Surfact / Feeding The Beast
Feeding The Beast Spielzeit: 49:04
Medium: CD
Label: Target Records, 2013
Stil: Synthie-/Electro Rock, Pop

Review vom 07.04.2013


René Francke
Angeblich eint die Mitglieder der 2005 in Kopenhagen gegründeten Band Surfact die Leidenschaft zum Grunge. Was deren dritte Platte mit dem Titel "Feeding The Beast" bereithält, hat allerdings mit Grunge in etwa so viel gemeinsam wie Heino mit Rockmusik. Surfact sind vielmehr im Synthie Pop als im Rock zu verorten.
Kurz zur Bandhistorie: Album Nummer eins, "Terrific Downfall", wurde 2007 auf den Markt geworfen. 2009 folgte "Euphoria", auf dem eine vermeintlich härtere Gangart eingeschlagen wurde. Der dritte Spross, "Feeding The Beast", erschien in Dänemark bereits 2011. Es folgten Auftritte als Support für solch namhafte Künstler wie Volbeat, Therapy?, Whitesnake, Live und Staind. Mit etwas Verspätung kann nun seit dem schneereichen März auch hierzulande "Feeding The Beast" gekauft werden, wobei Songs wie "Absolutely Shameless" und "All Night Overload" bereits auf dem Vorgänger "Euphoria" zu finden sind.
Nun aber zum jüngsten Silberling von Surfact. Nach einem knisternden Kurzintro bläst mir ein ungeheuer kraftvoller wie eingängiger Synthie Rock-Fön entgegen. Sofort sind die Ambitionen dieser nordischen Clique erkennbar: Sie wollen ganz nach oben, sie wollen in die Heavy-Rotation jeder gottverdammten Radiostation von Kopenhagen bis Katmandu, und sie wollen in vollen Stadien spielen. Und wer hoch hinaus will, baut mindestens haushohe Klangwellen auf und schiebt diese vehement und mit einem One Way Ticket in die Gehörgänge aller Zuhörer. Mit seinem hochgradig motorigen Stampf-Outro ist dem dänischen Quintett ein schöner Opener gelungen.
Doch bei Titel Nummer zwei, "The Pace", mit dem flehentlichen Gesang werden jegliche Rocker-Attitüden unglaubwürdig; viel eher kauft man dem Sänger ein Pop-Jünger-Image ab. Und beim Titelsong der Scheibe bin ich ehrlich und gelinde gesagt entsetzt. Man versprach mir doch Rockmusik?! Das kein Grunge in dieser Scheibe steckt - geschenkt. Dass ich jedoch bei "Feeding The Beast" mit einem kurzlebigen Pop im Elektrobeat-Gewand gequält werde, der genauso gut beim Eurovision Song Contest an den Start gehen könnte, ist schon grenzwertiger Etikettenschwindel. Hiermit untermauert die Kapelle ihren Pop-Charts-Fetischismus. So geht der schwülstige Ohrwurm-Reigen auch weiter mit dem Song "The Step". Im Refrain muss ich unwillkürlich an das brausepulvrige "Fireflies" von Owl City denken.
"All Night Overload" ist nach dieser Pop-Tortur erfreulicherweise wieder ein musikalischer Hoffnungsstrahl. Wesentlich rockiger und nach einer geschliffenen Slipknot-Kopie klingend macht die dänische Gruppierung mit diesem Track sogar richtig Spaß. Ich kann mich nicht wehren und spätestens beim himmlisch einprägsamen Refrain hat mich die Combo gefangen und verblendet. Dieser Song hat das größte Hitpotenzial aller Lieder auf dieser Platte.
"Countless Sheep" erinnert im Intro mit seinen Elektro-Drums an Depeche Mode. Hier hört der Vergleich aber auch schon wieder auf: Die britischen Synthie Pop-Pioniere spielen seit Jahrzehnten in der Champions League, während die Dänen noch in der Bezirksliga dümpeln. "Higher Ground" ist noch so ein seifenblasenartiges Popstück, das auch von Rihanna hätte stammen können und dessen Zuckerhäubchen mir Übelkeit bereitet. Ich fühle mich in die gesichtslose Eurodance-Ära der 90er Jahre zurückversetzt. Bitte schnell weiter zum nächsten Stück. Für "Taking You Over" hat die Band die beiden Gesichter des Albums in einen Song gegossen - auf die banalste Ebene heruntergebrochen sind hiermit Elektro und Rock gemeint. In "Leave And Survive" packen Surfact wieder mehr Rotz und düsen einer düsteren Zukunft entgegen, worunter die Attraktivität des Songs jedoch keinen Abbruch erleidet. Bei "Last Mile" geht dem Quintett bereits auf den ersten Metern der Sprit aus. Da wirkt das anschließende "When I Return" fast schon wie ein harmlos schimpfender Rohrspatz und endet als Rohrkrepierer.
"Atmosphere" - eine tief im Kitsch schaufelnde Gute-Nacht-Ballade à la Goo Goo Dolls im Duett mit The Killers - läutet das Werk schließlich aus und hinterlässt mich als Hörer in einem fiesen Zwiespalt. Auf der einen Seite gibt sich das Ensemble betont rockig und löst dieses Versprechen teilweise auch gekonnt in Stücken wie "Absolute Shameless", "All Night Overload" und "Leave And Survive" ein. Auf der anderen Seite stehen allerdings überzuckerte und damit übel aufstoßende Songs wie "Feeding The Beast" oder "Higher Ground", die nur so vor Schwulst, Kitsch und eingängiger Klebrigkeit triefen.
Fast alle Songs des Albums haben jedoch etwas Interessantes gemeinsam: Mit ihren Elektro-Soundwänden und ihrer klitzekleinen Prise Depeche Mode-Mystik bauen Surfact eine mitunter verträumt-anziehende Atmosphäre auf. Hierdurch entstehen wunderschön-melancholische Momente. Zusammengefasst ist mir diese Produktion dennoch zu leicht durchschaubar und zu geradlinig, aalglatt und kantenlos. Zu stark werde ich beim Hören an Bands wie Linkin Park, Snow Patrol oder an Kuschelrocker wie Bon Jovi und Nickelback erinnert. In mir bleibt das latente Gefühl zurück, dass Surfact hier nicht ihr ganzes Potenzial ausgespielt und noch ein paar Überraschungen im Koffer haben. Man darf also auf weiteren Output dieser Kapelle gespannt sein.
Line-up:
Jesper Storgaard (vocals)
Claus Bach (guitar)
Martin Kristoffersen (guitar, synths)
Niels Lykke Rasmussen (bass)
Jeppe Sig (drums)
Tracklist
01:Absolutely Shameless
02:The Pace
03:Feeding The Beast
04:The Step
05:All Night Overload
06:Countless Sheep
07:Higher Ground
08:Taking You Over
09:Leave And Survive
10:Last Mile
11:When I Return
12:Atmosphere
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