Skin Diary / Same
Same Spielzeit: 39:06
Medium: CD
Label: Artist Station Records, 2011
Stil: Rock Fusion

Review vom 09.05.2011


Mike Kempf
Ein Song in den Charts platzieren und eventuell damit reichlich 'Schotter' absahnen, welcher Musiker träumt nicht davon? Bei Blondie, einem in den 70er und 80er bekannten 'Blondinchen' könnte es so geklappt haben, als sie 1979 "Heart Of Glass" veröffentlichte und damit in Deutschland, Österreich, USA, UK und der Schweiz auf Platz eins der Hitlisten landete.
Der Berliner Multi-Kulti-Combo Skin Diary ist es gelungen, den ehemaligen Hit auf ihrem gleichnamigen Album perfekt zu covern! Dabei unterstreicht Sängerin Jessica Jekyll, dass sie ein tolles Kehlchen besitzt, welches sie auf der gesamten Platte sehr variantenreich einsetzt. Ob der Klassiker vom Konsumenten überhaupt wahrgenommen wird, erscheint mir nicht unbedingt wahrscheinlich, denn vorher müssen erstmal ein paar Trommelfellattacken überstanden werden. So verlangt der Opener "Right Elbo" Nerven aus fetten Stahlseilen, denn das Stück wird einem ohne Rücksicht auf Verluste gnadenlos um die Ohren geblasen. Wer diese Mischung aus Punk, Metal, Fusion und Hard Rock unbeschadet überstanden hat, der kann hintenraus positiv überrascht werden. Nachdem ich den Schocker selbst einigermaßen verdaut habe, rollt schon der nächste Tsunami in Form von "American Caste" heran und es bedarf die Anlegung einer Schwimmweste, um nicht gänzlich unterzugehen.
Das Line-up stellt sich aus Musikern aus Sizilien, dem Iran und Deutschland zusammen, weshalb sich die unterschiedlichen Kulturen bestens ins Liedgut des Silberlings integrieren lassen. Die Kreativität der Band scheint grenzenlos und sie lassen so ziemlich alle bekannten Musikstile, ob New Wave, Pop, Punk, Funk, Metal, Beat usw. mit einfließen. Deshalb erscheint mir eine feste Zuordnung ihrer musikalischen Ausrichtung kaum möglich, wird dem Konsumenten doch kein herkömmlicher Tonträger angeboten, sondern eher eine Platte, die sich am ehesten im Bereich der experimentellen Musik bewegt. "Poppy Seed Case", ein leicht angehauchter Blues, findet bei mir die meiste Beachtung. Anspieltipp! Ansonsten wird meist nach der Devise 'Feuer frei' musiziert. Dass sie dabei weder sich noch den Zuhörer schonen und alles ohne angezogene Handbremse servieren, finde ich zwar respektabel aber nicht immer schön.
Insgesamt ist die Tonkonserve auf ihre Frontdame Jekyll ausgerichtet, die mit ihren Textvorträgen am meisten für Furore sorgt. Die Instrumentalisten bereiten ihr einen gekonnten, doch auch gewagten Klangteppich, der keine Durchschnittsware hergibt. Ob sie bei Jedermann wohlwollend ankommt? Ich habe da so meine Zweifel. Die Berliner haben eine CD produziert, die kein Mittelmaß zulässt. Entweder wird ihr der Gang zum Schredder nicht erspart bleiben oder sie findet einen Platz in der Rubrik 'Rarität'. Musikfans, die sich gern mit 'Weltraummusik' auseinandersetzen, könnten hier ein Filetscheibchen abgreifen.
Ich selbst bin hin- und hergerissen, doch es ist wie immer: Alles reine Geschmackssache! Ein Vergleich mit einer anderen Band fällt mir nicht ein. Um keine bösen Überraschungen zu erleben, halte ich ein Reinhören für unabdingbar!
Line-up:
Jessica Jekyll (vocals)
Pierpaolo De Luca (guitars)
Renè Flächsenhaar (bass)
Puya Shoary (drums)
Tracklist
01:Right Elbow
02:American Caste
03:One Of A Kind
04:Coup De Grace
05:Brother In My Belly
06:Too Late
07:Busy Body
08:Heart Of Glass
09:Poppy Seed Case
10:Shameless Mrs Amos
11:Cocoonin
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