Status Quo / In Search Of The Fourth Chord
In Search Of The Fourth Chord Spielzeit: 54:14
Medium: CD
Label: Edel Records, 2007
Stil: Boogie Rock

Review vom 08.10.2007


Olaf 'Olli' Oetken
»Und es muss rocken!«
»Quatsch, ein bisschen Pop hat noch niemandem geschadet!«
»Hilfe, der ewig gleiche Schunkelboogie!«
»Blödsinn, auch eine tolle Melodie macht einen guten Song aus, da darf gerne geschunkelt werden!«
»Drei Akkorde und ansonsten gute Nacht Marie!«
»Ätsch, reingefallen, neuerdings wird hochoffiziell der vierte Akkord gesucht!«
… und das, by the way, mit Gitarrenbrettern, die so, nach einhelliger Einschätzung der gefühlten 50 Millionen Status Quo-Experten, seit vielen, vielen Jahren nicht mehr zu hören waren. Vielleicht auf dem Vorvorvorgänger "Heavy Traffic", welcher aber nicht so fett aus den Boxen sprang. Nun ist wieder der ehemalige Multimegaerfolgsproduzent Pip Williams an Bord, seines Zeichen verantwortlich für solche Kassenorgasmen wie "Rockin' All Over The World", "Whatever You Want" oder gar "In The Army Now". Und prompt pustet uns das neueste Werk der ewigen Boogierock-Könige mit Wucht und Dynamik in vollem Breitwandsound um die Ohren. Ob dabei nun tatsächlich ein vierter Akkord gefunden wird ist laut Bandmaxime - »Egal, was wir einspielen, es klingt immer nach Status Quo« - komplett wumpe, Hauptsache die verehrte Quo-Gemeinde geht kollektiv in den Spreizschritt, schüttelt das schüttere Resthaar und tobt postpubertär völlig losgelöst durch die Gegend. Insofern ist nahezu jeder der gefühlten 180 Longplayer der Gruppe ein Volltreffer, und auch der in der Realität tatsächlich 'erst' 33ste Output macht da bestimmt keine Ausnahme!
Der Rezensent muss zerknirscht zugeben, beileibe nicht jedes Werk der urigen Briten zu kennen, daher verbietet sich ihm auch jegliches Gefasel, dass der Song XY doch verdächtig nahe am Wasser des Songs XYZ vom Album ABC gebaut ist.
Das erhöht den Spaßfaktor des Schatzsucher-Albums enorm.
"Beginning Of The End" und "Alright" schmeißen einen gleich von Null auf Hundert in den unnachahmlichen Boogie-Shuffle-Rock-Schunkel-Kosmos, wobei speziell ersterer Song mit frechem AC/DC-Intro und anschließender Ohrwurm-Rossi-Melodei punkten kann. Der Gitarrensound kommt erstaunlich frisch über die Rampe, das Piano klimpert durch den Orbit, der Bass vagabundiert zwischen den Boxen und Rick Parfitt erweist sich bei letzterem Song einmal mehr als der erdigere Vokalist.
"Pennsylvania Blues Tonight" hangelt sich dann vollkommen unbluesig am schmalen Grad der Geschmacksverirrung entlang, der Sound ist reine 80er-Reminiszenz, eine Harp bläst verloren im Wind und der Refrain hat rezeptpflichtigen Suchtfaktor.
"I Don't Wanna Hurt You Anymore" ist Quosche Boogie-Räm-Däm-Däm - Dutzendware anno 1979, mit einem leider viel zu früh ausgeblendeten schmissig-spritzigen Gitarrensolo als Finale, während "Electric Arena" wehmütig vor sich hin dümpelt, unterbrochen von einem Gitarrenspiel, das aufhorchen lässt, da in seiner differenzierten, gefühlvollen, wenn nicht gar sentimentalen Grundausrichtung für Status Quo eher ungewöhnlich.
"Gravy Train", geschrieben vom inzwischen auch schon 21 Jahre im Quoschen Dienst stehenden John 'Rhino' Edwards, knallt dagegen sagenhaft in das emotionale Epizentrum eines jeden einfach gestrickten Rockfans, inklusive wirkungsvoller Schweineorgelgrundierung Andy Bowns. Rick Parfitt überzeugt mich hier endgültig als veritabler Rockshouter.
Vom Bown, dem Andy, stammt dann das bierzeltselige "Figure Of Eight", welches prinzipiell eher auf die Vorgängerscheibe gepasst hätte, inklusive 80er-Bombastkeyboards und gepfeffertem Kurzeinsatzgitarrensolo.
Diesmal darf auch das jüngste Bandmitglied Matt Letley einen Song beisteuern, und "You're The One For Me" rockt veritabel als Autobahnmuntermacher durch die Gehörgänge.
"My Little Heartbreaker" bewegt sich dann wieder eher auf Kindergeburtstagsniveau, wenn da nicht das scharfe Saitensolo zwischendurch wäre.
Aber nicht alle Rossi-Schmonzetten können freilich dadurch gerettet werden.
Dann doch lieber das Parfittsche "Hold Me", hier wird bodenständig gerockt, wir schreiben das Jahr 197? und alle sind zufrieden. Oder glaubt hier etwa ernsthaft jemand, dass Status Quo jemals wieder irgendwelche neuen Zielgruppen erschließen wollen?
"Saddling Up" überrascht im Weiteren mit einer tiefer gelegten Stimme, gutem Chorusgesang und der üblichen Rossi-Operetten-Melodei.
Bei "Bad News" lässt genauso überraschend der Edwards 'Rhino' die Stimmbänder vibrieren, und sein zweiter selbstverfasster Song erweist sich prompt als weitere Boogie-Rock'n'Roll-Granate. Gitarren, Bass, Orgel, selbst der sonst so unschein- und hörbare Letley kommt hier in die Puschen. Yes, das pustet die Gehörgänge frei, Klassesong, bitte mehr davon!
Stattdessen 'beglückt' uns Herr Rossi mit einem wahrhaftigen Sentimentschmachtfetzen namens "Tongue Tied" und wirft dabei mit brüchigem Timbre die berechtigte Frage auf: »Why does living goes so fast?« Gute Frage, sind das etwa die Vorboten einer mittelfristig anstehenden Boogierock-Rente???
So, nun ist mein Promoexemplar am Ende.
Es gibt aber auf den EU-Veröffentlichungen noch einen Bonussong namens "One By One", und weil die Briten schon immer Extrawüstchen gebraten haben (na ja, wohl eher Fish'n'Chips) gibt es auf den dortigen Albumausgaben den Zusatzsong "I Ain't Wastin' My Time". In Großbritannien erscheint das Album auf dem bandeigenen Label Fourth Chord Records, im sonstigen Europa (außer Frankreich) auf Edel Records.
Zusätzlich soll es eine gesprochene Einleitung auf diesem Album geben, von der auf meinem Promo ebenfalls nix zu hören ist.
Und was die visuellen/informativen Aspekte der Bookletgestaltung sowie die sonstige Aufmachung der Scheibe betrifft ...äh, liebe Plattenlabels, war da was???
Der Rezensent steht im Dustern!
Tja, die Musikindustrie - ohne Worte!!!
Fazit:
"In Search Of The Fourth Chord" bleibt natürlich im Sinne des Titels erfolglos, aber es glückt zumindest im Heimatland der Charteinstieg auf Platz 15, in good old Germany reicht es für Platz 22. Da in der heutigen Zeit bereits gefühlte fünf verkaufte Exemplare reichen, um in die Charts zu kommen, bedeutet das aber auch, das Status Quo ausschließlich von ihren Altfans leben können/müssen. Diese versuchen sie mit einem Spagat zwischen 70er-Rock- und 80er-Pop-Seligkeit bei der Stange zu halten, ohne dabei wie eine zahnlose Rentnerband zu klingen. Das ist ihnen auf jeden Fall gelungen! 7 von 10 RockTimes-Uhren
Line-up:
Francis Rossi (vocals, guitars)
Rick Parfitt (vocals, guitars)
John 'Rhino' Edwards (vocals, bass)
Andy Bown (keyboards, harp, vocals)
Matt Letley (drums)
Tracklist
01:Beginning Of The End (4:23)
02:Alright (4:12)
03:Pennsylvania Blues Tonight (3.42)
04:I Don't Wanna Hurt You Anymore( 4:00)
05:Electric Arena (5:23)
06:Gravy Train (3:24)
07:Figure Of Eight (4:08)
08:You're The One For Me (3:32)
09:My Little Heartbreaker (3:51)
10:Hold Me (4:35)
11:Saddling Up (3:41)
12:Bad News (5:05)
13:Tongue Tied (4:19)
Externe Links: