Der US-amerikanische Nordwesten liegt bekanntlich diametral zum Kernland des Southern Rock. Trotzdem handelt es sich diesbezüglich um ein ganz vorzügliches 'Terroir', was nicht nur die
Moss-Brüder mit ihren diversen
Formationen beweisen konnten.
Mit
SweetKiss Momma meldet sich bezeichnenderweise erneut eine Geschwisterschar (
Jeff, Jeremy und
Kim Hamel als Gast) zu Gehör, das ebenfalls in diesem malerischen Winkel der US beheimatet ist. Vor vier Jahren konnten sie uns bereits mit ihrem Debüt,
Revival Rock, überzeugen. Seitdem hat man hierzulande nicht mehr viel von
SweetKiss Momma gehört. Nun endlich ist der bereits vor einem Jahr erschienene Nachfolger, "A Reckoning Is Coming", auch bei uns erhältlich und obendrein wird eine Europatour des Quartetts für den Januar/Februar des kommenden Jahres angekündigt. Und dieser saftige Zweitling macht eindeutig Lust darauf...
SweetKiss Momma zelebrieren hier lupenreinen Southern Rock - oftmals der Marke 'Dampfhammer', wie wir das in der Vergangenheit von Sternschnuppen des Genres,
1880,
Doppler Affect und den
Sulentic Brothers (um nur mal drei Beispiele zu nennen), zu hören bekamen. Jedenfalls stürmt die
SweetKiss Momma in das mit zehn Songs bestückte Album, als ob es kein Morgen geben würde: "Fix My Hair" imponiert mit
Aaron Arnolds markerschütternd heulender Slide, der Titelsong dagegen als mächtiger Haudrauf und "Breathe Rebel" mit seinem sumpfig-zähen Rhythmus. Allerdings wird allen drei Songs durch den musikalischen Gast
Dan Walker und seine Hammond die knüppelnde Härte etwas gebrochen, ja sogar eine filigrane Note hinzugefügt.
Danach ist der erste Dampf aus dem Kessel und das melancholisch-nachdenkliche "Same Old Stories" kann mit seinen stillen Klängen so richtig tief sacken. Auch hier setzt
Walker mit einem Harmonium (?) die Glanzpunkte. Nehmt den Burschen bitte unbedingt auf Eure Europatour mit!
Das rhythmisch-schraddelnde "Get Some Love" ist ein erstes Highlight in meinen Ohren, auch weil
Kim Hamels Backgroundgesänge wie ein weiblicher Chor gemixt wurden - wie wäre es mit ein paar 'Hamelettes' im Rücken, meine Herren?? "For The Last Time" zieht instrumental durch eine ganz ähnliche Furche, bevor es mit "Laura Rose" völlig akustisch und erneut sehr besinnlich wird. Auch "Dirty Uncle Deezer", mit fast sechs Minuten die längste Nummer, entpuppt sich als glühend-heißer Southern-Rocker der Extraklasse.
Die beiden restlichen Songs wirken stattdessen eher wie Zugaben: "Birthday Cake" merkt man die musikalische Vergangenheit der Herren samt Dame an, die ihre gesangliche Ausbildung in einem Gospelchor genossen. Das (rein akustische) Reprise von "Breathe Rebel" erinnert fast an eine Akustikversion von
Voodoo Lake. 'Abgespeckt' können es
SweetKiss Momma also auch... und das überzeugend.
Produziert wurde "A Reckoning Is Coming" übrigens von keinem Geringeren als
Ken Croomer, dem Mitbegründer von
Wilco, der sich zwischenzeitlich in Nashville als Produzent einen Namen gemacht hat. Er liefert sehr ordentliche Arbeit ab.
SweetKiss Momma fehlt vielleicht noch ein, zwei Schritte, um es den absoluten
Genre-Vorturnern gleichzutun - man befindet sich aber auf einem guten Weg!