The Smashing Pumpkins
Mellon Collie And The Infinite Sadness
Mellon Collie And The Infinite Sadness Spielzeit: 57:55 (CD 1), 63:57 (CD 2)
Medium: Do-CD
Label: Virgin Records, 1995
Stil: Alternative Rock


Review vom 11.04.2009


Joachim 'Joe' Brookes
Mit den Smashing Pumpkins ist das so ein Ding.
Die 1988 in Chicago gegründete Band um den Mastermind Billy Corgan war während ihrer Virgin-Zeit eine hervorragende Gruppe, die Rock mit sowohl metallischen Tendenzen, wie auch umwerfend tolle Balladen mit Pop-Appeal spielen konnte.
Wie ein sanft aufsteigender Ballon legten sie den Grundstein zu ihrer Karriere mit dem Debüt "Gish". Das war 1991 und es folgte zwei Jahre später der richtig große Durchbruch mit "Siamese Dream".
Die Frage aller Fragen war zu der damaligen Zeit, ob die Pumpkins diesen Megaerfolg wiederholen konnten?
Zwei weitere Jahre vergingen und man beamte sich, keiner hatte es so richtig für möglich gehalten, mit einem Doppel-Album in die Gunst der Fans, aber auch der Medien 'zurück'. 120 Minuten bestes Entertainment hatte das Quartett erschaffen.
Ein Album, wie es nicht zu erwarten war, schon gar nicht über diese Distanz.
Bereits der Titel, "Mellon Collie And The Infinite Sadness" birgt ein feines Wortspiel. Zumindest, was die ersten beiden Worte betrifft: 'Mellon Collie' wird zu 'melancholy' und dann auch noch gepaart mit 'unendlicher Traurigkeit' könnte den Hörer ein zweistündiger Trip in Sachen Trübsal erwarten.
Dem ist nicht so!
Nach dem Opener erwartet einen, ich will es mal so formulieren, eine musikalische Irrfahrt durch die Welt eines Billy Corgan, denn bis auf eine Ausnahme stammen alle Tracks aus der Ideenschmiede des Künstlers. The Smashing Pumpkins waren immer ein Corgan-Ding, was sich gerade in der jüngeren Vergangenheit verdeutlicht hat.
Drummer Chamberlin war draußen, kam später wieder zurück und dann ging Bassistin D'Arcy, die durch Melissa auf der Maur ersetzt wurde.
The Smashing Pumkins waren dennoch in den letzten Zügen, es gab bereits Solo-Platten und Corgan spielte Gitarre bei den Joy Divison -Nachfolgern New Order.
Auch Public Relation war Corgans Sache, denn mit der Veröffentlichung seiner ersten Solo-CD gab er großformatig bekannt, dass die Pumpkins wieder da waren... leider nur mit dem Drummer Chamberlin und 2007 kam ein recht schwächelnder "Zeitgeist" heraus.
Mit dem Erfolg des vorliegenden Album war man schon lange keine Indie-Band mehr, denn mit "Mellon Collie..." ging das Quartett bereits auf eine Tour, um amerikanische Stadien zu füllen.
Der erste Track, direkt auch der Titelsong des Doppeldeckers, ist ein Instrumental mit viel Piano und sich einschleichendem Melltron. Streicher füllen den Sound und alles entwickelt sich zu einer hingebungsvollen Einheit, bei der im Kopf des Hörers eine Filmszene entsteht: Zwei sich liebende Menschen treffen sich nach langer Zeit wieder und liegen sich in den Armen. Die Ouvertüre des Albums!
Das folgende "Tonight, Tonight" könnte die Fortsetzungsgeschichte der ersten Nummer sein. Klingt wie 'Rock-Band meets Orchester'.
Leck die Söck! Ist da jemand anderes am musikalischen Ruder?
Die Prügelstrafe ist doch schon lange abgeschafft worden...Mit bretthartem Metal wird dem Hörer die volle Breitseite verabreicht. Die Pumpkins bringen einen ins Schwanken, so verdammt stark riffen die sich durch "Jellybelly". Überall Gitarren, die sich im Wettstreit der Vorherrschaft selbst überholen. Das Szenario findet in Feedbacks sein Ende.
Oh Mann, der Kontrast zu den ersten sieben Minuten kann nicht größer sein.
Weiter geht es, etwas runtergeschraubt, nichtsdestotrotz sehr gut rockend, mit "Zero". Die Gitarre will sich mit ihren Feedbacks doch wohl nicht selbst zerfleischen?
Riff-Rock im Mid-Tempo wird mit herrlichem Melodiebogen gepaart und heraus kommt "Here Is No Why", das zum Ende doch einen Touch von Aggressivität erhält, gerade durch Corgans 'Gesang'.
Nach "Jellybelly" scheint man das Ambiente immer weiter runterzuschrauben, so wie "Bullet With Butterfly Wings" beginnt. Grooviger, in die Beine gehender Rhythmus, besonders durch den Bass gefördert, eröffnet den Track. Tja, und dann ist sozusagen Schluss mit Lustig. Man haut einen Nirvana-Grunge raus, nur um ihn durch den Eingangsrhythmus zu ersetzen. Es entwickelt sich ein Auf und Ab, dessen hohe Dynamik am Ende blitzartig in einem schwarzen Loch verschwindet.
Nach diesen Wechselbädern muss es doch auch einmal etwas Kuscheliges von der Corgan-Band geben...
Da hat man mit "To Forgive" gleich die richtige Ballade im typisch guten Pumpkins-Stil parat. Ein Durchatmer für vier Minuten, dann schickt uns die Gruppe wieder ins Grunge-Karussell, und wie. Endlich vernimmt man auch mal eine Frauenstimme als Backing Vocals. Dafür artikuliert sich Corgan in "Love" mit etwas tiefer gelegter Stimme und auffallend wird, dass man sich immer häufiger mit Rückkopplungsattacken der Gitarren vertraut machen muss oder besser darf, denn die werden gut in die Stücke eingebaut.
Eine dieser Herz-Schmerz-Balladen mit genialem Pop-Appeal ist "Cupid De Locke". Da zaubert man sogar Harfen-Klänge in den Sound und auch mit "Galapagos" hält man sich in sanft-weichen Gefilden auf.
Ui, fast zehn Minuten ist der vorletzte Track der ersten CD lang. Will die Band dem Hörer zeigen, dass man in der Lage ist, ein Epos der Hingabe kreieren zu können? "Porcelina Of The Vast Oceans" ist tatsächlich dazu angetan, den Thron des besten Songs auf dem Album zu besteigen. Zumindest ist er es für die erste CD mit dem Untertitel 'dawn to dusk'. Erstaunlich ist bei dem Monster-Track, dass man zunächst nichts hört. Da braucht es schon die Kopfhörer, um von dem eineinhalbminütigen Beginn überhaupt was mitzubekommen. Es handelt sich jedenfalls um eine schöne Gitarren-Einleitung mit vielen von Chamberlin erzeugten Becken-Klängen und Keyboard-/Sytheziser-Auslegware. Dann treibt man dem Konsumenten durch einen heftig lauten Ausbruch der 6-Saiter den Schweiß auf die Stirn, nur um den Hörer mit Seichterem, modelliert aus Tastenklängen, wieder zufrieden zu lassen. Auch hier bringen die Smashing Pumpkins viel Dynamik auf den Plan, denn diese eruptiven Gitarren-Angriffe tauchen unverhofft oft wieder auf.
Hat das auf dem ersten Silberling in zartem pink-lila-rot abgebildete Mondgesicht noch ein Lächeln drauf, kommt man bei der zweiten CD schon ins Grübeln, denn der Erdplanet schaut traurig drein. Klar, denn im Album-Titel steht ja auch 'sadness'.
Gleich zu Beginn wirft man uns zwei Schwermetall-Brocken vor die Füße. Die Gitarren in "Where Boys Fear To Tread" sind im Gegensatz zu "Bodies" etwas bedrohlicher und das folgende "Thirty-Three" ist abermals balladesk gehalten. Man klampft auf der Akustischen und die Keyboards sind wieder zur Stelle. Die stromlose Gitarre bleibt gleich mal geschultert, denn auch "In The Arms Of Sleep" ist eine langsame Nummer und so stellt sich Corgan wohl einen Country-Song vor.
Auch "1979" hebt sich durch Relaxtheit von den krachend brodelnden Rockern ab.
Mit hochoktanigem Metal geht es weiter und dreckig durchprügelnd hat man Corgans Stimme in den Hintergrund dieses schwarzwolkigen Songs gemixt.
Tatsächlich macht man auf der 'twilight to starlight' wesentlich mehr Gebrauch von der akustischen Gitarre.
"We Only Come Out At Night" ist geprägt von einem obskuren Rhythmus-Sound und richtig tollem Chorus und bis zum Ende der Platte bleibt man in ruhigeren Fahrwassern. Die beste Ballade hat ausgerechnet Iha geschrieben und beschließt die erste CD: "Take Me Down" heißt es und wird mit Pedal- sowie Lap Steel von Greg Leisz gespielt.
The Smashing Pumpkins waren mit "Mellon Collie And The Infinite Sadness" zu Recht auf einer Erfolgswelle. Die Doppel-CD ist jeden Cent wert und endet so, wie sie begann... mit einem Piano.
Line-up:
Billy Corgan (vocals, guitar, mellotron)
James Iha (guitar, vocals)
D'Arcy (bass, vocals)
Jimmy Chamberlin (drums, vocals)
Greg Leisz (pedal steel, lap steel - CD 1 - #14)
Tracklist
CD 1: Dawn To Dusk
01:Mellon Collie And The Infinite Sadness (2:52)
02:Tonight, Tonight (4:15)
03:Jellybelly (3:01)
04:Zero (2:40)
05:Here Is No Why (3:45)
06:Bullet With Butterfly Wings (4:18)
07:To Forgive (4:17)
08:An Ode To No One (4:51)
09:Love (4:22)
10:Cupid De Locke (2:50)
11:Galapogos (4:46)
12:Muzzle (3:44)
13:Porcelina Of The Vast Oceans (9:21)
14:Take Me Down (2:53)
CD 2: Twilight To Starlight
01:Where Boys Fear To Tread (4:23)
02:Bodies (4:12)
03:Thirty-Three (4:11)
04:In The Arms Of Sleep (4:13)
05:1979 (4:26)
06:Tales Of A Scorched Earth (3:46)
07:Thru The Eyes Of Ruby (7:38)
08:Stumbleine (2:55)
09:X.Y.U. (7:07)
10:We Only Come Out On Night (4:05)
11:Beautiful (4:18)
12:Lily (My One And Only) (3:32)
13:By Starlight (4:48)
14:Farewell And Goodnight (4:23)
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