Simply Red / Big Love
Big Love Spielzeit: 43:16
Medium: CD
Label: East West Records / Warner, 2015
Stil: Soul, Pop

Review vom 01.06.2015


Mario Keim
Die Ankündigung hörte sich damals recht verbindlich an, als Simply Red 2007 mit "Stay" das vermeintlich letzte Album veröffentlichen wollten. Drei Jahre später sollten die ultimative Abschiedstournee der Band und die Auflösung der 1985 gegründeten Formation folgen. Wollte sich Sänger und Simply Red-Gründer Mick Hucknall, nach heute rund 55 Millionen veröffentlichter Platten, doch fortan mehr seiner Solokarriere widmen. Schließlich aber traf auch auf diese erfolgreiche Popband der simple Satz zu: Sage niemals nie.
Denn nach acht Jahren liegt es jetzt vor, das neue Album mit dem Titel "Big Love." Es klingt wie eine Liebeserklärung an die vielen treuen Fans, denen zum 30. Bandjubiläum bereits Anfang des Jahres eine Welttournee der Briten versprochen wurde. Nunmehr also auch die neue CD. Mit einer Besonderheit: Nach dem 1995er "Life" ist es die erste Produktion, die ausschließlich Originalkompositionen enthält und damit ohne Coverversionen auskommt.
Die zwölf Stücke stammen alle aus der Feder von Mick Hucknall, während Andy Wright die Scheibe produzierte.
Es lässt sich leicht erahnen, welche Lust nach eigenen Titeln Hucknall verspürt haben muss, als er im Herbst 2014 die bevorstehende Tour vorbereitete und dabei den Stoff für neue Kompositionen in sich aufsog.
Das Comeback der Band leitet die Singleauskopplung "Shine On" ein. Dieser Ohrwurm beschreibt sehr treffend, wo die Faszination dieser Musik liegt: Eine Mischung aus Soul und Funk, die tanzbar ist, einen hohen Wiedererkennungswert hat und irgendwo zwischen einzigartig und radiotauglich liegt.
Die Krönung sind die Konzerte, die Hucknall mit seinen erlesenen Musikerkollegen bestreitet und bei denen wirklich kein Auge trocken bleibt (auch ich hatte schon dieses Erlebnis, durfte meine Frau einst zu einem Auftritt der Band in Leipzig begleiten und bereue es bis heute nicht).
An den unnachahmlichen Groove, den der Opener "Shine On" versprüht, reichen die nachfolgenden Stücke nicht ganz heran, was jedoch nicht bedeutet, dass "Big Love" eine Enttäuschung wäre. Vielmehr dominieren balladeske Titel wie "Daydreaming" und "Big Love". Wobei letztere Nummer das Zeug zur Filmmusik hat, ist es doch eine von vier Kompositionen mit Orchesterbegleitung, das Everton Nelsen leitet.
Bei "The Ghost Of Love", gleichfalls mit einem Orchester eingespielt, nimmt das Geschehen schon wieder mehr Fahrt auf.
Ein emotionaler Moment ist "Dad", widmete Mick Hacknall das Lied doch seinem vor sechs Jahren verstorbenen Vater.
Ein satter Bass leitet das getragene "Love Wonders" ein - und wieder haben wir das "Love" im Titel. Gleich vier Mal kommt das auf diesem Album vor. Der Name ist folglich Programm, doch dabei erkennen wir stets, dass es sich um einen typischen Simply Red-Silverling handelt, der sogar kleinere Überraschungen parat hält: Wunderbar geben Trompete und Saxophon auf "Coming Home" den Takt an, während das folgende "The Old Man An The Beer" nach einem Hauch "Englishman In New York" von Sting klingt - eine ganz neue Facette der Band.
Klassischer und damit kräftiger klingt da schon "Love Gave Me More", ein Titel bester Prägung im Simlpy Red-Gewand, während die Gute-Laune-Nummer "Tight Tones" analog der ersten Singleauskopplung ebenfalls das Potenzial zu einem Radio-Hit hat.
Denn Hit-Potential ist es, das gewöhnlich in den Liedern der Band steckt. Weltweit erzielten sie nach eigenen Angaben über 100 Top 20-Charterfolge, Dutzende von Gold- und Platinauszeichnungen pflastern den Weg ihrer einzigartigen Karriere. In über 1.000 Konzerten bejubelten bislang zehn Millionen Fans ihre Auftritte.
Fazit nach dem Anhören von "Big Love": Simply Red revolutionieren ihren so prägenden, eigenständigen Sound zwar nicht, aber dennoch verbreiten die zwölf Tracks irgendwie gute Laune. Für Fans ist das Album sicherlich ein Muss, darüber hinaus eine Empfehlung für alle, die es zur Abwechslung mal etwas ruhiger angehen möchten.
Ein Erfolgsrezept ist es, dass Simply Red neben dem Sänger bei der aktuellen Produktion mit Ian Kirkham (sax), Steve Lewinson (bass), Kenji Suzuki (guitar), Kevin Robinson (trumpet, flute) und Dave Clayton (keyboards) arbeiteten, während in der Stammbesetzung nur Drummer Roman Roth neu zur Band gestoßen ist.
Ihren Mix aus Soul, Funk und Reggae sowie die geballten größten Hits können die Fans vom 29. Oktober bis 10. November 2015 in Deutschland erleben. München, Stuttgart, Frankfurt, Hamburg, Berlin, Hannover, Dortmund, Leipzig, Köln und Mannheim sind die Stationen der Konzerte.
Line-up:
Mick Hucknall (vocals, backing vocals, guitar)
Kenji Suzuki (guitars)
Dave Clayton (keyboards)
Roman Roth (drums, percussion)
Jack Stevens (bass)
Ian Kirkham (saxophone)
Kevin Robinson (trumpet, flute)
Peter-John Vettese (strings, backing vocals - #9)
David Sinclair Whitaker (strings - #12)
Pete Lewinson (drums, percussion - #5, 12)
Steve Lewinson (bass - #5,12)
Andy Wright (bass - #8, backing vocals - #1)
Juan Ayala Valdez (keyboard, guitars - #7)
Danny Saxon (keyboards - #1,2,)
Mark Jaimes (guitars, bass - #1,2)
Lauren Flynn (backing vocals - #8)
Sam Swallow (backing vocals - #1)
Purdy (vocal feature #7)
Tracklist
01:Shine On
02:Daydreaming
03:Big Love
04:The Ghost Of Love
05:Dad
06:Love Wonders
07:Love Gave Me More
08:Tight Tones
09:WORU
10:Coming Home
11:The Old Man And The Beer
12:Each Day
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