Saxon / Sacrifice
Sacrifice Spielzeit: 39:30 (+ 22:50 Bonus-CD)
Medium: CD
Label: UDR / EMI, 2013
Stil: Metal

Review vom 11.02.2013


Jochen v. Arnim
Jetzt gehen die Stahlwerker aus dem Ruhrpott Britanniens nun so langsam aber sicher auf das vierzigste Jahr ihres gemeinsamen Bestehens zu - 2016 soll das groß gefeiert werden. Und immer noch sind sie nicht müde, mit schöner Regelmäßigkeit neue Alben auf den Markt zu werfen. Da gab es gute und weniger gute, und natürlich richtige Killer, die uns Hymnen von ewigem Bestand beschert haben. Ich möchte mich jetzt mal ganz weit aus dem Fenster lehnen und behaupten, die Zeit der wirklichen Hymnen ist durch, egal, wer am Werk ist. Hitpotenzial ist dabei ja immer das geflügelte Wort, aber Hit ist nun mal nicht gleich Hit. Wer kennt denn noch den Sommerhit des letzten Jahres? Und wer kennt "Crusader" oder "Heavy Metal Thunder", um nur mal ein paar ganz banale Beispiele zu geben? Noch Fragen?
Würde ich mir in realistischer Einschätzung der Situation noch neue Hits von Saxon wünschen? Heimlich, still und leise vielleicht, aber niemals offen ausgesprochen. Mir würde wahrscheinlich einfach nur ein weiteres gutes Album reichen. Call To Arms war zwar kein Über-Überhammer, aber dennoch klasse und in dieser Spur sollten sie bleiben, wenngleich es Kritiker gegeben hat, die dem Album etwas Abkehr vom wahren Metal und eine Hinwendung zum Hard Rock angekreidet haben. Sollte das auch zu Biff vorgedrungen sein, der seinen Mannen die klare Anweisung gegeben hat: »Seid roh, seid echt und habt keine Angst, Euch von unseren alten Klassikern inspirieren zu lassen!« ?
Mit "Sacrifice" opfern Saxon ihren Anhängern nun das 20. reguläre Album - stramme Leistung, auch wenn sie mit ihren Neuerscheinungen nie einen Innovationspreis bekommen haben. Zehn Stücke stehen auf der Liste, wobei ich den Opener "Procession" mal außen vor lassen möchte - zwei Minuten instrumentales Intro, mehr nicht. Aber dann folgt direkt der Titelsong und der kommt so beinhart daher, dass man ihm fast schon das oben erwähnte Potential zusprechen möchte. Da stimmt jeder Ton im kernigen Riff und der treibenden Rhythmusabteilung. Auch Biff hat nichts verlernt und schreit den Refrain in die imaginäre Menge, selbst höchste Schreie bekommt er hin. Da tauchen direkt tausende von synchron geschwungenen Fäusten vor dem inneren Auge auf. "Made In Belfast" eröffnet mit passender irisch anmutender Fidel, geht aber mit pumpendem Bass schnell zu einem zäh fließenden Metal-Riff über und auch hier kommt der Chorus sehr eingängig rüber. Danach sagt uns der durch das Intro jaulende F1-Motor bei "Warriors Of The Road" sofort, wo die Reise mit diesem Song hingehen soll. Direkt ein paar Gänge höher geschaltet fegen Quinn und Scaratt über die Saiten ihrer Gitarren, während Glockler und Carter den Song unablässig mit Schlagzeug und Bass nach vorne jagen, ganz zum Songtitel passend.
Die ersten Töne von "Guardians Of The Tomb" rufen leichte Assoziationen zu einem balinesischen Gamelan-Orchester hervor: Aber diese sind nur von kurzer Dauer, denn Sekunden später geht es wieder kräftig zur Sache. Inhaltlich soll es sich um die weltbekannten chinesischen Ton-Krieger drehen, die als Grabwächter für das Mausoleum des ersten Kaisers herhalten mussten.
Mit "Stand Up And Fight" geben Saxon eine altbekannte und immer wieder ziehende Parole aus, die jedoch hier etwas ungehört im Orbit verpufft. Danach wird es politisch, denn die Stahlwerker bringen mit "Walking The Steel" eine Hymne auf die Twin Towers und deren möglichen Wiederaufbau. Sowohl dieser als auch der danach kommende Song "Night Of The Wolf" vermögen es nicht, mich so richtig in aller Konsequenz zu überzeugen und ich muss bis zum vorletzten warten. Bei "Wheels Of Terror" stimmen die Ingredienzien wieder rundherum. Das Riff, der Rhythmus und der Gesang - natürlich wieder plakatives Repetieren der Titelzeile. Aber irgendwie wollen wir das doch von Biff hören, gelle?! Beim Rausschmeißer muss ich unweigerlich an Biffs Mikro-Kollegen von AC/DC denken, der das wohl nur unwesentlich anders gesungen hätte und auch die Instrumentierung könnte von den Jungs aus Oz stammen.
Kauft man sich die Standard-CD, dann ist hier Schluss, ebenso auf der Picture-Disk in Vinyl. Wer auf digitale Downloads steht, der darf sich noch über einen weiteren Song freuen, der diesem Promo-Paket jedoch nicht beiliegt. Das sog. Limited Edition Deluxe Digibook bietet neben den zehn regulären Tracks auch noch eine Bonus-CD mit fünf zusätzlichen Takes. "Crusader" als Orchesterfassung, "Just Let Me Rock" und "Forever Free" in überarbeiteter Neuauflage sowie "Requiem" und "Frozen Rainbow" in akustischer Fassung. Alles nicht zwingend und schon gar nicht neu, vielleicht ein nettes Extra, aber mehr auch nicht. Für den Rest jedoch bleibt nur zu sagen, dass sich die Band Biff Byfords Anweisung sehr zu Herzen genommen hat. Das ist durch die Bank, speziell in der ersten Hälfte, eine Rückbesinnung alter Tugenden und im Ergebnis ein Album aus grundsolidem ehrlichem Stahl, ganz so, wie wir es von Saxon erwarten!
Line-up:
Biff Byford (vocals)
Paul Quinn (guitar)
Doug Scaratt (guitar)
Nibbs Carter (bass)
Nigel Glockler (drums)
Tracklist
01:Procession
02:Sacrifice
03:Made In Belfast
04:Warriors Of The Road
05:Guardians Of The Tomb
06:Stand Up And Fight
07:Walking The Steel
08:Night Of The Wolf
09:Wheels Of Terror
10:Standing In A Queue

Bonus Disc:
01:Crusader (orchestrated version)
02:Just Let Me Rock (re-recorded)
03:Requiem (acoustic)
04:Frozen Rainbow (acoustic)
05:Forever Free (re-recorded)
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