Sleepers' Guilt / Kilesa
Kilesa Spielzeit: 46:47 (CD 1), 30:58 (CD 2)
Medium: Doppel-CD
Label: Eigenproduktion, 2016
Stil: Death/Prog Metal

Review vom 14.05.2016


Andrea Groh
Kilesa meint nicht die die amerikanische Sludge-Band Kylesa, sondern beide beziehen sich auf die Kleshas im Buddhismus. Was sind Kleshas? Den Geist trübende Leidenschaften. Gemeint sind je nach Auflistung drei (die drei Geistesgifte = mula), fünf (im Yoga) oder zehn Eigenschaften, darunter Begierde, Hass, Verblendung, Schamlosigkeit, Zweifel und Trägheit.
Musik würde ich allerdings nicht als den Geist trübend ansehen, eher als den Geist aufhellend und mit Positivem füllend (wenn die Musik dem jeweiligen Geschmack entspricht). Sie kann sogar den Geist erhellend/erweiternd sein, wenn sie neue Erkenntnisse oder Informationen vermittelt, beispielsweise was Kleshas sind. Somit hätte die CD "Kilesa" von Sleepers' Guilt also eine erhellende Wirkung.
Zunächst stellt sich die Frage, wer Sleepers' Guilt überhaupt ist. Die Antwort darauf lautet: Eine Melodic Death Metal Band mit Progressiven Elementen aus Luxemburg, die 2011 gegründet wurde. Drei der Mitglieder waren zuvor bei Ophidian. Nach einem Demo und zwei EPs ("Sleepers' Guilt von 2012 und Road To Emptiness von 2013) gibt es jetzt 2016 das Langwerk "Kilesa".
Doch hier bekommen wir nur nicht einfach eine Full-Length-CD, sondern gleich eine Doppel-CD. So etwas gleich als Debüt herauszubringen ist natürlich schon etwas gewagt. Aber: Wer wagt, gewinnt - gilt hier. Sleepers' Guilt übernehmen sich dabei nicht. Trägheit (im Sinne von wenig Musik bieten) kann man ihnen jedenfalls nicht vorwerfen.
CD eins bietet auf der einen Seite ansprechenden Melodic Death Metal, der sich hinter diversen schwedischen Größen nicht verstecken muss. Aber auf der anderen Seite blitzen immer wieder progressive Strukturen hervor, filigran und elegant. Die Musik ist dadurch gleichzeitig irgendwie episch und symphonisch, dabei aggressiv, heavy und düster, manchmal alles plattwalzend und dennoch mit komplexen Strukturen gestrickt. Genau diese Gegensätze (oder wie es Kollege Boris empfand: als Sitzen zwischen den Stühlen) sind reizvoll.
Natürlich wird es auch andere Meinungen geben, manchen Deathern wird es zu verspielt sein, und den Proggern wiederum zu vergrowlt. Vorteil ist, beide Richtungen zu mögen - und da dies bei mir zutrifft, habe ich keine Probleme damit. Auch nicht mit der Tatsache, dass der MeloDeath-Anteil überwiegt, wie ich finde.
Dennoch gibt es auch einige ruhige Passagen, immer wieder eingestreut, z. B. bei "Teardrop Bullets". Und zwischen den Growls den für Melodic Death Metal typischen Klargesang.
Zum Schluss zeigen Sleepers' Guilt, dass ihre Musik auch ohne Gesang funktioniert, passenderweise haben sie den Song "Not For Words" genannt.
So endet eine gute dreiviertel Stunde, die sich sowohl nebenbei hören lässt, die jedoch bei genauem Zuhören viele versteckte Details offenbart.
Das würde an sich schon reichen, doch Sleepers' Guilt setzen noch einen obendrauf. Den Titelsong des neuen Werkes gibt es nämlich auf CD zwei. Unterteilt in drei Abschnitte dauert dieser eine halbe Stunde. Diese hat es echt in sich und das nicht nur weil es hier (wie auch schon bei "Teardrop Bullets" weiblichen Gastgesang von Noémie Leer (derzeit bei Elysian Gates) gibt.
Auch das Songwriting ist überzeugend und steigert sich im Verhältnis zu der schon nicht gerade schlechten ersten Disk noch ein Stück. Was die Luxemburger hier abliefern ist wirklich beeindruckend. Wem die erste CD nicht progressiv genug war, dürfte hier nichts mehr zu meckern finden. Alleine dafür lohnt sich "Kilesa" meiner Meinung nach. Mehr schreibe ich dazu nicht, anhören… staunen…
Wobei das Ausleben der Death Metal-Seite im Gesamtkontext wohl seinen Sinn hat, wahrscheinlich notwendig war, um unsere Welt zu spiegeln und sich danach auf der zweiten CD von der Trübung des Geistes zu befreien und diesen zu erhellen. Oder so ähnlich…
Melodic Death Metal, Progressive Metal, Buddhistische Ideen, eine Pflanze in einem Eisblock (die vermutlich die Gefangenschaft der Menschen durch die trübenden Eigenschaften symbolisieren soll) - Sleepers' Guilt lassen sich so wenig in Schubladen oder Klischees pressen wie sich Siddhartha Gautama im Palast seiner Eltern halten ließ. Und das ist gut so…
Line-up:
Patrick Schaul (vocals)
Chris T. Ian (guitar)
Emanuel De Lorenzi (guitar)
Philip 'Rio' Ries (bass)
Max Sauber (drums)

Noémie Leer (female guest vocals - CD1 #08, CD 2)
Tracklist
CD 1:
01:Sense Of An Ending (5:52)
02:Two Words (4:38)
03:Scars Of War (4:19)
04:Angel Eyes (5:58)
05:I Am Reality (3:26)
06:The Mission (5:05)
07:Dying Alive (4:47)
08:Teardrop Bullets (4:09)
09:Supernova (5:17)
10:Not For Words (3:16)
CD 2:
01:Kilesa I: Kleshas (11:09)
02:Kilesa II: Akusala-Mula (7:07)
03:Kilesa III: Vipassana (12:42)
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