Devin Townsend / Ziltoid The Omniscient
Ziltoid The Omniscient Spielzeit: 53:50
Medium: CD
Label: InsideOut, 2007
Stil: Prog Metal

Review vom 19.05.2007


Christoph Segebard
Devin Townsend...einer dieser Namen, die das merkwürdige Gefühl in einem auslösen, auf alles gefasst sein zu müssen. Bei keinem anderen Künstler, der es in der Metalwelt zu Ruhm gebracht hat, liegen Genie und Wahnsinn so nah beieinander.
Auch sein bisheriger Werdegang abseits von Strapping Young Lad oder seinem Soloprojekt (das mal als Devin Townsend und mal als The Devin Townsend Band unter die Leute gebracht wird) liest sich etwas merkwürdig. Ich zitiere mal InsideOut: »Townsend verblüffte zu Beginn der Neunziger auf "Sex And Religion" (Album und Tour) Seite an Saite (höhö; d. Verf.) mit Gitarrengott Steve Vai, wurde als Nachfolger von Rob Halford bei Judas Priest gehandelt, jammte mit Metallicas Jason Newsted in dessen Projekt IR 8, heuerte bei den Wildhearts als Tourgitarrist an…«
Genauso wild durcheinander klingen auch seine Alben. Allen voran das bislang beste, "Terria" von 2001: Atmosphärische Keyboards gepaart mit Maschinengewehr-Drums, brutalen Schreien et cetera sind keine Seltenheit und nur ein Beispiel für die Frechheiten, die uns von Devin stets kredenzt werden. Und Gleiches gilt auch wieder für "Ziltoid The Omniscient".
Genre- und Stilgrenzen? Fremdwörter für Devin. …Und das nicht nur, weil er kein Deutsch kann. Mauern aus Sound, ja Klangwelten schlagen dem Hörer entgegen, die zu verstehen ihm im ersten Anlauf selbstverständlich verwehrt bleibt. …Aber gibt es überhaupt etwas zu verstehen? Ich sage ja. Auf meiner letzten längeren Zugfahrt habe ich mir das komplette "Terria"-Album reingezogen - und auch noch die Texte mitgelesen, die auf den ersten Blick komplett sinnfreien und verrückten Strophen. Manchmal denke ich, dass Devins einziges Ziel ist, uns zum Nachdenken zu bewegen, was er wohl jetzt wieder meint.
Ich kann nur soviel sagen: Als das Album vorbei war, habe ich die Welt anders gesehen. Für nicht mal eine Stunde zwar, und auch ohne irgendwas Konkretes oder zu wissen, warum, aber es war so. Die Nachwirkungen eines riesigen Albums, ja einer Reise. Für einen halben Tag war mein seltsam benebeltes Gehirn sogar überzeugt, es hätte gerade das beste Album aller Zeiten gehört. …Nun, das ist es nicht - aber auf jeden Fall eines der beeidruckendsten, die ich kenne.
Er ist auch einer der ganz wenigen, dem ich seine stimmlosen, brachialen Schreie abkaufe. Er kann es einfach. Mit einer außergewöhnlichen Stimme gesegnet, kann er sowohl die Screams als auch seinen großen Stimmumfang sowie den ruhigen Gesang, als könnte er kein Wässerchen trüben, nach Belieben nutzen.
Auf diesem seinem siebten Soloalbum zeigt er uns seine humorvolle Seite. …Oder nein, sagen wir besser, er zeigt sie diesmal ganz offen. Wer weiß, wie das über die Jahre alles gemeint war, nicht wahr? Wer sich über das Cover und den Titel wundert: Es handelt sich hier um Ziltoid, den Allwissenden. Nachdem die Erdlinge kläglich bei ihrer letzten Chance versagt hatten, ihm die ‚ultimative Tasse Kaffee' darzureichen, versucht er, die Erde zu zerstören. Natürlich enthält auch diese Geschichte einen ernsthaften Grundgedanken, aber der Humor steht diesmal eindeutig im Vordergrund. Zumeist wird dieser durch die Erzählpassagen zwischen den Songs transportiert, was das Album zu einem gewissen Prozentsatz zu einem Hörspiel macht. …Auch Videoclips mit Ziltoid als Hauptdarsteller sind in Planung.
Und die Musik an sich, fragen Sie? …Nun, es handelt sich um ein reinrassiges Townsend-Album, ohne Teilnahme von Mitgliedern der Devin Townsend Band. Ohne Teilnahme von irgendwem eigentlich, bis auf Devin selbst. Sogar das Schlagzeug hat er mittels Drumcomputer selbst eingespielt, was Gott sei Dank nicht besonders auffällt, denn weil die Drums in dieser Art von Musik kein gestalterisches Mittel sind, ist auch ihr Mix nie besonders wichtig.
Man findet Momente, die an seine Solokarriere erinnern, man findet Passagen, die wie Strapping Young Lad klingen. Letzteres überwiegt. Das Album fällt für Devin-Maßstäbe also fast etwas eintönig aus. Es gibt sie aber, die magischen Momente, dieses ganz besondere Etwas, das unverkennbar ist. Nur leider sind sie ein klein wenig rarer gesät als sonst, wenn man nur die Songs für sich betrachtet.
Für Devin Townsend-Fans unerlässlich; Neulinge sollten vielleicht mit einem anderen Album anfangen, sonst kann ich, was bleibende Schäden angeht, für nichts garantieren.
Tracklist
01:ZTO
02:By Your Command
03:Ziltoidia Attaxx!!!
04:Solar Winds
05:Hyperdrive
06:N9
07:Planet Smasher
08:Omnisdimensional Creator
09:Color Your World
10:The Greys
11:Tall Latte
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