Sula Bassana / Dark Days
Dark Days Spielzeit: 71:30
Medium: CD
Label: Sulatron Records, 2012
Stil: Space Rock

Review vom 14.07.2012


Ulli Heiser
Wem Sula Bassana bzw. Dave Schmidt ein Begriff ist, der kennt auch z. B. Weltraumstaunen, Zone Six, Liquid Visions, Electric Orange oder Electric Moon. Und damit weiß er, was ihn erwartet.
Wem das alles nichts sagt, kann eine Ahnung vom Kommenden haben, wenn er sich dem Cover widmet. Sicher jault da kein Banjo, galoppieren keine Double Leads und da wird sich auch kein Haargefärbter in den Schritt greifen. Geschaffen hat das Kunstwerk Komet Lulu (Lulu Artwok) von Electric Moon. Von genannter Band ist übrigens auch Pablo Carneval auf zwei Tracks dabei. Zweiter Gast ist der Movements-Sänger David Henriksson. Das Cover-Painting und die passenden Bilder im Inneren und auf der Rückseite des Booklets geben Augenfutter für Stunden. Ich nehm es mal vorweg, das Kunstwerk explodiert förmlich in Verbindung mit der Musik, die ihrerseits in Kombination mit dem Gemälde in eine andere Dimension vorstößt. Wie im Booklet zu lesen ist, wurde die Künstlerin von der Musik ebenso inspiriert wie Dave vom Bild.
Mir liegt die CD vor und was wäre es klasse, bei so einem Artwork eine LP in Händen zu halten. Beim Hören in jede Nuance der Bildkunst einzutauchen. Es ist möglich, denn "Dark Days" ist auch in zwei (!) Vinyl-Versionen erhältlich: Einmal als auf 500 Exemplare limitierte Erstauflage (marmoriertes Vinyl; LP 1 in rot/schwarz und LP 2 in orange/schwarz) und dann auch als 'einfaches' schwarzes Vinyl. Mal davon abgesehen, dass diese Art von Musik sowieso auf Rille gehört, ist es auch ein ganz anderer Genuss beim entspannten Genießen das Klappcover in den Händen und vor den Augen zu halten.
Mein geschätzter Kollege Markus hatte das Vergnügen den Vorgänger zu besprechen. Und seine Worte »Lange drei Jahre hat es gedauert, bis uns wieder ein brandneues Scheibchen aus dem Hause Sulatron Records auf den Tisch kam. Aber um es gleich vorweg zu nehmen: Das Warten hat sich gelohnt. Was uns auf diesen hier vorliegenden fünf Tracks geboten wird, ist feinster Space Rock, gepaart mit einer gesunden Mischung Kraut Rock und gewürzt mit einem gerüttelt Maß Psychedelic. Überwiegend instrumental fliegen die mehr als 50 Minuten vorbei, schwerelos, abgefahren und hinreißend melodisch« passen auch jetzt. Was die Musik und auch die Dauer des Wartens betrifft. Und wenn er seine Rezension mit »Wünschenswert wäre ebenso, dass es nicht wieder drei Jahre dauert, denn bei der hier gebotenen Kreativität freut man sich ganz einfach auf Mehr« beendet, will ich den Satz auch gerne genau so übernehmen.
Sula Bassana nimmt uns mit auf eine Reise. Oder besser, er stellt uns die Mittel zur Verfügung, um unsere Reise selbst zu erleben. Das macht man am besten bequem im Sessel mit Kopfhörer und einem Wechselspiel aus Augen schließen und öffnen, um in dem Painting seine Stationen der Reise auszumachen. Stationen, an denen mal stoppen möchte, oder an denen mal lieber ganz schnell vorbeidüst. Im Jetzt, im "Underground" geht es wohl los und das ist eine Nummer der schnelleren Space Rock-Gattung mit dominierender Gitarre, die zu äußerst rockigen und rhythmischen 'Zutaten' abspact. Es geht zum Abflug: "Departure". Und gleich zu Beginn wird klar, dass nichts klar ist. Melodiöse Akkordfolgen treffen auf Repitatives und Geräuschvolles. Das Ziel der Reise scheint noch offen und ein jeder mag ab jetzt selbst entscheiden, in welche Sphären es ihn verschlägt. Treiben lassen ist angesagt, das berühmte und durch nichts zu schlagende Kopfkino ist angesagt.
Festhalten, die "Surrealistic Journey" beginnt; und zwar mit Synthesizerklängen, die wie aus endlosem Raum und endloser Zeit kommend, die für die Realität zuständigen Hirnzellen narkotisieren. Eine leicht effektbehaftete Gitarre schwebt ein und überhaupt wabert und schwebt da allerhand durch die Minuten. Flirrende und sirrende Orgelschallwellen legen sich wie eine Reisedecke auf den Passagier, der kurz darauf merkt, anscheinend durch einen orientalisch gearteten Raum zu schweben. Immer wieder diese repitativen Sequenzen, die einen fast in einen hypnotischen Zustand versetzen. Wir sind weit weg, unser Reise-Schiff hat längst auf Warp geschaltet und die Musik scheint nicht von dieser Welt. Musik, mit denen man morgens um halb sieben Millionen von Autoradios explodieren lassen könnte. Nicht wegen des hervorragenden Klangs, für den Mastermind Eroc zeichnete, sondern ob der phantastischen Klangebilde, die diese Mainstream-Teile nicht gewohnt sind. Allerdings sollte man als verantwortlicher Autofahrer diese Art von Musik tunlichst hören, wenn man nicht am Steuer sitzt. Diese Soundgewitter sind nebenwirkungsfreie Drogen für den heimischen Genuss. Über 20 Minuten dauert die "Surrealistic Journey". Es gibt keine Konstante, es geht flott oder träge, es spielt eine mal einsame, eine mal forsche Gitarre, die Orgel schwebt, quäkt oder tönt voll und daneben Geräusche unserer Raumfahrt. Wir haben den bekannten Raum längst verlassen und befinden uns irgendwo tief in der von uns gewählten Phantasielandschaft. Oder irgendwo tief in Lulus Bilderwelt.
Daves Reise ist nun bei den "Dark Days" angekommen. Trotz des eher negativ behafteten Tracknamens gibt es wunderschöne Melodien neben den auch in der Tat düsteren anderen Klanggebilden. Scheint so, als sitze man Tausende von Lichtjahren weit weg auf einem dunklen Planeten und sehnt sich nach Hause. Eine Heimat, die unerreichbar weit weg ist. Sula Bassana drückt dies alles per Musik aus. Ihr seht schon, dem Kopfkino ist keine Grenze gesetzt und bei jeder Reise kann das Ziel ein anderes sein. Wer nun denkt, dass "Bright Nights" eine schöne Mondnacht darstellt, der sei gewarnt, idyllisch ist anders. Auf jeden Fall kommen wir bei der Abschlussnummer irgendwo an. Irgendwo ist Nirgendwo. Wo das ist, das sei jedem selbst überlassen. Fast siebzehn Minuten hat man Zeit, sich umzusehen und die Gegend zu erkunden. Untermalt wird 'Ankommen' durch fast schon liebevolles Gitarrenspiel und einen leicht bouncenden Rhythmus. Aber die Szenerien wechseln...
Dave Schmidt ist ein begnadeter Künstler und seine Art des Space Rock sicher nicht an jeder Ecke zu finden. Durchsetzt mit psychedelischen, krautigen, proggigen Momenten lässt "Dark Days" den Hörern Freiraum, das Album mit eigenen Phantasien zu durchleben. Sei es eine Reise durch Raum und Zeit, durch die eigene Psyche oder wohin auch immer. Man kann aber auch einfach das Denken ausklinken und sich von den Stücken treiben lassen.
Line-up:
Dave Schmidt (all guitars, basses, drums, synthesizers, organ, tron, drumbox, lalala)
Pablo Carneval (drums, gong - #3,5)
David Henriksson (vocals - #1)
Tracklist
01:Underground (9:35)
02:Departure (6:04)
03:Surrealistic Journey (20:17)
04:Dark Days (9:05)
05:Bright Nights (9:42)
06:Arriving Nowhere (16:47)
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