The Shouting Matches / Grownass Man
Grownass Man Spielzeit: 35:34
Medium: CD
Label: Middle West, 2013
Stil: Americana

Review vom 26.05.2013


Wolfgang Giese
Wer Musik von Bon Iver erwartet, weil Justin Vernon einer von drei Musikern dieser Band bzw. des Nebenprojekts, ist, muss sich umorientieren. Vernon singt hier einerseits anders und die Musik ist ganz einfach gestrickt und auf das Wesentliche reduziert. Viele haben sie auch schon mit jener der White Stripes und ähnlichen Bands verglichen.
So startet die Platte mit einem Song, der wie ein Hybrid zwischen T. Rex und Free klingt - jedenfalls Bestandteile davon. Ein wenig Blues schwingt auch mit. Bei "Gallup, NM", von schwellender Orgel untermalt und schleppend inszeniert, könnte jeden Augenblick Bob Dylan seinen Gesang dazupacken. Ja, ein wenig The Band schwingt lasziv mit. Doch auch Ruckendes, Rumpelndes und Polterndes in Richtung der Black Keys ist zu hören. Mit sattem Bluesfeeling, hektisch und wild treibend oder mit dem Hang zur Überladung treibt die Musik ihre Blüten in verschiedene Richtungen.
Nach vier Titeln kann ich nicht unbedingt ein klares Konzept erkennen und solche Titel, die ganz einfach 'stripped down' als Rocker funktionieren, wie das simpel gestrickte "Seven Sisters", gefallen mir noch am besten und bilden für mich den Kern dieser Platte. Einer meiner liebsten Songs des Albums, der mich ein wenig an Ry Cooder denken lässt, und ein angenehmer Höhepunkt. Ich meine den sechsten Titel, "Milkman", der mich ein wenig in Richtung Mississippidelta führt, dazu ohne Gesang. Aber auch mit Elementen von Pop und Blue-Eyed Soul wird gespielt, jedoch relativ farb- und belanglos, wie bei "New Theme". Mit verschwommenen Harp-Sounds, verzerrt und unfertig klingend, rumpelt Track acht vor sich hin, ohne für mich Struktur oder ansprechendes Feeling zu produzieren. Das hat allenfalls Jam-Charakter und wirkt wie ein Outtake.
Mit leichten Folk- und Country-Elementen auf "I'll Be True" und schließlich abwartend, ruhig und fließend auf "I Need A Change" werde ich aus einer Platte verabschiedet, die zwar nicht mein uneingeschränktes Wohlwollen findet, aber mit Sicherheit einen bestimmten Interessentenkreis ansprechen wird.
Bereits seit einigen Jahren arbeitet Justin Vernon zusammen mit Brian Moen an diesem Projekt. Gemeinsam mit Phil Cook lässt die nun zum Trio angereicherte Band gelegentlich immer wieder eine offensichtliche Hinwendung zum Blues durchschimmern. Bei diesem Schimmer bleibt es dann aber auch und man sollte besser die große Schublade 'Americana' angesichts der vielen Elemente in dieser Musik öffnen. Sicher nicht uninteressant, aber auch nicht sehr überzeugend, weil dazu entweder ein roter Faden, die Originalität oder ausgeprägt dargebotene Musikalität fehlt.
Line-up:
Justin Vernon (guitar, vocals)
Phil Cook (keyboards, harmonica)
Brian Moen (drums)
Tracklist
01:Avery Hill
02:Gallup, NM
03:Heaven Knows
04:Mother When?
05:Seven Sisters
06:Milkman
07:New Theme
08:Three Dollar Bill
09:I'll Be True
10:I Need A Change
Externe Links: