Stille Volk / La Pèira Negra
La Pèira Negra Spielzeit: 49:31
Medium: CD
Label: Holy Records, 2014
Stil: Pagan Folk

Review vom 10.10.2014


Sabine Feickert
Der Bandname soll euch nicht täuschen - das Stille Volk lebt in den Pyrenäen - und zwar im französischen Teil. 1994, also vor 20 Jahren, als Trio gegründet, kombinieren sie mittelalterliche und keltische Klänge mit Pagan Metal und Folk. Französisch, altfranzösisch aber auch katalanisch und okzitanisch sind ihre Texte. Mystisch, heidnisch und naturverbunden ihre Themen.
Unter den Instrumenten finden sich Hurdy-Gurdy, Nyckelharpa, Holzbläser, verschiedene Saiteninstrumente sowie Percussion und Gongs. Aus der französischen Black-/Death-/Pagan Metal-Szene stammen ihre Mitglieder und bei allem Akustik-Flair verleugnen sie diese Ursprünge nicht. Da wird schon auch mal gegrowlt. Zu meiner großen Freude aber immer schön songdienlich und nicht als Selbstzweck.
Sie teilten die Bühne mit Namen wie beispielsweise Eluveitie,Grand Magus, Skyforger und Acid King. Spielten auf Events und Festivals wie dem Hellfest 2013, Divan du Monde 2013 und Motocultor 2012. Wenn ich nichts übersehen habe, ist "La Pèira Negra" ihr achtes Album.
Ihre Musik ist ein großartiger Soundtrack fürs Kopfkino, ganz unabhängig davon, ob man nun die gesungenen Worte versteht oder auch nicht. Sie lädt zum Phantasieren ein. Wer dazu noch einen kleinen visuellen Anreiz braucht, der nehme sich nur mal das Booklet zur Hand. Dunkle abstrakte Aquarelle im Stil von Höhlenmalerei, in die mit sparsamer Linienführung Portraits der Bandmitglieder, Textfragmente und gelegentlich auch konkretere Motive eingearbeitet sind. Sehr schön gemacht - ich wünsch mir allein deshalb schon eine Vinyl-Ausgabe!
Zum Opener "Demntis Maudiçon" fallen mir alte Rabenschrey-Nummern (zu "Neue Heiden"- und "Donnerhall"-Zeiten, vor dem 'Härte-Wahn') ein, die Stimmung in manchen ihrer Songs (bspw. "Schattenläufer" oder "Schwarze Vögel") ist sehr ähnlich. Erzählend, lautmalend, schleppend teils mit Chorgesang, eine Gruppe im Wald am Lagerfeuer, die geheimnisvolle alte Geschichten vorträgt. Der schöne Klang der französischen Sprache zaubert noch mehr Atmosphäre. Die Texte sind teils recht lyrisch und bildhaft, ganz stark an der Natur orientiert. Doch auch ohne ein Wort zu verstehen, funktioniert diese Musik. Höhlen und Bergwerke samt ihrer Bewohner entstehen aus den Klängen der fast ausschließlich akustischen Instrumente, ganz stark stimmungsbildend ist hier die Percussion. Hurdy-Gurdy und Nyckelharpa mit ihren markanten Klangbildern prägen den Sound, ohne dabei aber in Richtung Marktmusik abzudriften. Da steckt schon viel düsterer Folk und Pagan drin. Ganz sparsame elektronische Percussion-Samples hie und da runden das Bild ab, fügen sich nahtlos ins organische Gesamtbild ein.
Eigentlich ist das ganze Album ein Gesamtkunstwerk, doch trotzdem will ich ein paar meiner Highlights rauspicken.
"L'Éveil du Spectre" - Chapeau, wie hier das Growlen eingesetzt wird. Es lässt ganz großes Kino vorm inneren Auge ablaufen. Ich sehe im ersten Durchlauf eine munter plaudernde Gesellschaft, die Meile um Meile einer langen Reise zurücklegt. Im Hintergrund baut sich langsam die unheimliche Stimmung auf. Wird stärker. Das 'Geplauder' und die Holzbläser werden hektischer. Es growlt, es lacht diabolisch - wer oder was auch immer das ist, es ist unzweifelhaft böse - sehr böse! Es scheint gut zu enden, doch wer weiß, was hinter der nächsten Wegkreuzung lauert... Falscher Film - anderer Film? Denn ein Blick auf die Lyrics (auf der Bandhomepage zu finden) klärt, dass ich tatsächlich einen anderen Film sehe als Stille Volk. Das Lied hat eigentlich einen metaphorischen Text über einen erwachenden Stein, der vielleicht zur Lawine oder zum Schlagwetter wird. Mit diesem Wissen funktioniert auch diese imaginäre Zelluloidrolle. Und könnte beim nächsten Hören wieder eine andere Geschichte erzählen, denn die meine Phantasie läuft an und auch ohne auf die Worte zu achten, läuft das Kopfkino auf Hochtouren. Nächstes Lied - nächstes Kapitel - "La Pèira Negra" birgt eine ganze Videothek an Abenteuern, Märchen und Sagen, denen gemeinsam ist, dass sie Atmosphäre erzeugen und davon leben. Und fast alle in irgendeiner Form Steine und Felsen zum Thema haben. Hört rein und ihr werdet eure eigenen Geschichten finden.
Und weil zu den eigenen Werken, neben einem musikalisch aufbereiteten traditionellen Text, auch eine Cover-Version enthalten ist, hier noch ein paar kurze Worte zu dieser: "Come To The Sabbath", das Mercyful Fate Cover, lässt mich von der Stimmung her erstmal kurz an was völlig anderes, nämlich "In The Year 2525", denken; bevor es sich zu einer ziemlich eigenständigen Interpretation des Originals entwickelt. Der Versuchung der versuchten Imitation widerstehen die Franzosen erfolgreich. Lange Instrumentalpassagen prägen ihre Version. Der Gesang ist zwar vielleicht etwas höher als bei den restlichen Songs, wirkt aber immer noch zur Gesangsstimme und dem ganzen restlichen Album passend.
Alles in allem ein wirklich schönes und mit jedem Hören interessanteres Album. Bestens geeignet zum vor sich hinträumen und abschalten, als Soundtrack fürs Kopfkino oder auch mal einfach so nebenherlaufen lassen. Antesten empfohlen!!
Line-up:
Lafforgue (lead vocals, hurdy-gurdy, wind instruments)
Roques (vocals, nyckelharpa, strings instruments)
Sarg (vocals, guitar)
Arexis (percussion, gongs, pad sample, guttural groans, skulls & pagan imagery)
Tracklist
01:Dementis Maudiçon
02:Sous L'Œil De La Lune
03:L'Éveil Du Spectre
04:La Pèira Negra
05:La Litanie Du Pétrifié
06:La Forêt Gorgone
07:Heaume De Lichen
08:En Occulz
09:Come To The Sabbath (Mercyful Fate Cover)
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