Schluff Jull / 11.12.2010, Tach! Die Kneipe
Nettetal-Kaldenkirchen
Tach! Die Kneipe Schluff Jull
Tach! Die Kneipe, Nettetal-Kaldenkirchen
11. Dezember 2010
Stil: Jam Rock
Konzertbericht


Artikel vom 18.12.2010


Joachim 'Joe' Brookes
Schluff JullVielleicht wird der Schluff Jull-Termin im gemütlichen Tach! Die Kneipe in Nettetal Kaldenkirchen ja so etwas wie Tradition. Fast auf den Tag genau vor einem Jahr war RockTimes beim Gig der Jam-Rocker vom Niederrhein.
Zum fünfundzwanzigjährigen Jubiläum ist ein Live-Ereignis allemal angesagt oder besser: Pflicht!
Genug der Vorrede, denn es gibt sehr viel Gutes vom vorweihnachtlichen Auftritt zu berichten. Als hätte ein Wecker geklingelt war die gesamte Schluff Jull-Mannschaft pünktlich um 21:00 Uhr versammelt und legte von Beginn an eine Spur der Freude. Insgesamt neun Nummern des momentan aktuellen Albums Hang On To Your Dream standen bei dem über zweistündigen Konzert auf dem Programm. Um die Liste zu vervollständigen: Von Circlin' Round A Sun stammte "The Well". "On The Edge" sowie "Left Bank Blues" waren Zitate aus Colors For Your Ears. Darüber hinaus gab es noch zwei Coversongs. Dazu aber später mehr.
Schluff JullDas zehnte Bandmitglied Michael Arndt, der für den Sound zuständig war, hatte für einen glasklaren Klang gesorgt und alle Musiker waren bestens präsent. Relaxt im Tempo und mit Melodie der Marke Ohrwurm legte Schluff Jull los. "Thunderstorm & Me" war schon ein echter Hinhörer und wenn sich die Brass-Abteilung bereit machte, wuchs die Gänsehaut. Diese herrliche Klangkaskade vom Keyboarder Thomas Holtschoppen war wunderschön und selbstredend sorgte bereits das erste Gitarrensolo für Szenenapplaus.
Schluff JullMit "The Well" wurde mehr als deutlich, dass die Songs der Viersener Jam-Rocker den Stempel der Zeitlosigkeit verdienten. Selbst ältere Nummern sorgten ohne Schwierigkeiten für mächtig gute Stimmung in der Kneipe mit dem besonderen Flair. Mit einem entspannten Karl-Heinz Bockholt-Groove und einem melodischen Bassspiel von Detlef Jacobs wurde die Handbremse gelockert und Schluff Jull rockte das Tach!. Der Saxofonist Horst Schulz befand sich mit seinem beseelten Solo auf der Überholspur des Highways und Heinz Wiskozil schälte bei seiner Alleinfahrt den Asphalt von der Piste. Mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung setzte man ein tolles Break. Super!
Schluff Jull"The Passenger" hatte ein gewisses Country-Feeling im Gepäck und zu Olaf Kalembas E-Gitarren-Solo gab es herrliche Bläser-Begleitung. Da war man doch sehr gerne Fahrgast in der ersten Klasse des Schluff Jull-Zuges. Bei einem weiteren älteren Song, den Olaf seinem Bühnennachbarn Heinz widmete gönnte Holtschoppen, der seinen Arbeitsplatz abermals auf dem Poolbillard-Tisch über der Band inne hatte, seinen schwarzen und weißen Tasten für einige Momente eine Ruhepause und spielte die Bluesharp. Georg Rikken blies ein einfach geiles Trompetensolo und dann war Holtschoppen mit swingenden Keyboards zur Stelle. Es ist immer mächtig etwas los bei einem Schluff Jull-Konzert und die Band wurde mit lautem Beifall sowie Pfiffen der Zustimmung gefeiert. Diese Formation hat Format und versteht sich auch als Rock'n'Roll-Band.
Schluff JullFür "Signs Of Life" sowie "Like Rain" hatte die Combo für ihre Traumwelt eine imaginäre Großleinwand aufgespannt. Lieder von solcher Qualität ließen den Pegel der Stimmung ansteigen und nicht nur mit seinen hier präsentierten perlenden Tastenläufen versenkte der Keyboarder treffsicher alle Billardkugeln in die sechs Taschen des Poolbillard-Tisches unter ihm. Rikken entwickelte bei seinem Trompetensolo mit Dämpfer Bilder einer Großstadt bei Nacht mit viel reflektiertem Licht auf der nassen schwarzen Masse. Wunderschön! Kalembas Gesang war eine emotional engagierte Samstagspredigt für Regen.
Wenn Schluff Jull über dem Funk jammte, blieb kein Fuß bewegungslos. Live waren die Songs mit einer hohen Mehrwertsteuer für die Spielzeit versehen und beim funkigen "Won't Be Your Fool" war der berühmte Funke schon lange zum Publikum übergesprungen. Mit einem riesigen Ausrufezeichen beendete man den ersten Set: "Turn On Your Love Light" von Grateful Dead brachte die Fangemeinde zum Brodeln. Das war eine vorgezogene Happy Hour. Lange sowie scharfe E-Gitarrensoli der beiden Frontmänner garnierten den gigantischen Jam-Spaß und nach einer kurzen Pause ging es weiter.
Schluff JullBisher wurde der Percussionist Michael Becker noch nicht erwähnt. Diesen vielbeschäftigten Mann kann man sich aus dem Band-Sound gar nicht wegdenken. Er ist ein ebenso wichtiges Puzzleteil im Kollektiv wie alle anderen auch. Mit enormem Einsatz unterschiedlichster Klein- sowie Großinstrumente hatte Becker wirklich einen Fulltimejob und manchmal beschlich einen das Gefühl, dass da mehr als zwei Hände und zehn Finger aktiv waren. Neben seinen zwei Congas, die fast im Dauereinsatz waren setzte er unter anderem auch Rasseln, Schellenring, Becken, Shaker, Cowbell, Rainstick oder Vibra Slap ein.
Am Ende des Gigs war "Present For A Day", mit dem man den zweiten Teil eröffnete ein zentrales Stück in der Setlist und bei diesem Track in seinem Live-Gewand fragte ich mich, wo Santana war. Diese Nummer sollte zukünftig zu einem Klassiker werden. Das in epischer Länge angelegte "On The Edge" wurde schon bei den ersten Tönen mit Beifall empfangen und Rikkens Waldhornsolo brachte viel Feeling ins Spiel. Holtschoppens Tastenwanderung war herrlich jazzig und Jürgen Lieberts Solo am Tenorsaxofon hatte es in sich. Oh Mann, Schluff Jull waren so gut!
Schluff JullDer geslappte Jacobs-Bass deutete es bereits an: Es war abermals fetziger Funk ("Stranger's Dream") angesagt und man konnte einen tanzenden Handtrommler bei der Arbeit zusehen. Bevor mit "Left Bank Blues" der 12-Takter sowie einem fesselnden Cajón-Solo von Becker zelebriert wurde gab es noch einen sanften Abstecher ins Balladeske ("White Lies") und durch das abschließende "Jull's Boogie" setzte die Combo einen fetten Schlusspunkt.
Achtung! Die Zugabe hatte es in sich. Ein Titel, ein Künstlername: "Rockin' In A Free World", Neil Young. Mit allen Mann an Bord rockte die Gruppe mächtig und kräftig. Diese Lesung war perfekt in Szene gesetzte Rockgeschichte.
"At Least Sometimes" war ein besinnliches, zur Jahreszeit passendes Finale eines Konzerts, das über die Maßen interessant, begeisternd und beeindruckend war. Danke, Schluff Jull!
Line-up:
Olaf Kalemba (guitar, lead vocals)
Heinz Wiskozil (guitar, backing vocals)
Thomas Holtschoppen (keyboards, harmonica, backing vocals)
Georg Rikken (trumpet, flugelhorn)
Horst Schulz (alt saxophone, backing vocals)
Jürgen Liebert (tenor saxophone)
Detlef Jacobs (bass)
Karl-Heinz Bockholt (drums)
Michael Becker (percussion)
Michael Arndt (sound)
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