Slavin-Eldh-Lillinger / Starlight
Starlight Spielzeit: 43:43
Medium: CD
Label: Unit Records, 2013
Stil: Modern Jazz

Review vom 24.09.2013


Wolfgang Giese
Aufgenommen am 17. Dezember 2011 im Brandenburger Forest Studio und am 31. Januar 2012 im P1 Studio in Berlin, werden diese Einspielungen nun von Unit Records vorgelegt. Nach den vielen, in letzter Zeit aufkeimenden Pianotrios nun endlich einmal ein Saxofontrio. Eine solch 'offene' Besetzung ohne das Begleitinstrument Klavier stellt in der Regel hohe Anforderungen an alle Beteiligten. Sonny Rollins hat es unter anderem vorgemacht und gezeigt, wie problemlos das über die Bühne gehen kann. Hier liegt nun ein neues Beispiel dafür vor, wie man es gut machen kann.
Gleich vorweg: Dies ist nicht Musik mit einem typisch swingenden Jazz. Hier sind alle drei Instrumente gleichberechtigt und übernehmen somit auch unterschiedliche Rollen. Das Saxofon ist auch einmal nur Melodiegeber und lässt die beiden Kollegen darüber frei spielen.
Insofern besteht ein ganz starkes Gruppenspiel mit gegenseitigem Respekt und hohem Verständnis. Diese Freiheit jedes einzelnen führt uns natürlich auch hinweg von üblichen und bekannten Strukturen, ohne dass es gleich Free Jazz wäre. Denn Radikalität wird hier nicht praktiziert, eher Harmonie und Verständnis, die natürlich nur nachempfunden werden kann, wenn man als Hörer zunächst selbst Verständnis mitbringt. Erst dann wird man Freude haben an dieser sich aus dem Kollektiv entwickelnden Musik, die ab und zu sehr rumpelnd, stolpernd und 'frei' in das Ohr dringt. Mich selbst kann es dann so richtig mitreißen, wenn sich einzelne Musiker aus diesem Kollektiv lösen und mit 'Befreiungsschlägen', wie dem ausdrucksstarken Saxofonsolo auf "Achse des Guten", aufwarten können. Ich vernehme dann ganz eindeutig den Geist von Albert Ayler, dabei weiß ich nicht, ob dieser zu den Vorbildern von Slavin zählt.
Wie dem auch sei, die Atmosphäre des Aufbruchs der späten Fünfziger und Sechziger schwingt mit. Es ist schön zu hören, wie ganz einfach einmal die Becken zum Klingen gebracht werden und es sich anhört, als würde man den Rand eines Trinkglases durch Streichen zum Ertönen bringen - ich meine den Titel "Pause". Plötzlich swingt es dann unvermittelt und sehr treibend mit "Hatred". Ebenfalls ein Brückenschlag zu früheren Stilen, aber durch den modernen Aufbau und Ausdruck in die heutige Zeit herübergebracht. Solche Stücke sind einfach das 'Salz in der Suppe', obwohl 'Salz' würde diesem hervorragend gewürzten Mahl nicht gerecht werden. Hier ist es viel würziger, viel raffinierter.
Die auf den ersten Höreindruck vielleicht für einige 'frei' wirkende Musik gibt sich nach einigen, intensiven Hördurchläufen doch als recht arrangiert zu erkennen. Es ist unglaublich mitreißend, wie die drei Musiker miteinander kommunizieren können und wie laufend neue Eindrücke entstehen. Das ist nicht einfach nur der Einfluss von Jazz, der sich zu diesem Ganzen verdichtet hat. Nein, moderne Musik mit Klängen aus Pop und Rock scheinen mühelos und nahtlos Einzug gehalten zu haben, jedoch hat man sie kaum wahrgenommen, sind sie auch schon assimiliert. So wirkt diese Musik trotz ihres oft ungewöhnlich strukturellen Aufbaus letztlich sehr harmoniebetont und geht mehr in Richtung Seele denn zum Hirn, denn verkopft ist das allemal nicht. Hier herrscht reges Leben mit allen Komponenten - toll, wenn man mittendrin die Musiker lachen hört. Ein sehr gelungenes Album einer Formation, von der ich gern mehr hören möchte!
Line-up:
Wanja Slavin (saxophone)
Petter Eldh (bass)
Christian Lillinger (drums)
Tracklist
01:Momentan I [Lillinger] (3:00)
02:Kosmos [Slavin] (3:07)
03:C17H21NS4 [Slavin] (4:04)
04:Gullmaj [Eldh] (5:25)
05:Achse Des Guten [Lillinger] (4:23)
06:Pause [Slavin/Eldh/Lillinger] (3:38)
07:Hatred [Eldh] (2:50)
08:Starlight [J.v.Brosso] (1:18)
09:Manipulieren [Eldh] (2:50)
10:Patterns [Nelson] (2:21)
11:Flirren [Slavin/Eldh/Lillinger] (6:22)
12:Momentan II [Lillinger] (4:20)
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