Cassie Taylor / Blue
Blue Spielzeit: 32:47
Medium: CD
Label: Hypertension Music, 2011
Stil: Soul, R&B, Blues

Review vom 23.06.2013


Joachim 'Joe' Brookes
Die Otis Taylor-Tochter Cassie geht eigene Wege. Im Titel ihres Debütalbums "Blue" steckt viel vom Begriff Blues, aber der findet in den zehn Eigenkompositionen so eindeutig oder durchgehend nicht statt. Stattdessen gibt sich die ansonsten quirlige Frau eher sanft, nachdenklich und balladesk. Die Blues Caravan- und Girls With Guitars-Aktivistin (zusammen mit Samantha Fish und
Dani Wilde) hat sich unter den Produzenten-Fittichen von Tim Tucker, der auf vorliegender Platte auch die Gitarre schultert, ins The Rancho Studio (Broomfiled/Colorado) begeben und mit Blick auf die vorherigen Tätigkeiten ein bestimmt nicht zu erwartendes Album eingespielt.
Soul, R&B, Funk, ein klein wenig Country und dann erst der Blues sind die tonangebenden Genres von "Blue". Besonders die Damen Denise Gentlini, Hazel Miller, Lindsay Solonyce, Alyssa Clotfelter geben den Tracks, bei denen sie beteiligt sind, mit ihrem Background-Chor soulige Tiefe beziehungsweise Gospel-Feeling. Neben dem etatmäßigen Gitarristen James Rooster Olson sind noch Eric Gales, bereits erwähnter Tim Tucker und Rusty Anderson mit von der Partie. Dann garnieren die Kompositionen noch der Hammond-Mann Fat Willie sowie Harper Steve Marriner.
Sehr persönlich wird die Protagonistin ganz am Ende der Scheibe. Sie begleitet ihren feinen Gesang mit schönen Pianolinien. Erst so in der Mitte der Nummer gesellt sich die Band hinzu. "Waste Of Time" ist definitiv keine Zeitverschwendung und Cassie Taylor zeigt, dass sie am Piano genauso stark auftrumpfen kann, wie auf ihrem Hauptinstrument, dem Bass.
An der Basis mit Tieftöner und Schlagzeug gut verlötet, wird der Opener "Memphis" mit Country-DNA versehen. Die Frontfrau präsentiert uns zu twangiger Gitarrenauslage melodischen Gesang, hier zunächst ohne die bereits weiter oben genannten Damen. Dieses Lied ist gut, allerdings folgen im Vergleich dazu noch so einige Tracks, die besser sind als die Stadt-Nummer. So ganz ohne Blues geht es auf "Blue" natürlich nicht ab. Steve Marriner ist bei "Spoken For" mit seinem kleinen Instrument unterwegs und nicht nur er sorgt für das 12-Takter-Feeling. Das Stück ist ein echter Schleicher, ein Slow Blues, der seine Vorzüge in Cassie Taylors sexy Stimme und der Gitarrenintonation hat. Toll!
Es hat nach dem souligen "Black Coffee" (mit klasse Frauenchor) den Anschein, als lege die Künstlerin gar keinen Wert auf Gas geben. Der längste Track des Albums lebt vom Gesang. Die Dynamik liegt in einem gleichmäßigen Tempo. Wenn sich der Gitarrist verselbstständigt, wird es ein wenig bluesig. Ausgerechnet in "Goodbye" drückt man das Gaspedal weiter durch und der Sechssaiter ist von einer schärferen Gangart geprägt. Auf ihre Stimme darf Cassie Taylor stolz sein. Die hat magnetische Wirkung.
So geht es natürlich auch. Die Mundharmonika propagiert Sehnsucht. "Bought Borrowed Stolen" ist eine Ballade, die im Niemandsland zwischen Singer/Songwriter und Roots Music eine Heimat gefunden hat. Die Künstlerin haucht Teile des Textes ins Mikrofon und hat einen vorzüglichen Song zu Papier gebracht. Steve Marriner gönnt sich kaum eine Pause, ist er doch ebenfalls in "Keys" dabei. Abermals ist Country angesagt. Auch die anderen Musiker sind überzeugend.
Holla, die Waldfee! Mit "Make Me Cry" geht aber jetzt richtig die Post ab. Wenn schon in "Goodbye" die Rede von einem scharfen Gitarrenton war, dann hat man für diese Nummer definitiv nochmals nachgewürzt. Es rockt an allen Ecken und Kanten. Mag sein, dass man gerade ein solches Exemplar mehr oder weniger öfter von Cassie Taylor erwartet hat, wird es allerdings zur Ausnahme. Dennoch findet man Gefallen an der Künstlerin. Mit "Disappointment" wird die blaue Stunde der Platte eingeläutet. Auch so überzeugt sie auf ihrem Debütalbum. Man kann sich glatt in die Darbietungen des Damenchores verlieben.
Auf ihrem Erstling überrascht Cassie Taylor durch eine musikalische Eigenständigkeit, die man so nicht erwarten konnte. Dennoch ist "Blue" weit entfernt von einer Enttäuschung. Die Songs glänzen durch eine Art und Weise, die die Künstlerin in einem sehr schönen, anderen Licht erscheinen lässt.
Line-up:
Cassie Taylor (vocals, bass, piano)
James Rooster Olson (guitars)
Jeremy Colson (drums)

Additional Musicians:
Eric Gales (guitar)
Tim Tucker (guitar)
Rusty Anderson (guitar)
Fat Willie (B3)
Steve Marriner (harmonica)
Hazel Miller (background vocals)
Denise Gentlini (background vocals)
Lindsay Solonyce (background vocals)
Alyssa Clotfelter (background vocals)
Tracklist
01:Memphis (2:42)
02:Spoken For (3:01)
03:Black Coffee (5:10)
04:Goodbye (2:36)
05:Bought Borrowed Stolen (3:08)
06:Keys (2:51)
07:Make Me Cry (2:53)
08:Haunted (3:39)
09:Disappointment (3:02)
10:Waste Of Time (3:17)
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