Scorpions / Sting In The Tail
Sting In The Tail Spielzeit: 47:47
Medium: CD
Label: Sony Music, 2010
Stil: Hard Rock

Review vom 08.04.2010


Mario Keim
Es ist höchste Zeit, sich einmal zu verneigen: Die Scorpions, Deutschlands erfolgreichster Hard Rock-Export aller Zeiten, treten von der Weltbühne ab und versüßen ihren Fans den Abschied mit einem neuen Studioalbum: "Sting In The Tail" enthält zwölf Songs, darunter sind vier Balladen.
45 Jahre sind seit Gründung der Formation als Schülerband vergangen und spätestens seit 1970 sind die Scorpions ein fester Programmpunkt in den Konzertsälen weltweit. Es ist schon ein Phänomen, dass sie seither gerade im Rest der Welt eine angesagte Band sind, dagegen in Deutschland seit zwölf Jahren keine vollständige Tournee mehr gespielt haben. Liegt es an der Band oder begegnen die Fans der Musik der Band allzu reserviert?
Die Scorpions revolutionieren den Hard Rock mit ihrer neuen Scheibe zwar nicht, aber sie versöhnen ihre Fans mit schnörkellosem Rock und dank der Stimme von Klaus Meine kommt wohl keine deutsche Band so unverkennbar rüber wie die Hannoveraner. Sie klingen authentisch und deshalb ehrlich und gewinnen mit ihrer Musik sicher wieder neue Fans hinzu.
Der Opener "Raised On Rock" erinnert mich an "Rock You Like A Hurricane" vom Album "Love At First Sting" aus dem Jahr 1984. Und auch die Rockballade "Still Loving You" stammt aus dem gleichen Album. Daran erinnert "SLY" auf dem aktuellen Album, und nicht nur die drei Anfangsbuchstaben nehmen Bezug zu dieser Ballade, die richtig nach Hard Rock schmeckt.
Dagegen habe ich noch immer Probleme mit der weichgespülten Ballade "Wind Of Change", dem kommerziell zwar erfolgreichsten Hit der Scorpions, der, im Zeitalter von Glasnost und Perestroika entstanden, bei allen möglichen und unmöglichen Gelegenheiten als der beliebteste deutsche Song herhalten musste. In der ZDF-Sendung "Unsere Besten" wurde "Wind Of Change" im Jahr 2005 sogar zum Deutschen Jahrhunderthit gewählt.
Doch wie viel Scorpions und damit gitarrenhungriger Hard Rock stecken tatsächlich darin? Diese Frage muss auch die Ballade "Lorelei" aushalten. Hierbei geht es dem Stoff nach um die bekannte deutsche Sage, wonach die Schiffe am Rhein zerschellen sollen, wenn sie das Lied der Lorelei erhören, die am hohen Felsen singt.
Auf Gänsehautgefühle ist auch das abschließende "The Best Is Yet To Come" angelegt. Und irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass hier endgültig Abschiedsmelancholie auf den Plan gerufen wird.
Tiefer geht da schon "The Good Die Young", auch wenn es sich hierbei um eine Ballade handelt. »Es ist ein Song, der sehr tief geht, ein Thema um Menschen, die sich für Frieden und Freiheit einsetzen. Ich denke, in den Zeiten, in denen wir leben, in einer Welt, die jeden Tag mehr aus der Balance gerät, versuchen wir, diesem Gefühl musikalisch Raum zu geben«, verkündet Klaus Meine als Botschaft. Durch das Mitwirken der früheren Nightwish-Sängerin Tarja Turunen gerät dieses Stück zu einem atmosphärischen Höhepunkt auf der Platte.
Vergleichsweise trivial sind die Botschaften mit "Slave Me", "No Limit", "Rock Zone", "Turn You On" und "Spirit Of Rock", enttäuschend allein der Track "Let's Rock!". Und so kann jeder Scorpions-Fan selbst entscheiden, mit welchem Titel aus vergangenen Tagen die einzelnen Rocknummern am ehesten zu vergleichen sind. Die Kompositionen der rockigen Parts sind wenig spektakulär, bleiben aber, wie eingangs schon erwähnt, Stücke im typischen Scorpions-Sound. Hymnen wäre zu viel gesagt, aber vielleicht geht der Titeltrack "Raised On Rock" ja als solche durch.
Mit Anstand und in Würde wollen sich die Hannoveraner nach den Worten von Gitarrist Rudolf Schenker auf ihrer inzwischen begonnenen, drei Jahre dauernden Welttournee vom Publikum verabschieden. Das Album "Sting In The Tail" trägt dazu bei, dass uns die Scorpions als spielfreudige, geradlinige Band in Erinnerung bleiben, die es aber in den letzten Jahren vor allem in Deutschland haben ruhiger angehen lassen. Vielleicht hält sich deshalb meine Euphorie beim Hören der neuen CD eher in Grenzen. Ein Reinfall ist die Scheibe deshalb aber nicht.
Line-up:
Klaus Meine (lead vocals, backing vocals)
Rudolf Schenker (rhythm guitars, lead guitars, backing vocals)
Matthias Jabs (lead guitars, rhythm guitars, acoustic guitars, talk box)
Pavel Maciwoda (bass)
James Kottak (drums, backing vocals)
Gast:
Tarja Turunen (vocals - #4)
Tracklist
01:Raised On Rock (4:00)
02:Sting In The Tail (3:12)
03:Slave Me (2:45)
04:The Good Die Young (5:14)
05:No Limit (3:22)
06:Rock Zone (3:17)
07:Lorelei (4:32)
08:Turn You On (4:23)
09:Let's Rock! (3:20)
10:SLY (5:16)
11:Spirit Of Rock (3:42)
12:The Best Is Yet To Come (4:32)
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