Irgendwie ist es schon ein Kreuz mit diesen US Power-Metallern von Steel Prophet. Da hauen sie ab ca. Mitte/Ende der achtziger Jahre ein paar phantastische Demos und Longplayer raus, erkämpfen sich mühsam eine Fangemeinde und machen alles selber immer wieder kaputt. Ständig fliegt der eine oder andere Musiker aus der Besetzung, man verschwindet in ausgiebigstem Winterschlaf, ist wieder da und kündigt neues Material an. Das wird dann verschoben und nochmals verschoben, zwischendurch geht es auf Tour, aber ohne den begnadeten Gitarristen, verärgert oder zumindest enttäuscht die standhaften Fans, feiert Jahre später wieder geile Shows auf der Bühne ab, vertröstet die Fans wegen der neuen CD und so weiter und so weiter.
Nun aber hatte das Warten unlängst erneut ein Ende und mit zehn Jahren Unterbrechung kam ein neues Langeisen auf den Markt - lange angekündigt und eigentlich schon für mindestens 2012 versprochen. Und auch hier kann schon wieder an zwei Positionen ein Wechsel zwischen dem Line-up bei den Aufnahmen und dem aktuellen festgestellt werden. Irgendwie erinnert mich die Story von Steel Prophet ganz stark an die der musikalischen Seelenverwandten von Crimson Glory, die schlicht und ergreifend selber (zumindest in Teilen) dafür verantwortlich waren/sind, dass die Rose langsam aber sicher verwelkte.
"Omniscient" heißt das gute Stück, das sich derzeit in meinem Player in Rotation hält und das uns rund sechzig Minuten Unterhaltung bietet. Der Gütegrad der Unterhaltung ist es jedoch, der seit einiger Zeit auch im Bekanntenkreise diskutiert wird, so sehr gehen die Meinungen dazu auseinander. Auch mir fällt es nicht so ganz einfach, eine gute Konstante zu bescheinigen, denn es gibt ein paar Stellen, die eher fragwürdigen Inhalts sind.
Kommen wir aber erstmal zur Haben-Seite der Angelegenheit und die weiß mal wieder, mit guten Arrangements, heftigsten Gitarrenparts und sehr feiner Rhythmusarbeit zu überzeugen. Auch der seit einigen Jahren wieder aktive charismatische Sänger Ricky Mythiasin spult ein rundes Programm ab, was jedoch nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass der Zahn der Zeit auch an seinen Stimmbändern nicht spurlos vorübergezogen ist.
Das fällt schon bei den ersten Textzeilen im Opener, "Trickery Of The Scourge", auf und kommt für das subjektive Hörempfinden auch immer wieder hoch. Trotzdem gefallen gerade die am höchsten gesungenen Passagen am besten. Besonders exstatisch aber wird der Hörer, wenn die Gitarrenfraktion so richtig einen raushaut. Als Beispiel nehme man "When I Remake The World (A Key Flaw)", das ich mal direkt zum Anspieltipp machen möchte. Gleichwohl stören mich einige Trommelparts, die ein afrikanisch beeinflusstes Flair versprühen.
Mit "911" und "Chariots Of The Gods" feuert die Band danach noch mal so richtig aus allen Kanonen, ohne jedoch kleine und der Abwechslung wohltuende Wechsel in Tempo und Rhythmus zu vergessen. Die erste Hälfte von "The Tree Of Knowlegde" mutet an wie eine Mischung aus Iron Maiden und den bereits zu Anfang erwähnten Crimson Glory, wobei ganz bewusst darauf verzichtet werden soll, hier eine stimmliche Nähe zu Midnight in den Raum zu stellen. Zwischendurch driftet der Song dann ein wenig in eine psychedelische Ecke, die nicht so ganz passen mag.
Bevor es auf der qualitativen Höhe der ersten Hälfte der Scheibe weitergeht, muss der Hörer zwei Tracks erdulden, die vielleicht als bewusste Persiflage gesetzt worden sind - allein, mir fehlt der Glaube. "666 Is Everywhere…" und "Oleander Deux" müssen für meinen Geschmack nicht unbedingt in eine Best-of-Compilation der Band aufgenommen werden. Der erstgenannte Song hat zwar einige schicke Gitarrenparts und auch wieder die höheren Oktaven im Gesangsbereich, textlich klingt das allerdings nach Rohrkrepierer. Und "Oleander Deux"? Hört es Euch selber an. Ich bin musikalisch wahrscheinlich zu simpel gestrickt, um den wahren Wert erkennen zu können.
Zum Glück geht es danach aber wieder bergauf und der Hörer bekommt erneut Hochklassigeres geboten. "Aliens, Spaceships, And Richard M. Nixon" erinnert in einigen Teilen wieder sehr an die frühen Crimson Glory. Das ist nicht deren nicht Champions League, aber trotzdem gut anzuhören. Und da auf Sonne in der Regel wieder Regen angesagt ist, gibt es leider wieder einen Tiefschlag: Was soll das mit "Call Of Katahdin", das zum Glück keine Minute dauert, oder gar mit der "Bohemian Rhapsody"?
Hätte man die von mir beanstandeten Tracks gestrichen, wären wir bei einer Spielzeit von knackigen fünfundvierzig Minuten und das Gesamtbild hätte nicht so viel Schaden genommen. So ist leider eben etwas Makel an dieser ansonsten ordentlichen Scheibe - vielleicht schneide ich die Tracks einfach raus und hau mir das Ding gekürzt in mein iTunes, damit kann ich dann nämlich sehr gut leben…
Line-up:
Rick Mythiasin (vocals)
Steve Kachinsky (guitars, piano, keyboards, percussion, backings)
Chris Schleyer (guitars)
Vince Dennis (bass, backings)
Jimmy Schultz (drums)
Tracklist |
01:Trickery Of The Scourge
02:When I Remake The World (A Key Flaw)
03:911
04:Chariots Of The Gods
05:The Tree Of Knowledge
06:666 Is Everywhere (The Heavy Metal Blues)
07:Oleander Deux
08:Aliens, Spaceships, And Richard M. Nixon
09:Through Time And Space
10:Funeral For Art
11:Call Of Katahdin
12:Transformation Staircase
13:Bohemian Rhapsody
14:1984 (George Orwell Is Rolling In His Grave)
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