Subway To Sally / Mitgift
Mitgift Spielzeit: 47:38
Medium: CD
Label: StS Entertainment, 2014
Stil: Mittelalter Rock, Folk Metal

Review vom 07.02.2015


Mario Keim
"Mitgift" ist ein Album, das eigentlich nicht vieler Worte bedarf: Hier hören wir Subway To Sally, so wie man die Band mag. Auf dem zwölften Studioalbum präsentieren sie sich so, wie man sie schon immer kannte und als Fan liebte. Nur, dass es erstmals neben den Metalklängen und den gewohnten Zutaten aus mittelalterlicher Musik mit elektronischen Einflüssen ein Novum gibt. Elektro-Samples und so genannte Dubstep-Elemente setzen ungewohnte, aber durchaus passende und damit willkommene Akzente, und dies in einem dezenten Rahmen.
Diese Klangneuerungen scheinen einer Frischzellenkur gleichzukommen, denn lebendiger als auf dem vorliegenden Konzeptalbum kann man sich die vor 22 Jahren in Potsdam gegründete Formation gar nicht vorstellen.
Auch wenn es sich um textlich anspruchsvolle Musik handelt, brauchte das Album bei mir keine drei Durchläufe, um sich musikalisch den Weg in die Gehörgänge zu verschaffen. Und es verlangt jedes Mal nach mehr. Vom ersten Takt an ist es typisch Subway To Sally, obgleich ich mich zu den Hörern zählen darf, die die Urgesteine der deutschen Mittelalterrockszene schon mit ihrer ersten Produktion, "Album 1994", live gehört haben. Tausende von Konzerten haben sie zu einer der besten Live-Bands Deutschlands gemacht, mit einer Fangemeinde, die das Gelände nicht ohne "Schrei" und den »Blut, Blut, Räuber saufen Blut!«-Refrain verlässt - egal, ob Subway To Sally gerade Wacken rocken oder auf einem Schloss subtile Akustikversionen ihrer Hits zum Besten geben.
Für die Band spricht außerdem, dass sie die Fluktuation ihrer Mitstreiter so gering wie möglich gehalten hat. Sechs ihrer sieben Musiker sind Gründungsmitglieder, Änderungen gab es nur auf der Position des Schlagzeugers. Mit dem aktuellen Mann an der Schießbude, Simon Michael, ist den Brandenburgern ohnehin ein großer Wurf gelungen. Gemeinsam mit Ingo Hampf hat er die Hälfte der Tracks auf "Mitgift" komponiert. Beide zeichnen ferner als Produzenten verantwortlich. Als Texter war wiederum Bodenski fleißig am Tüfteln. Doch auch hier stammen die Liedzeilen bei "Schwarze Seide" und "Warte, Warte" mit aus der Feder von Simon Michael (gemeinsam mit Bodenski).
Die Scheibe klingt symphonisch wie "Nord Nord Ost", hart wie "Engelskrieger", melodiös wie "Herzblut" und versteht dennoch mit musikalischen Neuerungen zu überraschen. Dem Opener "Ad Mortem Festinamus", textlich einem Traditional entlehnt, schließt sich das kräftig-düstere "Schwarze Seide", die erste Singleauskopplung des Albums, an. Das opulente "Für immer" setzt mit einem Violinen-Intro ein und zeigt das reichhaltige Instrumentarium der modernen Produktion besonders nachhaltig auf.
Mein Anspieltipp ist "Warte, Warte". Es hört sich im Hintergrund ganz nach einer Orchesterproduktion an. Progressive Rock lässt hier, ebenso wie bei "Vela Dare!", grüßen. Als Anspieltipp taugt gleichfalls "Arme Ellen Schmitt", ein Kracher im besten Subway To Sally-Gewand.
"In Kaltem Eisen", einem wunderbar verträumten Stück, lässt Sänger Eric Fish seine Liedermacherqualitäten aufblitzen, wie überhaupt das Album ihm auf den Leib geschneidert scheint. Ein Frontmann in bestechender Form! Das kommt überzeugend auch bei dem kurzen Finale, "Coda", zum Ausdruck.
Die "Mördergeschichten" - so der Untertitel des Albums - sind wahre Krimigeschichten, die teilweise mehrere Jahrhunderte zurück liegen. Gemeinsam mit der Expertin Lydia Benecke, einer deutschen Kriminalpsychologin und Schriftstellerin, arbeitete die Band alle Fälle wissenschaftlich auf, um sich beim Schreiben der Texte genau in die jeweilige Persönlichkeit und das Profil des Mörders hineindenken zu können. Elf böse Schicksale, die in Musikform gegossen wurden. Dabei fragten sich viele Fans bereits nach dem Vorgängeralbum "Schwarz in Schwarz", ob es eigentlich noch düsterer geht. Ja es geht, wie "Mitgift" eindrucksvoll beweist. Lauter finstere Geschichten.
Reale Fälle aus fünf Jahrhunderten lieferten Stoff für Songs, die den Fragen nachgehen, wie Verbrechen entsteht, an welchen Punkten Liebe in brennenden Hass umschlägt und was Menschen dazu treibt, zu Teufeln, Vampiren und Werwölfen zu werden, denn all dies sind nur Metapher auf die dunkle Seite in uns allen. Hervorragend dazu die Texte von Bodenski, jeder eine Punktlandung.
» Ich lieg in kaltem Eisen,
verliere den Verstand,
lass die Gedanken kreisen,
gekettet an die Wand.
Kann keine Antwort finden,
was hab ich nur getan,
das Bild will nicht entschwinden,
das ich mit Schrecken sah.«
(Aus "In Kaltem Eisen")
"Mitgift" ist ein mörderisch gutes Konzept-Album mit sattem Sound, an dem auch reine Metalfans ihre Freude haben dürften. Nicht zuletzt dank der messerscharfen Gitarren-Riff-Attacken.
(Die limitierte Fan-Edition, die auch vom Artwork zu überzeugen weiß, enthält auf der Audio-CD ein zusätzliches Stück, "Im Weidengarten", sowie eine 71 Minuten lange DVD, auf der unter anderem ein Making-of von "Mitgift", das Video zu "Schwarze Seide" sowie ein Live-Ausschnitt des Summer Breeze Festivals 2012 enthalten sind. Für Anhänger der Band durchaus eine ernstzunehmende Alternative).
Line-up:
Eric Fish (Gesang, Flöten, Dudelsack)
Frau Schmitt (Violine, Viola)
Ingo Hampf (Gitarre, Laute)
Bodenski (Gitarre, Gesang, Drehleier)
Simon (Gitarre, Gesang, Trumscheit)
Sugar Ray Runge (Bass)
Simon Michael (Schlagzeug)

Guests:
Fabio Trentini (Bass)
Benjamin Metzner (Flöten, Dudelsack, Schalmei)
Tracklist
01:Ad Mortem Festinamus (3:24)
02:Schwarze Seide (4:12)
03:Für Immer (5:09)
04:Grausame Schwester (5:01)
05:Warte, Warte (5:15)
06:Dein Kapitän (3:59)
07:Arme Ellen Schmitt (3:20)
08:In Kaltem Eisen (4:03)
09:Vela Dare! (2:35)
10:Haus Aus Schmerz (4:30)
11:Coda (1:38)
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