Status Quo 'Frantic Four'
18.03.2014, O2 World, Berlin
O2 World Status Quo
O2 World
18. März 2014
Konzertbericht
Stil: Boogie, Rock


Artikel vom 26.03.2014


Holger Ott
Nach dem grandiosen Doppelheadliner-Konzert mit Uriah Heep und Status Quo im vergangenen Herbst in Berlin sind die Erwartungshaltungen der Fans natürlich megagroß, wenn sich nun die 'Frantic Four' in ihrer Originalbesetzung präsentieren. Nach dem gigantischen Abräumer 2013, als das Wembley Stadion mehrmals ausverkauft war, gehen die Hoffnungen natürlich ebenfalls dorthin, dem Quartett eine volle O2 World zu bescheren. Leider macht sich kurz vor Beginn der Show leichte Enttäuschung breit, denn der Saal ist mit rund fünftausend Besuchern nicht einmal zur Hälfte gefüllt. Selbst im Unterrang sind die Blöcke in den hinteren Kurven abgehängt und im Innenraum verlieren sich die Fans. Liegt es daran, dass kein richtiger Brecher das Vorprogramm bestreitet?
Den Support für Quo hat Carl Carlton übernommen. Er ist der Mann mit der großen Duesenberg-Gitarre hinter Peter Maffay. Seit einigen Wochen ist er mit seinem Soloprogramm "The Spirit Of Woodstock - Songs And Stories" unterwegs. Mit kleinem Equipment und überwiegend akustisch, geben er und seine Begleiter sowie als Gastsänger Sohn Max Buskohl einige Klassiker der Woodstock-Ära zum Besten. Leider kommt seine Musik beim Publikum anscheinend nicht so gut an. Hinzu kommen Abstimmungspatzer mit Max, Texthänger und Mikrofonaussetzer. Selbst seine kleinen Anekdoten aus vergangenen Tagen scheinen das Publikum eher weniger zu interessieren. Carlton bleibt bei seinem Auftritt weit hinter seinen Möglichkeiten. Zum besten Mann in seiner Formation wird deshalb von meinem Kollegen Mike Kempf und mir der überragende Percussionist Wayne P. Sheehy gekürt, der bei seiner Arbeit allerfeinste Sahne abliefert. Mäßiger Pflichtapplaus begleitet die Musiker in die Umbaupause.
Um kurz nach einundzwanzig Uhr ist es endlich soweit. Im Geiste fühle ich mich in das Jahr 1978 zurückversetzt. Spielort damals, die Deutschlandhalle in Berlin. Besetzung: Rossi, Parfitt, Lancaster und Coghlan, die 'Frantic Four'. Ich fand sie damals gut und ich finde sie heute noch gut. Die aktuelle Live-CD vom Wembley-Konzert habe ich bereits mehrmals gehört und bin somit auf den Ablauf der Show eingeschossen. Zwar haben sich die alten Recken optisch sehr verändert, aber sie schaffen es, ihren 'Spirit' sofort mit Betreten der Bühne ins Publikum zu transportieren.
Tourposter Ebenso wie bei ihren Konzerten mit der 'jüngeren' Besetzung, servieren Status Quo ein Hit-Feuerwerk ohne Pause und ohne viel Gerede. Alle Songs sind aus der Schaffensphase der ersten Generation. Gassenhauer wie "In The Army Now" sind heute Abend verpönt. Heute läuft nur Musik, zu der die Mehrheit der Anwesenden im Teenager-Alter gerockt hat. Die Vier sind in absoluter Spiellaune. Man könnte sogar sagen, Francis Rossi ist richtig nervös. In seinen seltenen Ansagen verliert er meistens den Überblick, aus welcher LP der kommende Titel stammt. Dafür können sich Parfitt und Rossi auf ihr Gitarrenspiel konzentrieren, denn das Mikrofon gehört in fast jedem Song Bassist Alan Lancaster. Leider ist sein Bass oft zu übersteuert und das Mikro zu leise. Er und sein Kollege an den Drums dominieren die Band. Coghlan ist einfach nur genial bei dem, was er hinter seiner Schießbude zaubert. Jeder Schlag ein Treffer und präzise wie ein Uhrwerk. Trotz leichtem Übergewicht zeigt er nicht die geringste Ermüdung und schwitzt sogar deutlich weniger als die Männer an der Frontlinie. Selbst die schnellsten Passagen schüttelt er einfach aus dem Handgelenk. Für mich ist er der beste Mann des ganzen Konzertes.
Wie üblich stehen Status Quo mit minimalem Equipment auf der Bühne. Etwas farbenfrohe Beleuchtung und eine Galerie schwarzer Marschall-Boxen sind schon alles, was der Zuschauer außer vier älteren, aber sehr agilen Herren zu sehen bekommt. Leider dauert es sehr lange, bis der Funke im Saal zündet. Ebenso wie beim Vorprogramm ist die Menge recht verhalten. Erst nach etwa fünfzig Minuten kommt Bewegung in die Reihen. Dabei gibt es doch kaum bessere Songs als "Junior's Wailing" oder "Is There A Better Way", um die müden Glieder zum Zucken zu bringen. "Big Fat Mama" und "Down Down" lassen den Knoten endlich platzen. Viel zu spät, wie ich finde, denn bereits mit dem nächsten Stück, "Roadhouse Blues", wird der Abend schon besiegelt. Selbst dieses Stück wird nur in einer Kurzversion dargeboten und ich gebe zu, ein wenig enttäuscht zu sein. Viel mehr als das ohnehin bereits bekannte Programm aus dem Wembley Stadion geben uns die Frantic Four in Berlin nicht.
Zwei Zugaben, "Caroline" und "Bye Bye Johnny", die auf der Live-CD fehlen, gibt es als kleinen Nachschlag und schon sind die fast siebzig Euro Eintritt pro Person abgearbeitet. Alan Lancaster verlässt fast fluchtartig die Bühne, während der verbliebene Rest wenigstens noch kleine Geschenke in die ersten Reihen wirft.
Positiv anzumerken wäre noch, dass sich während zwei Songs ein Mann an der Blues-Harp zu schaffen macht, der seit je her als der fünfte Mann bei Quo in der alten Besetzung gehandelt wurde. Bob Young ist als Gast mit von der Partie. In den Siebzigern hat er eine Menge der Songs komponiert, oder war daran beteiligt. Eine Ehre, ihn beim Konzert zu sehen.
Mein Kollege Mike und ich gehen mit gemischten Gefühlen nach Hause. Zum einen ist es ein schönes Erlebnis, die Band nach so langer Zeit im Original zu erleben, zum anderen hat uns etwas die Power gefehlt, die noch vor wenigen Monaten in der Max-Schmeling-Halle zu spüren war. In Anbetracht des schlechten Vorverkaufs hätte vielleicht eine kleinere Halle mehr Intimität und somit bessere Stimmung geschaffen. Nun gut, hinterher ist man immer schlauer. Status Quo machen jedenfalls trotzdem weiter und haben bereits die nächste Deutschlandtour für den Herbst, allerdings in der 'neuen' Besetzung angekündigt. Dann auch in kleinen Häusern.
Vielen Dank an Janine Lerch und das Concertbuero-Zahlmann für die Akkreditierung.
Line-up Carl Carlton:
Carl Carlton (vocals, guitar)
Max Buskohl (vocals)
Pascal Kravetz (keyboards)
Wayne P. Sheehy (percussion)
Line-up Status Quo:
Francis Rossi (vocals, guitar)
Rick Parfitt (vocals, guitar)
Alan Lancaster (bass)
John Coghlan (drums)
Setlist Carl Carlton:
01:Woodstock
02:The Weight
03:Pictures Of Matchstick Men
04:Little Red Rooster
05:The Times Are A-Changing
06:Go Johnny Go
07:Rainy Day Woman #12 & 35
Setlist Status Quo:
01:Junior's Wailing
02:Backwater
03:Just Take Me
04:Is There A Better Way
05:In My Chair
06:Blue Eyed Lady
07:Little Lady
08:Rain
09:(April) Spring, Summer And Wednesdays
10:Railroad
11:Oh Baby
12:Forty Fice Thousand Times/Gotta Go Home
13:Big Fat Mama
14:Down Down
15:Roadhouse Blues

Encore:
01:Caroline
02:Bye Bye Johnny
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