eine weitere Nuance frei. Allerdings ist es eher ein 'technischer' denn ein emotionaler Blues, der vorgetragen wird - es lässt mich relativ kalt.
Festzuhalten bleibt, dass Schellhaas ohne Zweifel ein sehr guter Gitarrist ist, der vielleicht noch einen kleinen Tritt mehr benötigt (als er ihn gelegentlich von Wackerman zu bekommen scheint), um mehr aus sich herauszukommen und Gefühle musikalisch nach außen zu kehren!
Line-up:
Micha Schellhaas (guitars)
Dave Marotta (bass)
Chad Wackerman (drums)
Jim Cox (piano, Hammond B3, Fender Rhodes)
Carl Verheyen (guitar, guest solos - #4,8, additional guitar/mandolin - #7,8)
Tracklist
01:Velocity
02:Ford F-150
03:Double Take
04:Your Turn
05:False Fork
06:5&6
07:Travel Song
08:Texaleans
09:Slow Blues For B.B.
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