Starvin Hungry / Cold Burns
Cold Burns Spielzeit: 36:39
Medium: CD
Label: Signed By Force Records (Cargo Records), 2008
Stil: Garage Punk

Review vom 30.11.2008


Markus Kerren
Mein lieber Schwan, diese Scheibe ist garantiert nichts für schwache Nerven! Von den ersten Sekunden des Openers "Ghost Witness" von Starvin Hungrys zweitem Album bricht eine brachiale Mischung aus The Velvet Underground und The Stooges von deren jeweils ersten beiden Alben über den Zuhörer hinein und führt erstmal jegliche (eventuell vorhandene) Beschaulichkeit der Vor-Weihnachtszeit ad absurdum. Da wird gerockt und gerollt, die Gitarren umgestimmt, die möglichst ungewöhnlichsten Akkordwechsel gewählt und soviel Chaos wie nur irgend möglich verbreitet.
Starvin Hungry stammen aus dem kanadischen Montreal und wurden von den Zwillingsbrüdern John und Glen Milchem gegründet. Irgendwann zwischen dem ersten und (jetzt vorliegenden) zweiten Album hatte man sich dazu entschlossen, das Band-Format auf ein Quartett auszubauen. Glen ist mittlerweile auch nicht mehr mit von der Partie und überhaupt wechseln die weiteren Musiker so oft, wie es gerade der Stimmung entspricht.
Der Song "More" ist überraschender Weise geradezu klassisch rockig ausgefallen, aber auch hier wird Wert darauf gelegt, den Track nicht zu 'schön' oder… ja, klassisch erscheinen zu lassen. Garagen-Sound und Punk-Attitüde sind bei jedem einzelnen Stück allgegenwärtig. Wenn man sich aber erstmal vom ersten 'Mensch! Hab' mich ja fast beim Trinken verschluckt' erholt und sich etwas genauer in die Materie reingehört hat, dann kann man schon so etwas wie System hinter dem zunächst angenommenen Chaos erkennen.
Was mich wieder zurück zu The Velvet Underground bringt. Ging es mir (sicher nicht alleine) bei den ersten Durchläufen von Songs wie "Heroin", "Black Angel's Death Song" oder "Sister Ray" doch auch nicht anders, als dass sich einfach nur die Nackenhaare aufstellten und sich die Körperhaltung automatisch in der 'Gegenangriffs-Stellung' aufbaute. Bis es halt irgendwann klingelte und ich die Logistik und vor allem Idee dahinter verstand.
Intelligenter, fast avantgardistischer Minimalismus wird betrieben, verbunden mit einer sehr aggressiven Grundeinstellung und durchaus intelligenten Texten. Massiv druckvolle Gitarren, der Bass sowie das Schlagzeug erzeugen den Rhythmus-Teppich, der dann von dem am ehesten an den jungen Iggy Pop erinnernden (verzerrten) Gesang akzentuiert wird. Ein gewaltiges Pfund und sicherlich nicht unbedingt für einen besinnlichen Abend vor dem Kamin geeignet, aber durchaus mit interessanten Reizen versehen. 'In der Kürze liegt die Würze' dachten sich die Kanadier und legen ihr zweites Album mit einer Spielzeit von knapp 37 Minuten vor.
Vielleicht aber auch sehr clever, denn es gibt sicherlich Arten von Musik, bei denen ein gewisses Album-Zeitmaß nicht überschritten werden sollte, wenn man die Spannung auftrecht erhalten und nicht überstrapazieren will. Das ist keinesfalls abwertend gemeint und diesen Punkt haben Starvin Hungry sicherlich nicht nur für sich alleine gebucht, das trifft auch für so manche Band zu, die heute einen großen Namen trägt.
Wie auch immer, um auf meine Einleitung zurück zu kommen: Starvin Hungry sind nichts für schwache Nerven. Wenn man aber ein Faible für intelligenten Punk Rock, gepaart mit einem Schuss Independent Rock und Abgedrehtheit, der Fiebrigkeit und drogengeschwängerten Rastlosigkeit der frühen Velvet Underground und Stooges hat, dann ist man hier genau an der richtigen Adresse. Transferiert ins neue Jahrtausend.
Wäre echt mal interessant, was der olle Lou und der (auf der Bühne) immer noch explodierende Veganer Iggy zu "Cold Burns" sagen würden.
Line-up:
John Milchem (vocals, guitars)
Scott Mucklow (guitars, backing vocals)
Dave Lavoie (bass, backing vocals)
Spencer Warren (drums)
Tracklist
01:Ghost Witness
02:Chicken Fly
03:Left Hand Endeavour
04:Some Kind Solution
05:More
06:The Triumph Of Now
07:Yr. Punk Rock
08:Pink/Black
09:Well Below The Bottom
10:The Hammer
11:P.B.
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