Stone The Crows / Live in Montreux 1972
Live in Montreux 1972 Spielzeit: ca. 55 min. (keine Angaben)
Medium: LP
Label: Sireena Records, 2010, (Angel Air Records, 2002)
Stil: Blues Rock

Review vom 24.04.2010


Norbert Neugebauer
Blues ist Passion, mitunter auch Leiden. Wenn eine Band körperliche und seelische Qualen persönlich auf der Bühne zu durchstehen schien, dann war es Stone The Crows. Jedenfalls hatte ich stets diesen Eindruck, wenn ich aus der kurzen Blüte der Schotten Aufnahmen hörte oder sah. So ist mir auch der Auftritt im Beat-Club vom Dezember 1971 in Erinnerung, bei der sich Maggie Bell und Co. mit ihren langen Titeln abmühten. Nicht nur schwerblütig, sondern ausgesprochen schwermütig wirkte der schleppende, mit psychedelischen Parts durchsetzte Blues Rock des Quintetts auf mich, das wir hier noch einmal bei einem der letzten Gigs in dieser Besetzung in Montreux 1972 erleben können. Wenig später erlitt Gitarrist Leslie Harvey einen tödlichen Stromstoß auf der Bühne.
Die Aufnahmen erschienen bereits auf CD (2002), wurden jetzt nochmal frisch für die Vinyl-Fans in 180 g-Pressung aufgelegt. Ich kenne die CD-Klangqualität nicht, aus den Rillen kommt jedenfalls eine der Zeit und den damaligen Aufnahmemöglichkeiten geschuldete Qualität, die dem aktuellen Standard natürlich nicht annähernd das Wasser reichen kann.
Nur fünf Titel sind auf dieser Langspielplatte enthalten, darunter eine 21-minütige Version des Dylan-Titels "Ballad Of Hollis Brown" (die am Ende sogar noch ausgeblendet wird). Stone The Crows war eine gut eingespielte Live-Combo und rockte jedes Haus. Allerdings ist die markante Stimme von Maggie Bell hier nicht optimal eingefangen (gilt genauso für die Backing Vocals), was dem Gesamteindruck natürlich abträglich ist. Insgesamt kommt der Klang recht unausgewogen und matschig, hat eher besseren Soundboard-Charakter. Aus heutiger Sicht sind diese zerdehnten Stücke mit ihren langen, instrumentalen Improvisationsteilen sicher nicht das Maß der Dinge.
Aber wer damals dabei war, wird sicher noch wissen, dass sich live oft eine Magie im Spiel aufbaute, die auch noch aus der Konserve daheim nachzuempfinden war (vor allem, wenn die Musik im trauten Kreis mit den entsprechenden 'Zutaten' gehört wurde). "Hollis Brown" war da mit seinen mäandrierenden Phasen und Dynamiksteigerungen ein Paradebeispiel zum Abheben und Ausflippen. Allerdings gab es um diese Zeit ausgesprochen wenig Live-Platten mit solch langen Stücken, die über eine ganze Seite gingen. Das Ding wäre jedenfalls in den verkifften Rock-Kellern zum Dauerbrenner geworden. Der Sound spielte dabei keine große Rolle, da auch die jeweils vorhandenen Musikanlagen üblicherweise nur nach ihrer Endlautstärke beurteilt wurden. Richtig gutes Heimstereoequipment hatten höchstens wohlhabende Eltern, die Klassik oder Jazz hörten und da durften die Langhaarigen mit ihrer Affenmusik nicht mal hinschielen …
Unter diesen Aspekten ist "Live in Montreux 1972" in erster Linie eine Wiederveröffentlichung für Spezialisten, die gern ihren nostalgischen Gefühlen jener glorreichen Zeit neues Futter auf den Plattenteller geben. Und die an eine großartige Live-Band erinnert, die ihren eigenen Sound kreierte, sich allerdings damit international nicht etablieren konnte. Trotzdem sind die Namen Stone The Crows und Maggie Bell (tritt vor allem in U.K. noch regelmäßig auf) bis heute den Freaks gut im Gedächtnis.
Tracklist
Side 1:
01:Friends
02:Penicillin Blues
03:Love 74
Side 2:
01:Danger Zone
02:Hollis Brown
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